Mekong
Citytour: Vormittag
Morgens um acht Uhr auf der Brücke in Amarapura
Morgens um acht Uhr gehöre der Steg noch den Einheimischen, da seien kaum Touristen da und darum sei es dann am Interessantesten.
Natürlich habe ich wieder einmal keine Ahnung, um welche Brücke es sich handelt, aber heute ist Phyo Lay mein Guide, er wird das wissen.
Und tatsächlich, die Brücke führt über mehr als einen Kilometer auf eine kleine Insel im Fluss. Es ist nicht viel los, ich schlendere über die Planken.
Da unten wird im Sommer Reis angepflanzt, und Sonnenblumen und Erdnüsse. Ich habe wieder einmal eine Begleitperson, eine junge Frau, die mir etwas erzählen will. Mein Taxifahrer ist beim Taxi geblieben und die jungen Frau möchte bei mir ihr Lucky-Money verdienen, ihren ersten Verkauf.
Sie setzt dafür alles ein, hilft mir, mich mit dem blinden Musiker zu verständigen, so dass ich einen kleinen Video machen kann, freut sich, ein paar deutsche Wort zu gebrauchen und hat am Schluss natürlich Erfolg. Ich kaufe eine ihrer Ketten mit Jadesteinen.
Auch die kleine Frau, die erzählt, dass ihr Mann vor zwei Monaten gestorben sei und sie allein für die beiden Kinder sorgen muss, wird eines ihrer selbst gemachten Handtäschchen aus Wassermelonenkernen los. Ihr Mann hat übrigens getrunken, es scheint, dass sie schon immer für den Unterhalt der Familie zuständig war.
Es kommen immer mehr Leute auf die Brücke. Einheimische machen Fotoshootings und nehmen kurzerhand die Touristin dazu, wenn sie sehen, dass sie fotografiert wurden.
Irgendwann kommen Chinesen mit ihren Fotosticks. Auch sie fotografieren wild um sich. Fotografieren sich und die Einheimischen, lachen viel, haben Spass und werden von den Einheimischen gleich selber ins Visier genommen. Worüber sich alle freuen. Es ist immer wieder unglaublich wie offen und herzlich die Leute miteinander sind.
Es war eine ganz tolle Idee, den Tag hier auf der Brücke zu starten. Falls das Wetter gut ist, werden wir ihn heute bei Sonnenuntergang hier beenden.
Die Brücke steht schon 100 Jahre und ist aus Teakholz gebaut.
In der Trockenzeit ist darunter Ackerland.
Ihr musste ich unbedingt ein Handtäschchen, gemacht aus Wassermelonenkernen abkaufen.
Ihre Zähne hat sie übrigens der Betelnuss geopfert
Essensverteilung im Mahagandhayon-Kloster
Die grosse Touristenattraktion im Kloster findet jeden Tag vor elf Uhr statt.
Im Kloster leben 1300 Mönche und jeden Morgen stehen sie an, wenn ihnen das Mittagessen verteilt wird. Verteilt von Gläubigen, die sich ein besseres Leben, ein gutes Karma und viel Glück versprechen, wenn sie bei dieser riesigen Spende mitmachen.
Da stehen sie also mit grossen Reistöpfen, die Frauen in ihren schönsten Kleidern und die Mädchen haben ganze Tische voller Snacks aufgestellt.
Und die Mönche stellen sich in Zweierreihe auf, ihre Sammeltöpfe in der Hand. Es sind auch viele Buben dabei in weissen Kleidern, Novizen, uns in braunen Tüchern die Mönche.
Das dürfte nicht legal sein, entrüstet sich eine Frau. Die stecken ihre Kinder ins Kloster, wo sie überhaupt nichts lernen, das müsste man verbieten. Das werde ich mir nie mehr ansehen.
Sie ist Inderin, lebt aber in Singapur und wahrscheinlich hat sie Recht.
Ich komme nämlich gleich darauf mit einem älteren Mönch ins Gespräch, der ein wenig Englisch spricht. Er ist Lehrer hier im Kloster und ich versuche herauszufinden, was er denn unterrichtet.
Mathematik?
Er versteht das Wort nicht, will nicht so richtig erklären, was für eine Art Lehrer er ist. Und überhaupt, hat er jetzt gar keine Zeit mehr, er muss sich um seine Schüler kümmern, damit sich diese schön in Reih und Glied aufstellen. Sie werden bei den ersten sein, die das Essen fassen dürfen.
Die Mönche werden jetzt gleich ihre einzige richtige Mahlzeit des Tages erhalten. Nach dieser gibt es nichts mehr zu essen, nur noch trinken ist erlaubt. Darum sind Mönche am Vormittag überall unterwegs, um sich ihr Essen einzusammeln, aber hier im Kloster kommen die Spender her und verteilen die Mahlzeit. Jeden Tag.
In den grossen Hallen nebenan ist auf niedrigen Tischen bereits aufgedeckt. Es sind Schalen mit Fleisch und Gemüse, ebenfalls von Gläubigen gespendet.
Es ist viel Betrieb rund um die Mönche, die sich langsam sammeln. Im Hof sind die Spender und draussen zücken die Touristen ihre Kameras. Auch den Zuschauern soll dieses Spektakels Glück bringen. Soll mir recht sein. Ich bin bereit.
Die Spender auch. Ein Gong wird geschlagen, es wird gemeinsam ein Gebet gesprochen und dann setzt sich die Reihe der Mönche langsam in Bewegung. Was da genau abgegeben wird im Hof kann man nicht richtig erkennen. Es sind zu viele Menschen da, die sich gegenseitig die Sicht verdecken. Auch die Spenderinnen haben ihre Begleiter mit Kameras und Handys dabei, wollen ihre Glücksmomente festhalten.
Auf jeden Fall ist es Reis, jeder bekommt einen Teller Reis in seine Sammelschale, dann sind es ganz viele Snacks. Sie bedecken ganze Tische, Schachteln stapeln sich dahinter und darunter. Die Mönche brauchen bereits Plastiksäcke, um all die Sachen aufzunehmen.
Was für eine Vorstellung. Und was für ein Spiessrutenlaufen. Wie ist es den Mönchen wohl zumute? Den jungen Männern, manchmal tatsächlich noch Buben, die sich ihr Essen jeden Tag durch einen Gang durch die Masse holen müssen.
Ich habe genug gesehen, gehe der Reihe der Wartenden entlang zurück. Ich will sehen, wo die Reihe aufhört. Sie hört nicht auf. Immer wieder reihen sich neue Mönche ein, sie kommen aus den Gebäuden, stellen sich in die Schlange, es sind immer mehr. 1300 Mönche sind eine riesige Zahl.
Was machen die mit all dem Essen? will ich von Phyo Lay wissen, als ich zum Taxi zurück komme.
Das können die unmöglich alles essen, ich habe Mönche gesehen, die einen ganzen Plastiksack voller Snacks bekommen haben. Geben die das weiter? Bekommen die Armen etwas davon.
Etwas wird bestimmt weitere gegeben. Und Snacks sind zum Teil am Nachmittag erlaubt.
Aha, ich kann mich kaum erholen vor Staunen. So ist das also mit dem Fasten. Es gilt nur für gekochtes Essen. Salznüssli oder Guetsli sind erlaubt. Das erklärt auch, warum einige ältere Mönche ziemliche Trommeln vor sich her schieben. Also nichts von asketischer Lebensweise.
So kann man also jedes Gesetz umgehen.
Phyo Lay war übrigens auch einmal Mönch. Eine Woche. In seinem Dorf müsste man dafür keine Novizen-Zeit opfern, man musste die Haare schneiden und war dann bereits braun eingekleideter Mönch. Aber er wollte das nicht lange durchziehen.
Ich finde das spannend, wie jede Regel irgendwie Schlupflöcher hat, durch die die einen ungehemmt schlüpfen können. In Myanmar hat fast jeder Mann einen Teil seines Lebens in einem Kloster verbracht.
Wir fahren über die neue Strassenbrücke. Siehst du den Berg dort drüben, der mit der Pagode ganz oben.
Ich sehe ihn, doch ich sehe da mehr als eine Pagode. Genau da fahren wir jetzt hin. Dort hast du Aussicht über die ganze Stadt. Und du musst nicht hinauf wandern, wie das viele Besucher machen, du hast ein Auto, das fährt dich jetzt ganz hinauf.
Ob es schon durchgesickert ist, dass ich nicht gern bergauf gehe?
Ganz oben muss ich dann allerdings doch noch ein paar Stufen hinauf steigen, denn die Pagode ist ganz oben und zu ihr führt eine Treppe, die natürlich von Händlern belagert ist. Hier in der Gegend ist das Zentrum der Longyi-Produzenten. In der Stadt werden sie gewoben und hier bei der Pagode verkauft. Ich will aber keinen Longyi. Es ist schwierig, immer nein zu sagen und hier sind sie tatsächlich sehr günstig, diese Tücher, die die Leute hier alle tragen. Auch Silberschiede sollen in der Gegend angesiedelt sein. Ich will keinen Schmuck mehr kaufen, habe von allem mehr als genug.
Oben erwarten mich reihenweise Buddhas. Sie sitzen in langen Gängen, vor Gebetshallen, in Gebetshallen, sie bevölkern jede Terrasse, die den Blick auf die Stadt und den Fluss freigibt. Ich frage mich immer wieder, ob das Buddha wohl so gewollt hätte. Doch die Frage ist müssig.
Ich steige ganz hinauf, dort wo eine alte steinerne Pagode steht. Dort wo es hinter der Mauer ein paar Bäume und Büsche hat und dort überrascht mich ein wunderschöner Schmetterling. Zwar funktioniert mein richtiges Objektiv nicht, aber ich schaffe es doch, eine einigermassen gute Foto zu machen.
Und dann soll ich noch eine zweite Pagode mit einem riesigen Buddha ansehen, und die Aussicht hinunter bewundern.
Und dann habe ich genug. Genug Heiligkeit, genug Gold und Pracht.
Lass uns was essen gehen.
Genau das wollte er auch grad vorschlagen und er weiss auch schon wo. Unten am Fluss gibt es ein kleines Restaurant, genau das richtige für mich. Er hat sich unterdessen bereits verpflegt. Bei einem Laden, der Spenden nicht nur für Mönche sondern auch für andere Menschen abgibt.
Uneingeschränktes Schenken ist hier in Myanmar ein Volkssport.
Es gibt mehrere identische Hallen auf verschiedenen Stufen auf dem Weg zur Spitze des Sagaing-Hügels. Alle bilden zusammen einen einzigen Tempel.
Wir fahren den Bern hinunter und wieder über die Brücke. Diesmal nehmen wir die alte Brücke, auf der auch der Zug fährt. Und da entdecke ich diese kleine Hütte, vor der jemand schläft und über der steht:
MAY I HELP YOU?
Kann ich Ihnen helfen?
Man würde meinen, der Besitzer der Hütte könnte selber Hilfe brauchen.
Wir fahren durch eine lange Allee mit alten Bäumen und kommen zum Fluss, wo ich einkehre und im einfachen kleinen Beizlein allein einen Teller gebratene Nudeln geniesse. Ein paar Fleischstücklein fallen dabei auch noch für das hübsche Kätzchen ab, das mir dauernd um die Füsse streicht.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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