Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Offene Rechnung

Also eigentlich habe ich gar nicht erwartet, dass es heute etwas zu erzählen gibt. Nach dem Frühstück direkt an den Pool - das war der Plan.

Eine kurze Besichtigung des Pools ergibt, dass er zwar schön ist und sicher eine Abkühlung bringen würde, aber er liegt zu sehr in der Sonne. Und es ist schon wieder 34 Grad heiss.

Ausserdem bin ich von gestern noch immer komplett erschöpft, da ertrage ich die Hitze auch unter dem Sonnenschirm einfach nicht. Ich gehe zurück ins Zimmer und mache das, was ich an einem Regentag zu Hause machen würde. Lesen, dösen, schlafen. Schliesslich ist heute 1. August, Nationalfeiertag der Schweiz. Sonntag.

Den Bericht von gestern will ich noch schreiben und dabei werde ich gleich wieder schlapp. Spüre noch einmal die Hitze und die Erschöpfung. Gut 15'000 Schritte hat das Handy gezählt. Und das alles ohne Schatten. Jedenfalls fast ohne.

Irgendwann am Nachmittag wird es mir aber trotzdem zu langweilig. Ich habe auch noch gar nichts von Hue gesehen, ausser den Grabstätten und einem kleinen Teil der alten Kaiserstadt.

Also gehe ich hinaus. Vor den Hotels lungern die Fahrradtaxis, das heisst eigentlich schlafen sie in ihren Gefährten oder spielen Karten. Nichts los. Auch in den Restaurants ist gähnende Leere. Es scheint, als ob auch andere Touristen in ihren Zimmern geblieben sind, oder schweisstreibende Sightseeing-Touren unternommen haben.

Ich kaufe einem Maler ein Bild ab, nachdem er mich dreimal angesprochen hat. Auch bei ihm läuft sonst gar nichts. Kein einziger Tourist ist auf der Strasse.

Ich sitze im Kaffee, sippe an meinem eiskalten Espresso und sinniere darüber nach, warum ich eigentlich noch hier geblieben bin. Zugegeben, ich war gestern Abend so fertig, da hätte ich nichts mehr orgnisieren wollen, aber heute hätte ich doch weiter fahren können.

Da war doch noch was...

Ja, es gibt etwas, das ich noch lösen muss. Wenn ich es nicht tue, werde ich immer mit einem schlechten Gewissen an Hue zurückdenken.

Gestern, als ich mit dem Fahrradtaxi zum Bus zurückfuhr, musste ich den Preis zuerst runterhandeln. Für die kurze Strecke wollten die Fahrer viel zu viel. Als ich endlich einen gefunden hatte, der mich für 50'000 Don chauffierte, schlug ich ein. Und beim Zahlen merkte ich, dass ich gar nicht mehr soviel bei mir hatte. Da konnte ich mein Portemonaie kehren und wenden, wie ich wollte, da fehlten 9'000 Don.

Der Busfahrer drängte mich, einzusteigen und sagte meinem Fahrer, er soll sich begnügen. Ob denn ein Geldautomat in der Nähe sei, wollte ich wissen. Nein, steig jetzt einfach mal ein.

Als der Fahrradfahrer weg war, zeigte mir der Busfahrer den Geldautomaten, ja er liess gar alle anderen Passagiere warten, um mich zum Automaten zu begleiten. Und jetzt wo ich wieder Geld hatte, war mein Taxifahrer weg. 9'000 Don sind für mich nur 40 Rappen, aber wieviel ist das für ihn.

Ich sitze also beim Espresso und überlege, wie ich meine Schuld wieder loswerden könnte. Ich hab doch gestern noch ein Selfie mit dem Fahrer gemacht, den gehe ich jetzt suchen.

Ich frage die Fahrer, die beim Kartenspiel sitzen. Ja, sie kennen den, der steht draussen bei der Zitadelle. Rasch ist ein Preis ausgehandelt und wir fahren hinaus.

Er staunt nicht schlecht, als ich auftauche, zuerst erkennt er mich kaum, doch dann ist er hoch erfreut, dass ich zurück gekommen bin.

Und was machen wir jetzt, fährst du mich zurück? Er offeriert mir eine Sightseeing-Tour zu einem reellen Preis und wir fahren los.

Zuerst zeigt er mir diesen vornehmen kleinen Garten mit uralten Bonsais. Der älteste ist über 600 Jahre alt. In den Gebäuden sind wertvolle Gegenstände ausgestellt. Ich habe zuerst etwas Mühe, herauszufinden, was es ist. Ein offener Raum ist eingerichtet, also ob gleich eine Teegesellschaft stattfinden würde.

Nein, es ist kein Restaurant, auch kein eigentliches Museum. Es kostet auch keinen Eintritt. Wenn ich es richtig verstanden habe, gehört das Ganze den Nachkommen der Kaiser. Sie stellen hier die noch geborgenen Schätze aus. Die meisten Wertgegenstände wurden von den Franzosen aus der Kaiserstadt abtransportiert. So habe ich das jedenfalls gelesen. Über diesen Garten habe ich nichts gefunden, er wird nicht bei den Sehenswürdigkeiten der Stadt aufgeführt, ist also irgendwie ein Geheimtipp.

über 600 Jahre alter Bonsai

über 600 Jahre alter Bonsai

rote Kleider des Kaisers

rote Kleider des Kaisers

Gelb, die Kleider der Kaiserkinder

Gelb, die Kleider der Kaiserkinder

Wir fahren weiter und kommen bei einer Schule vorbei. Jetzt ist schulfrei, sagt mein Guide, es ist ja auch schon vier Uhr vorbei. Aber die Kinder kommen zum Karateunterricht. Tatsächlich sind einige Kinder im Schulhof versammelt, scheinen nur noch auf ihren Lehrer zu warten.

Auch meinen nächsten Halt habe ich später im Google nicht gefunden. Das Wohnhaus von Hi Chi Minh. Hier hat er gewohnt, als er 5 Jahre alt war. Ob das stimmt?

Es ist ein kleiner ruhiger Ort. Ein einfaches Haus mit Spinnrad und Webstuhl, einer einfachen Feuerstelle und einem Altar mit den Fotos der Eltern des Revolutionärs.

Was da die Schoko-Keks-Schachtel zu tun hat, weiss ich nicht. Vielleicht ein Opfergeschenk so wie die Räucherstäbchen und die Früchte.

Glück - das habe ich heute tatsächlich gefunden - nicht nur als Symbol im Tor Nr. 11.

Glück - das habe ich heute tatsächlich gefunden - nicht nur als Symbol im Tor Nr. 11.

Der nächste Halt ist eine echte Überraschung. Eigentlich habe ich geglaubt, wir würden unter dem Stadttor durchfahren und zurück in die 'neue Stadt' fahren. Doch Tien - inzwischen weiss ich wie mein Fahrer heisst - hält an. Wir steigen hinauf auf das Tor.

Bist du ok? fragt er.
Aber klar doch.
Komm, hier hinauf.

Es ist eine enge steile Treppe, versteckt in den dicken Mauern des Turms, die ganz hinauf führt. Über das Dach hinaus. Und hier sieht man über die alte Stadt hinaus. Sie zieht sich bis 10 km weiter ins Land hinaus. All das gehörte zur alten Hauptstadt. Die Zitadelle, die Kaiserstadt ist ein Teil davon.

Auf der Seite der neuen Stadt ist die Brücke die die beiden Teile miteinander verbindet. Eine der Brücken. Wir sind auf dem Tor Nummer elf.

Die alte Stadtmauer ist an vielen Stellen von Wassergräben umgeben in denen die Lotusblumen jetzt am Verblühen sind.

Stadttor Nr. 11

Stadttor Nr. 11

Blick zur alten Stadt

Blick zur alten Stadt

Tien Vo  - ein echter Glücksfall

Tien Vo - ein echter Glücksfall

Tien hat bald gemerkt, dass ich mich immer wieder für Pflanzen und Blumen interessiere und so zeigt er mir auf dem Rückweg durch den Garten beim Stadttor ein paar Früchte.

Guaven und Sternfrüchte wachsen hier. Und etwas, das aussieht und blüht wie eine Kirsche, aber keinen Stein hat. Er hat mir ein paar gepfückt, denn sie sind grad reif - und schmecken wunderbar süss.

Zuckerrohrstangen werden geschält und zum Pressen vorbereitet.

Zuckerrohrstangen werden geschält und zum Pressen vorbereitet.

Enten? Gänse?

Enten? Gänse?

Alles für die Hochzeit

Alles für die Hochzeit

Die Universität

Die Universität

Beim Hotel angekommen

Beim Hotel angekommen

Wir fahren noch durch das chinesische Viertel mit all den chinesischen Läden, mit Boutiquen für die Hochzeit und daneben alles was es braucht für ein tolles Geburtstagsfest.

Er zeigt mir die Universität und dann kommen wir schon bald zum Hotel. Es war ein überraschender Abschluss eines ganz langweiligen Tages. Und jetzt habe ich eine tolle Erinnerung an die alte Kaiserstadt Hue.

Heute bin ich sogar bereit zum Sonnenuntergang. Nur leider hat sich die Sonne frühzeitig hinter dicken Wolken verabschiedet. Das hindert mich aber nicht, mich noch eine Weile mit einer Pinacolada an den Fluss zu setzen und über den Tag nachzudenken.

Da war doch noch was...

Ja richtig. Der Schweizer Nationalfeiertag. Den ganzen Tag haben Freunde Bilder von Schweizerfahnen ins Facebook gepostet. Und ich habe keine Fahne dabei, nicht einmal eine klitzekleine.

Da kommt mir die Erleuchtung. Ich bestelle eine Tomatensuppe und dann noch etwas Extra-Creme. Der Kellner versteht nicht ganz, die Creme wäre doch bereits in der Suppe. Aber natürlich bringt er mir das Gewünschte.

Nach meiner Bastelarbeit zeige ich ihm das Ergebnis, zeige ihm eine Schweizerfahne und erkläre, dass heute unser Nationalfeiertag sei.

Sein Kommentar: Happy Switzerland.

1. August - Schweizer Nationalfeiertag

1. August - Schweizer Nationalfeiertag

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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