Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Tomaten

Die Lobby des Thousend Island Hotel - Best Western

Die Lobby des Thousend Island Hotel - Best Western

Unglaublich, was sich in den letzten Tagen alles angesammelt hat. Lake Inle sei ein wahres Shopping-Paradies hatte ich im Reiseführer gelesen und tatsächlich, es sind ein paar Sachen zusammengekommen. Und die wollen jetzt alle verstaut werden. Es heisst wieder einmal Koffer packen, heute Abend geht es auf den Nachtbus. Wieder einmal, das wird langsam zur Gewohnheit.

Zum Mittagessen richte ich mich noch einmal in meiner bewährten Schreibstube auf der Dachterrasse des Best Western Hotels ein. Ich habe hier noch nie jemand anderen gesehen, obwohl ich da schon Stunden verbracht habe.

noch einmal mit dem Schindler-Lift hinauf zur Roof-Top-Bar im 5. Stock

noch einmal mit dem Schindler-Lift hinauf zur Roof-Top-Bar im 5. Stock

Blick hinunter innen

Blick hinunter innen

Blick hinunter aussen

Blick hinunter aussen

Bin ich der einzige Gast?
Nein, wir haben im Moment 4 Gäste hier. Treuherzig gibt mir die nette Bedienung Auskunft.
Vier Gäste für ein so grosses Haus. Es ist tatsächlich Low Saison, Nebensaison. Solange ich im Restaurant bin, sind immer zwei Personen da um mich sofort mit einem frischen Fruchtsaft zu verwöhnen, sobald ich bestelle. Kaffee werde ich hingegen nicht mehr bestellen, der war tatsächlich schlecht.
Ich werde sowieso nichts mehr bestellen hier, denn nachdem ich den letzten Bericht online gestellt habe, verabschiede ich mich von den netten Angestellten.
Letzter Tag in Nyaung Shwe, dem Ort, den ich noch immer nicht aussprechen kann. Was kann man da noch unternehmen?
Vor dem Büro wo Bootstouren verkauft werden, werden die Stühle neu gestrichen. Auf der Strasse plaudern die Bootsagenten und versuchen jedem Touristen eine Bootstour zu verkaufen. Aber es sind keine Touristen da. Bei mir versuchen sie es bereits nicht mehr, sie kennen mich, wissen, dass ich bereits auf dem See war.

Ich schlendere dem Kanal entlang und lande wieder bei den Spielern. Hier wird jeden Tag gespielt.

Der dicke Mann ist wohl der Besitzer. Als er mich sieht, nickt er, komm herein. Er weist jemanden an, mir einen Schemel zu holen und lädt mich ein, mich dazu zu setzen.

Das Spiel geht derweil weiter. Ich sehe eine Weile zu. Der Mann sagt kaum ein Wort, aber er hat alles unter Kontrolle. Er kassiert bei jedem Spiel. Ganz genau verstehe ich nicht, um welche Beträge es geht, viel ist es nicht, selten ist eine 1000-er Note im Spiel.

Es sind eher zerknüllte 200er Noten, die den Besitzer wechseln und auch war der Boss kassiert, ist mir nicht ganz klar. Aber seine kleine Plastikbox, die diskret neben ihm steht, füllt sich stetig.

Nach einer Weile hole ich meine Kamera hervor und versuche die Spieler aufzunehmen. Immer wieder staune ich, wie problemlos das ist. Es stört sie nicht im Geringsten, sie achten überhaupt nicht auf mich.

Einmal will einer wissen, woher ich komme, und ob ich allein hier sei, die üblichen Fragen, doch für weitere Fragen reicht der Wortschatz nicht. Es wird eh kaum gesprochen. Alle kauen bedächtig ihre Betelnüsse. Im Hintergrund läuft das Radio, einmal singt einer ein wenig mit, konzentriert sich dann aber sofort wieder auf das Spiel.

Als ich aufbreche, nicken sie mir zu. Lächeln mit roten Mündern und schwarzen Stummelzähnen.

Ich spaziere weiter und entdecke eine grosse Lagerhalle, in der Tomatenkisten zugenagelt werden. Zuerst glaube ich, dass es eine Markthalle ist, merke aber schnell, dass es ein Tomatenlager ist. Hier werden die Tomaten sortiert. Es sind die Früchte, die vom See gebracht werden.

Schon gestern sind mir die vielen Boote aufgefallen, die Waren ausgeladen haben. In Säcken, Kisten oder Körben werden sie geliefert. Die Tomaten vom Lake Inle. Und hier werden sie sortiert. Die Frauen sind so neugierig auf mich, wie ich auf sie. Ja, ich darf fotografieren, sie schenken mir dafür sogar ein Lächeln und freuen sich, wenn ich ihnen die Fotos zeige.

Die Tomaten werden nach Farben sortiert. Das geht unglaublich schnell, fast automatisch. Da ist dieser ganze Haufen von Tomaten und da die Körbe. Rote, reife Tomaten, orange oder grüne.

In einem zweiten Durchgang werden sie nach Grösse sortiert. Obwohl ich glaube, dass alle ungefähr gleich klein sind, gibt es minime Unterschiede, die die Frauen mit den Händen erfühlen und automatisch in den richtigen Korb geben.

Danach werden sie in Kisten, die mit Zeitungspapier ausgelegt sind, geschichtet und vernagelt.

Als ich weitergehe und etwas genauer in die Häuser und Höfe gucke, merke ich, dass entlang dem Kanal lauter Lagerhäuser stehen. Und überall das gleiche Bild. Tomatenberge. Tomatenkisten. Stolz zeigt man mir die Lager und ich fühle mich nirgends im Wege.

Tomaten werden nach Farbe sortiert

Tomaten werden nach Farbe sortiert

Hier werden die roten Tomaten nach Grösse sortiert

Hier werden die roten Tomaten nach Grösse sortiert

Bei einem Lager fährt bereits der Lastwagen vor. Die Tomatenkisten werden aufgeladen. Wohin fährt der Wagen?

Nach Yangon.

Ein anderer fährt nach Mandalay. Morgen werden die Tomaten dort auf den Märkten den Kunden angeboten. Tomaten, direkt vom Inle Lake

Beim Dorfausgang setze ich mich bei einer Bootsanlagestelle ans Ufer und schaue einem Fischer zu. Leider hat er kein Glück, an seiner einfachen Angel will sich kein Fisch verbeissen.

Ein Stapel Holzbretter hinter mir riecht sehr fein. Das muss Sandelwood sein. Die Bretter sind genau richtig um daraus Gemüsekisten zu zimmern.

Sandelwood riecht wunderbar

Sandelwood riecht wunderbar

Es ist Abend, am gegenüberliegenden Ufer wäscht sich ein junger Mann. Er seift sich tüchtig ein und taucht dann kurz ins Wasser. Seinen Rock wäscht er bei der Gelegenheit auch gleich und zieht ihn danach tropfnass wieder an.

Und jetzt sehe ich, dass auch auf meiner Seite auf allen Schiffstegen Leute sind, die ihr tägliches Bad nehmen. Mädchen waschen ihre langen Haare. Sie haben sich ihre Rücke bis unter die Achseln gebunden und steigen ins Wasser.

Es ist alles ganz natürlich, nichts Verstecktes oder Verschämtes. Man wäscht sich von Kopf bis Fuss, bleibt aber immer bedeckt. Wenn man meine Kamera entdeckt, winkt man mir zu, niemand fühlt sich gestört. Es ist das ganz normale Leben hier am Kanal, wenn man zu Hause kein fliessendes Wasser hat, oder weil man lieber in Gesellschaft badet. Die Kleider werden auch gleich mitgewaschen und wieder angezogen.

Durch die Hauptstrasse kommt mir ein Lastwagen entgegen. Unter der Plan sehe ich Tomatenkisten.

Es ist die Zeit des Sonnenuntergangs. Die Ausflugsboote werden bald zurück kehren. Denn mit der Nacht wird es ruhig werden im Ort.

Ich gehe zurück ins Hotel, mein Bus wird mich in einer Stunde abholen. Acht Stunden bis Mandalay. Das sind 170 km Luftlinie.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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