Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Slowboat to Luang Prabang

Ich habe gut geschlafen, wenigstens funktionierte die Klimaanlage, wenn schon das heisse Wasser versagt hat. Und WLan war auch zufriedenstellend. Sogar Fotos konnte ich aufladen.

Und jetzt gibt es Frühstück und ich bekomme ein Lunchpaket für die Fahrt. Ein Thonsandwich. Wie ich, ist unsere ganze Gruppe im Hotel untergekommen. Ich sehe mich ein wenig um, komme mit dem jungen Dan ins Gespräch, der uns gestern beim Schiff abgeholt hat und das Check-In erledigt hat. Er ist auch heute für alles zuständig. Das ist nicht nur mir aufgefallen, auch der Senior, den ich gestern im Schiff kennen gelernt hatte, sucht ihn.

"Ich will bei dir ein paar Bath wechseln, denn Dir vertraue ich", meint er. Und sucht dann ein Cafe wo er ein noch günstigeres Frühstück erhält. Was kann noch günstiger sein als 2 Dollar. Er wollte auch beim Hotelpreis noch ein wenig verhandeln, meinte, dass er nicht für 10 Dollar übernachten wolle, das müsse günstiger sein. Er hat offensichtlich trotzdem im gleichen Hotel übernachtet, was er bezahlt hat, hab ich ihn nicht gefragt.

Dan hat mir erzählt, dass er seit 10 Jahren auf sich gestellt ist. Seine Eltern wohnen irgendwo auf dem Land. Er wollte mehr erreichen und zog nach Prabang, wo er seither versucht, sich einen Zukunft aufzubauen. Für sechs Monate war er in Luang Prabang, was ihm wie eine Grossstadt vorkam. Er hat dort Englisch studiert. Vier Stunden am Vormittag. Am Nachmittag arbeitete er in einem Shop und am Abend an der Rezeption wo er wohnte. Es war eine harte Zeit, meint er, aber er will unbedingt etwas erreichen. Darum arbeitet er auch jetzt an zwei Orten. Am Morgen und am Abend ist er für alles im Hotel zuständig, die restliche Zeit arbeitet er an einer Tankstelle, wo er auch gleichzeitig wohnt.

Sein Traum ist es, nach Europa zu kommen, um Geld zu verdienen. Er hat etwas gespart für die Reise. Ich empfehle ihm, sein Geld hier zu sparen und zu investieren, denn es ist sein Ziel, irgendwann ein eigenen Guesthaus zu haben. England mag verlockend sein, aber auch dort wird er wieder ganz unten anfangen müssen. In einem Umfeld, das er nicht kennt, nicht einschätzen kann. Wenn er die Welt kennen lernen will, und das wäre bestimmt sehr bereichernd, könnte er sich auf einem Kreuzfahrtschiff bewerben.

Die suchen die verschiedensten Berufe. Einer unserer Dschungelguides aus Peru, der vorher noch nie aus Iquitos herauskam, ist im Moment mit einer amerikanischen Reederei auf Weltreise. Er schickt Bilder aus Neuseeland und Australien ins Facebook und serviert inzwischen im Schiff. Es ist ein harter Job und die Reedereien zahlen keine Höchstlöhne, aber es ist die Möglichkeit, die Welt zu sehen und neue Inspirationen zu bekommen..

Dan macht es richtig, er spricht mit vielen Ausländern, lässt sich vieles erklären, hofft auf jemanden, der ihm weiterhilft. Pass auf, sage ich ihm, lass dich nicht verführen. Viele Touristen, die versprechen, dir zu helfen, werden zu Hause keine Zeit mehr haben, wenn sie wieder in ihrem Job stecken und der Alltag eingekehrt ist.

Ich beobachte noch ein wenig die Arbeiter auf der Baustelle nebenan. Eigentlich sind es Kinder. Unter ihnen ein junges Mädchen. Sie sortieren das Holz vor dem Neubau. Das Interessanteste ist wohl das Gerüst, mit dem der Vorbau unterstellt ist. Und der Arbeiter, der am Boden seine Säge schleift.

Hotel-Neubau

Hotel-Neubau

Beim Gang durchs Dorf entdeckt

Beim Gang durchs Dorf entdeckt

Falls meine Coiffeuse mitliest: Das wär doch mal eine Saisonstelle

Falls meine Coiffeuse mitliest: Das wär doch mal eine Saisonstelle

Gestern Abend war hier noch richtig was los.

Gestern Abend war hier noch richtig was los.

Dan führt mit dem Pickup unser Gepäck zum Hafen, wir schlendern zu Fuss. Noch ist das Schiff fast leer. Ich gehe ganz nach hinten, sehe mir den grossen Motor an, die Toilette. Werde auch heute versuchen, ohne sie auszukommen. Ich fühle mich heute auch bereits viel sicherer, obwohl ich in der Nacht ein paarmal ins Bad musste.

Langsam trudeln die Touristen wieder ein. Mit Pickups werden sie hergefahren. Auch der lange Holländer trottet von irgendwo her, seine Mine ist nicht besser und zeigt noch immer ein klares 'Don't touch me'.

Dafür ist der andere Holländer, der mit der thailändischen Frau aufgestellt und bester Laune. Wie sein Hotel war, will ich wissen. Great, meint er, ich hatte heisses Wasser im Bad. Ja, damit hatte er mehr als ich. Gegessen hat er auch beim Inder, so wie übrigens auch John, der Senior.

Dieser kommt jetzt mit Dan daher. Er hat ihn mit dem Motorroller hergebracht. Schon erstaunlich, John ist 86 Jahre alt und noch immer abenteuerlustig.

Die Touristen kehren zurück

Die Touristen kehren zurück

Mit einer halben Stunde Verzögerung legen wir ab. Das Boot, es ist nicht mehr das Gleiche wie gestern, ist voll geworden.

Am anderen Ufer entdecken wir einen Elefanten - alle Kameras nach rechts - beim Arbeiten. Ganz hier in der Nähe liegt das kleine Dorf Hong Sa, laut Reiseführer die Elefantenhauptstadt von Laos. Elefanten werden hier vor allem für Waldarbeiten eingesetzt. Es soll aber auch möglich sein, wilde Elefanten anzutreffen.

Also suche ich das Ufer ab, erwarte hinter jeder Flussschleife, in jeder Bucht eine Elefantenherde, oder wenigestens einen Elefanten, wenigstens einen Baby-Elefanten. Doch alles was ich sehe, sind Büffel und manchmal ein paar Ziegen, schwarze und braune.

Fischer sind mit ihren kleinen Booten unterwegs, legen ihre filigranen Netze aus, oder holen sie ein. Oder sie haben sie an langen Stangen bei den Felsen aufgehängt. Da wo das Wasser wirbliger ist.

Und ich suche das Ufer nach Vögeln ab, nach weissen Fischreihern, doch ich sehe keinen einzigen. Das finde ich sehr eigenartig, am Amazonas sieht man sie überall. Im Ufersand, auf den Bäumen, beim Flug über den Fluss am Fischen.

Irgendwo im Boot kräht ein Hahn. Immer wieder. Es ist aber keiner da und ich vermute schon, dass sich jemand mit einem speziellen Handyton einen Scherz erlaubt.

Ich würde auch krähen, wenn ich in einem dieser Käfige stecken würde.

Ich würde auch krähen, wenn ich in einem dieser Käfige stecken würde.

Wir legen bei einem kleinen Dorf an. Hier steigen ein paar Leute aus, sie werden erwartet. Und Gepäck wird vom Schiff geladen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass auf dem Dach Waren transportiert wurden, das muss aufgeladen worden sein, als ich längst im Boot sass.

Wellblech für ein neues Haus wird ausgeladen, Hausrat, viele Taschen mit Waren und ein paar Körbe. Kickerikiiiiiii tönt es aus einem und alle müssen lachen. Da ist er also. Er sass die ganze Zeit auf dem Dach, eingesperrt in seinen kleinen Käfig.

Wir halten noch ein paar Mal an auf unserer Fahrt. Einmal stehen ganz viele Buben am Ufer, sie beobachten uns aufmerksam. Springen ins Wasser, haben ihren Spass mit uns. Ruth, die Spanierin hinter mir, streckt ihnen einen Sack Snacks hin und zeigt mit Gesten, dass der für alle gedacht ist. Ganz selbstverständlich verteilt der kleine Junge an alle, die die Hände hinstrecken und sogar, als nach fünf Minuten noch einer die Treppe herunter kommt und wir schon bedauern, dass der jetzt zu kurz kommen wird, hat er für ihn noch etwas übrig. Die Buben haben ganz natürlich miteinander geteilt.

Wir fahren weiter und irgendwann bin ich wohl eingedöst. Ich erwache, weil der Motor nicht mehr läuft. Wo sind wir? Da ist kein Dorf und niemand, der am Ufer steht. Wir stehen gegen den Flusslauf, der Schiffsjunge hat das Tau an einem grossen Stein am Ufer festgemacht. Machen wir jetzt auf Sightseeing, bricht gleich ein Elefant durch das Dickicht? Geht es um den Baum mit den eigenartigen Früchten am Stamm?

Niemand kann sich den Halt erklären. Der Schiffsführer ist hinten beim Motor. Langsam sickert die Vermutung durch, dass wir einen Motorschaden haben. Hier? Hier, wo es kein Signal gibt, wo Hilfe weit weg ist, Schiffswechsel erst in Stunden möglich.

Der Motor wird wieder gestartet - Aufatmen - und stellt gleich wieder ab. Ein Laote, klettert hinaus auf den Felsen, raucht ungestört eine Zigarette. Niemand gerät in Panik. Solange da hinten im Shop noch genügend kaltes Bier ist, kann nichts passieren. Man plaudert, liest, sieht Video auf dem IPad. Ein Unterbruch. Kein Problem.

Nach dem dritten Versuch startet der Motor endgültig, der Laote kommt zurück an Bord, der Schiffsjunge löst das Seil, wir fahren weiter.

Wir halten nicht wegen diesen Früchten an, aber sie sind trotzdem interessant

Wir halten nicht wegen diesen Früchten an, aber sie sind trotzdem interessant

Nach der Zigarettenpause zieht der Laote das Schiff wieder ans Ufer - wir stehen

Nach der Zigarettenpause zieht der Laote das Schiff wieder ans Ufer - wir stehen

Wir kommen zügig voran, der Motor scheint geflickt. An den Ufern Dschungel, Dickicht, ein grüner Pflanzenteppich, der alles verschlingt. Abgestorbene Bäume dienen als Klettergerüst, werden vollständig eingehüllt, ja sogar die rasch wachsenenden Bananenbäume verschwinden unter den Schlingpflanzen. Und ich suche Elefanten. Meine Augen sind müde vom Suchen. Ich sehe Elefanten. Am Ufer, im Fluss, in den Felsformationen, in den Bäumen.

Und da kommt mir der Witz in den Sinn von den blauen Augen:
Warum haben Elefanten blaue Augen? - Damit man sie in den Kirschbäumen nicht sieht.
Blöd, es gibt hier gar keine Kirschbäume. - Wobei, das ist vielleicht der Beweis, dass Kirschbäume die beste Tarnung für Elefanten sind.

Ich bin müde. Ich möchte ein klimatisiertes Zimmer, eine heisse Dusche und ein feines Nachtessen.

Weit hinten im Osten sind Berge sichtbar

Weit hinten im Osten sind Berge sichtbar

Der Tempel im Felsen

Der Tempel im Felsen

Am Ufer gibt es jetzt Felsen. Und wie wir um den Felsen fahren, entdecke ich eine Höhle, und eine Treppe hinauf. Eine versteckte Pagode. Bestimmt sind wir in der Nähe des Ziels. Tatsächlich gibt es jetzt auch wieder Telefonsignal.

Eine halbe Stunde später legen wir an. Hafen von Luang Prabang steht auf dem Schild. Oben an der langen Treppe warten die Taxis, die uns in die Stadt fahren. Es gibt einen Einheitspreis, den alle bezahlen müssen. 2 Dollar in die Stadt. Pro Person, nicht pro Taxi.

Auch wenn viele Backpacker das schlecht finden, ich finde es sehr gut. So wird verhindert, dass die Preise von den Touristen nach unten gehandelt werden und sich die Taxifahrer gegenseitig selber das Wasser abgraben.

Eine Marktfrau in Guatemala hat mir einmal gesagt: wir diskutieren jetzt noch um einen Betrag, der für dich ein Frühstück bedeutet, für mich ist es eine Woche Lohn. Ich habe das immer noch im Ohr. Vor allem wenn die gleichen Touristen, die sich freuen, wenn sie die 2 Dollar heruntergehandelt haben, am Abend 3-4 Biers in der Bar bestellen und sich nicht um den Preis kümmern.

Ich bin sehr froh, dass mich das Taxi gleich vors Hotel bringt. Es gibt alles, was ich wünsche. Das Nachtessen lasse ich aus. Bin bereits eingeschlafen.

Im Moment das Wichtigste auf der Welt: mein Bett...

Im Moment das Wichtigste auf der Welt: mein Bett...

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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