Mekong
Am Pool
Nach dem Frühstück im kühlen Zimmer gemütlich meinen Bericht schreiben und dann ab an den Pool. Geniessen.
Das war der Plan heute. Hat auch ganz gut geklappt. Der Pool ist zwar klein, aber er liegt im Schatten, eingeklemmt zwischen Hotel und Mauer zum nächsten Grundstück und mit seinen Liegen im Wasser ist der Platz geschickt ausgenutzt.
Das Wasser ist im ersten Moment warm. Jedenfalls da wo ich grad meine Füsse hineinstrecke, nämlich bei den Liegen. Könnte direkt ein Hotpot sein. Doch das täuscht, im tieferen Bereich ist es echt eine Erfrischung, abzutauchen, ein paar Züge zu schwimmen und dann zurück auf den Liegestuhl.
G e n i e s s e n.
Ich komme ins sinnieren. Was ist das eigentlich? Geniessen. Ich höre immer wieder: geniesse es. Sage es auch öfters zu anderen, wenn sie in die Ferien fahren, oder sonst etwas schönes vor haben. Geniessen.
Muss man das extra machen? Mir kommt das vor wie der Engel Aloisius, der Halleluja singen muss.
Geniesse ich nicht einfach alles, das Hiersein, das unterwegs sein, die Begegnungen, die Sonnenuntergänge. Ich kann nicht extra abschalten und geniessen, weiss gar nicht, was damit anfangen. Ein Gespräch wäre jetzt fein, mal sehen, ob da jemand online ist. Sieht nicht so aus, Kunststück, sind alle am arbeiten. Mein Buch über einen laotischen Elefanten ist in englisch und damit mehr mit Übersetzungsarbeit verbunden, denn mit Abtauchen, schlafen kann ich auf diesen Liegen nicht. Sollte ich vielleicht besser auch nicht, denn auch hier könnte ich einen Sonnenbrand bekommen. Ausserdem ist es wieder extrem heiss. Zu heiss für einen Stadtbummel. Im Zimmer wäre es jetzt am angenehmsten. Auch blöd, da bin ich in Vietnam und verbringe den Tag im Hotelzimmer. Versteht man das als Geniessen?
Ich gehe an die Rezeption und eine Stunde später steht Duc mit seinem Motorrad da. Er wird mich eine Stunde rumfahren.
Helm aufsetzen und los geht's. Eigentlich hatte ich erwartet, dass wir die Sehenswürdigkeiten der Stadt ansehen. Die verschiedenen historischen Versammlungshallen der Chinesen oder die japanische Brücke zum Beispiel.
Doch Duc hat seine eigene Vorstellung, was er mir zeigen will. Wir fahren durch schmale Gässchen und sind schon bald ausserhalb der Stadt.
Hier fahren wir zwischen Reisfeldern, wo der Reis schon ziemlich hoch steht. Zwei Ernten gibt es hier im Jahr. Manchmal sieht man jemanden arbeiten. Mit tief ins Gesicht gezogenen Hüten unter der heissen Sonne. Wir sind auf schmalen Trassees zwischen den Feldern unterwegs und ich befürchte immer, Duc würde irgendwo daneben fahren. Vor allem wenn er gestikulierend erzählt und gelegentlich nach hinten zu mir schaut, damit ich ihn besser verstehe. Mir wäre wohler, er würde das erzählen auf die Stopps beschränken, ich würde ihn dann auch besser verstehen.
Es gibt auch viele Crevettenfarmen. In grossen Teichen werden sie gezüchtet. Und Fischfarmen. Auch die werden in Teichen oder in abgegrenzten Bereichen des Flusses gezüchtet und auf dem Markt verkauft.
Hoi An ist von sehr viel Wasser umgeben. Früher war es der wichtigste Hafen der Gegend, nahe am Meer, direkt am Fluss gelegen. Und direkt an der Seidenstrasse. Das erklärt die vielen Schneidereien hier. Doch mit der Zeit ist der flache Fluss versandet und Hoi An immer mehr isoliert. Zwar fliesst das Meer bei Flut noch weit ins Land hinein, doch bei Ebbe sind grosse Teile wieder trocken, oder nur noch feuchter Sandschlamm.
Wir kommen zu den Wasserpalmen. Duc ist etwas enttäuscht, als ich ihm sage, dass ich gestern schon in der Gegend war, aber ich finde es spannend, jetzt aus der anderen Perspektive hier zu sein.
Gestern sah es so aus, als ob man nur per Wasserweg zu den Palmwäldern kommen könnte und jetzt sehe ich, dass die überall sind. Und hier sind auch die Korbboote und die grossen Fischerboote.
Noch einmal komme ich zu einer Fahrt mit einem dieser skurilen Körbe, aber diesmal ganz allein mit einer Frau die sich über die unerwartete Fahrt genauso freut, wie ich. Leider spricht sie ganz wenig englisch und so bleibt die Verständigung wieder einmal auf Eis. Dafür flicht sie mir ganz nebenbei Schmuck aus einem Palmblatt.
Ich geniesse diese stille Fahrt auf dem Wasser. Es ist nur gerade einen knappen halben Meter tief. An einer Stelle steigt sie sogar aus und zieht den Korb hinter sich her. Doch das ist nur am Abend so. Am Mittag steht das Wasser hier wieder zwei Meter hoch, das kann man an den Palmen gut erkennen.
Weit draussen sehe ich den Leuchtturm, dort ist das Meer. Wir biegen um eine Ecke und jetzt ist es mit der Ruhe vorbei. Gegen 50 Körbe schwimmen da draussen und einer hat einen Gettoblaster dabei.
Sonnenuntergangsparty.
Es sind jetzt vor allem junge Ruderer und sie bieten den Touristen eine ganz besondere Show. Im Takt tanzen und schaukeln sie in ihren Booten und manch ein Tourist kommt ebenfalls in Partystimmung. Und dann rudern sie zurück und liefern sich dabei noch ein Rennen, bei dem sie von den Insassen ihrer Boote wild angefeuert werden.
Sie steigen am anderen Ufer aus, während ich zurück zum Dorf fahre, wo Duc auf mich wartet. Meine Ruderin, deren Namen ich mir nicht merken konnte, offeriert mir noch eine frische Kokosnuss. Eine echte Kokosnuss. Die Früchte, der Wasserkokosnuss sind klein, können aber auch gegessen werden. Die Korbboote werden heute nur noch für den Tourismus eingesetzt, es gibt ungefähr 500 Boote in der Gegend und ganze Familien leben davon. Natürlich hat jede auch noch ein Reisfeld und einen Gemüsegarten, aber die Boote sind die wichtigste Einnahmequelle.
Ich will noch wissen, was es mit den Krabben auf sich hat, die jeder Tourist fangen sollte. Werden die gegessen? Nein, das ist vor allem Unterhaltung, Spannung. Die Krabben werden zurück ins Wasser geworfen oder den Hühnern verfüttert.
Die Palmwedel sind eine wichtige Grundlage für viele Verwendungszwecke. So wurden früher alle Häuser damit gedeckt. Heute sind es vor allem Unterstände, Gartenhäuser und Verschläge, die mit Palmblättern gedeckt sind. Überall an der Strasse hab ich sie zum Trocknen ausgelegt gesehen.
Zeit zurück zu fahren. Durch die kleinen Dörfer, schmale Gassen und hinauf auf die grosse neue Brücke, die erst vor ein paar Jahren gebaut wurde. Gestern bin ich mit dem Motorboot unter ihr durchgefahren, heute geniesse ich oben den Sonnenuntergang. In einer halben Stunde wird sie hinter den Bergen verschwinden und sehr bald wird es ganz dunkel sein.
Glänzend liegt der breite Fluss unter uns. Ganz in der Nähe sind die grossen Netze aufgespannt. Bald werden sie ins Wasser hinunter gelassen und die Lampe in der Mitte angezündet, damit die Netze am Morgen mit hoffentlich guter Beute wieder heraufgeholt werden können.
Duc fährt mich zurück in die Stadt. In der Nähe der japanischen Brücke steige ich ab. Ich finde den Weg zurück zum Hotel bestimmt selber, beruhige ich ihn und möchte mich anhand der Karte noch einmal vergewissern, wo ich jetzt genau bin.
Das hätte ich besser nicht getan. Denn Duc dreht die Karte mindestens dreimal, zeigt auf den eingekreisten Punkt, wo das Hotel ist. Ja, das weiss ich, ich möchte nur wissen, ob ich das mit dem momentanen Standort richtig interpretiere. Es hilft nichts, Duc hat keine Ahnung, wie man eine Karte lesen könnte und zeigt dann mit ausladenden Armen, in welcher Richtung das Hotel liegt. Alles klar, ich schaffe das.
Und jetzt sehe ich endlich die japanische Brücke. Gebaut von Japanern im 17. Jahrhundert, gilt sie als eine der markantesten Sehenswürdigkeiten Hoi Ans. Es kostet Eintritt, das wäre noch das wenigste, aber als ich die Schlange der Anstehenden sehe und erst noch das Gedränge auf der Brücke, reicht es mir vollkommen, sie von aussen anzusehen.
Ich schlendere vorbei, weiter dem Fluss entlang, gezogen und gestossen von unzähligen Touristen und Besuchern. Alles was ich gestern und vorgestern über das ruhige Hoi An gedacht und geschrieben habe, kann getrost vergessen werde. Hier sind sie, die Touristen und zwar nicht zu knapp. Ich bin bisher einfach nicht bis ins Zentrum von Hoi An vorgestossen.
Es ist wunderschön hier. Überall in den Strassen, an den Gebäuden und in den Restaurants hängen farbige Lampions. In allen Farben assortiert. Ich lasse mich treiben, staune, geniesse...
Frauen verkaufen kleine Lichter. Diese werden auf den Fluss gesetzt. Hoi An feiert ein Lichterfest. Der Höhepunkt wird morgen Samstag-Abend sein, denn am Sonntag ist Vollmond, aber schon heute herrscht eine wunderschön romantische Stimmung. Auch ich kaufe mir eines dieser kleinen Lichter und lasse es mit Hilfe einer langen Stange und mit Anleitung der Verkäuferin hinunter auf den Fluss. Ich sehe ihm noch eine Weile nach, wie es taumelnd auf dem Wasser gleitet.
Bootsfahrt? Zwanzig Minuten. Kauf mir ein Licht ab. Hier kannst du fein essen, bitte eintreten. Das ist die andere Seite, wenn viel los ist. Ich werde laufend angesprochen. Sollte dies kaufen, dort mitmachen, hier eintreten.
Auf der anderen Flussseite ist es ein bisschen ruhiger. Da setze ich mich in ein Lokal und geniesse Crevetten vom Grill. Ob sie aus einer der Zuchten kommt, an denen ich heute vorbei gefahren bin.
Auf dem Rückweg gerate ich in den Nachtmarkt, der hier ganz besonders schön beleuchtet ist. Hier könnte man diese wunderschönen Laternen kaufen und fast komme ich in Versuchung. Doch wie soll ich die noch in den Koffer packen? ich bin ja noch mehr als einen Monat unterwegs.
Ich lasse es bleiben, gehe noch einmal zurück zum Fluss. Nehme nochmal ein Auge voller Lichter in mich auf, lasse mich von drei Frauen, die mit ihren Körben am Strassenrand sitzen zum Versuchen von Mangostase und Rambutan verführen und nehme mir dann ein Taxi zurück zum Hotel.
Sicher ist sicher.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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