Reise durch Indien
Zurück nach Madurai
Weil es in meinem Hotel kein Frühstück gibt, findet man mich auch an diesem Morgen in der Bakery beim Chai und einem Kokosbrötchen. Dieser Platz ist ein kulinarischer Lichtblick an dem Ort, wo mir schon schon der Gedanke an eines der bestehenden Restaurants Aufstossen bringt. Schön wäre es, wenn es nicht nur den verschmutzten Stehtisch gäbe, sondern ein paar Stühle, so dass ich das Geschehen auf der Strasse gemütlich beobachten könnte. Leider mag ich zum Frühstück keine Süssigkeiten, aber die Pattisserie macht auch einer Schweizer Confiserie alle Ehre.
Heute will ich zurück nach Madurai fahren. Ich habe mich nach dem Zug erkundigt, doch der scheint nur einmal am Tag zu fahren. Noch vor Sonnenaufgang mag ich aber nicht losfahren, darum suchte ich gestern eine andere Möglichkeit. Es scheint sowieso, dass die Züge, die ich in meiner App finde, grösstenteils nicht fahren. Es ist eben nichts mehr wie vorher, erklärte mir der Hotelangestellte und empfahl mir ein Taxi. Die Fahrt ist dadurch einiges kürzer, was mir auch Recht ist.
Ausserdem gäbe es noch einen Tempel auf der Strecke zu besichtigen.
Es ist der gleiche Chauffeur, wie gestern, der mich beim Hotel erwartet, als ich von meinem Frühstück zurück komme.
Wir starten auch gleich - und steuern die nächste Tankstelle an. Zuerst einmal tanken, womit der halbe Fahrpreis bereits weg ist.
Dann halten wir am Chai-Stand an, wo ich meinen Chauffeur gestern schon gefunden hatte, als ich nicht ins Memorial ging.
"Hast du schon gefrühstückt?" fragt er mich. Ja natürlich, wollte mich nicht mit nüchternen Magen auf die Fahrt machen. Er bestellt diese kleinen Küchlein, auf die am Schluss von Hand eingeschlagen wird. Dazu gibt es eine Omelette mit viel Zwiebeln und Gewürzen, das ganze in Zeitungspapier eingeschlagen.
Dazu ein Chai, da mache ich mit. Chai wird übrigens lange auf dem Herd gekocht. Es ist ein Tee mit vielen Gewürzen und mit Milch und ganz viel Zucker. Wenn ich nicht aufpasse, löffelt mir der Chef zuerst 2 Teelöffel Zucker ins Glas, bevor er den Chai hinein siebt. Danach wird er noch ein paarmal mit einem anderen Glas hin und her geschwenkt, bevor er ihn vor mich hinstellt.
Frisch gestärkt fahren wir weiter und kommen auch schon bald zur Brücke, bei der wir gestern angehalten hatten. Jetzt fahren wir darüber. Und obwohl ich gestern glaubte, er hätte gesagt, dass man auf der Brücke nicht anhalten dürfe, hält er trotzdem schon bald am Brückengeländer an und ich darf aussteigen.
Der Wind bläst mich fast um. Nachdem ich noch einmal nachgefragt habe, was es mit dem Anhalten auf sich hat, verstehe ich mein Missverständnis. Man darf sehr wohl anhalten, aber man darf nicht auf der Brücke wenden. Das ist gar nicht selbstverständlich, denn hier in Indien wird überall auf der Strasse willkührlich umgedreht. Auch fast ohne Ankündigung. Kurz den Blinker stellen - sofern vorhanden - oder Handzeichen und schon steht man in der Mitte der Strasse, wartet auf die kleinste Lücke im Gegenverkehr und schon braust man in die andere Richtung weiter. Aber genau das ist auf den zwei Kilometern der Panbam-Brücke verboten, darum mussten wir gestern vor der Brücke anhalten.
Nach dem ausführlichen Fotohalt fahren wir weiter und es passiert eine ganze Weile gar nichts. Wir fahren an Bananenfeldern vorbei, an grossen Palmenhainen, an kleinen Häusern, Tankstellen. Und dann plötzlich bleiben wir wieder stehen. Mein Chauffeur muss austreten. Aber nicht so wie man erwarten würde, ich glaube, ihm ist nicht gut. Er schüttelt zwar den Kopf, aber sein Verhalten vorhin erzählt etwas anderes.
Wir halten daher auch schon bald wieder bei einem Chaistand an. Neben der Pfanne mit dem Chai köchelt eine dickliche Flüssigkeit. Sieht aus wie Honig. Was es ist, weiss ich nicht, aber süss ist es auf jeden Fall, denn der Chef gibt mir einen Löffel zu versuchen. Vielleicht gekochter Rohrzucker. Jedenfalls habe ich verschiedene Zuckerrohrfelder gesehen, an denen wir vorbei gefahren sind
Wir halten auch ein weiteres Mal bei einem Chaistand an. Diesmal gibt es für mich eine frische Kokosnuss. Diesen Saft könnte ich immer trinken. Der Besitzer will die Flüssigkeit in einen Becher umleeren, doch ich kann ihn im letzten Moment davon abhalten. Grad, dass der Saft direkt aus der Nuss kommt, macht sie für mich so attraktiv. Doch er hat keinen Trinkhalm, erklärt etwas von no Plastik. Dann trinke ich eben direkt aus der Frucht, das geht auch, wenn er das Loch gross genug macht.
Die Trinkhalme sind übrigens sehr oft aus Karton und längst nicht immer aus Plastik. In diesem Fall sind sie ihm wohl einfach ausgegangen, denn in der Regel hat jeder Verkäufer Trinkhalme dabei.
Meinem Chauffeur scheint es tatsächlich nicht so gut zu gehen. Vielleicht ist er gestern Abend noch gefahren, vielleicht hat er kaum geschlafen. Ich frage jedenfalls nicht nach dem Tempel, den er mir auf dem Weg zeigen wollte. Tempel werde ich auf meiner Reise durch Indien wahrscheinlich noch genügend sehen.
Wir erreichen die ersten Ausläufer von Madurai, als wir doch noch bei einem Tempel anhalten. Es ist ein riesiges Wasserbecken mit einem kleinen Tempelchen in der Mitte. Auf der anderen Seite ein Tempelturm. Doch ich hab jetzt keine Lust mehr auf eine Besichtigung. Weiss jetzt nicht, ob ich etwas grossartiges verpasst habe, denn wir halten nur noch kurz am Wasserspeicher, wo eine Barke liegt. Vielleicht könnte man auf die Insel übersetzen.
Ich glaube auch meinem Chauffeur ist es recht, er muss ja schliesslich noch heute wieder zurück fahren. Gesprochen haben wir auf unserer Fahrt fast nichts. Uns war wohl beiden nicht ums Reden.
Die letzten paar Kilometer durch die Stadt lotse ich ihn, denn ich habe das Hotel in meinem Navi. Es geht bereits gegen Abend, der Verkehr nimmt zu, doch weil das Hotel an der Hauptstrasse liegt, finden wir problemlos hin.
Der Portier erkennt mich sofort und auch an der Rezeption begrüsst man mich freundlich. Es ist ein Gefühl von nach Hause kommen.
Mein Zimmer liegt ein Stockwerk höher und geht wie das letzte hinaus auf die Strasse. Mein Koffer steht noch an der Rezeption und wird mir bald darauf gebracht.
Mein Nachtessen lasse ich mir aufs Zimmer liefern, denn in das ungemütliche Hotelrestaurant mit der Atmosphäre einer Bahnhofshalle mag ich nicht sitzen. Wäre ja eh wieder alleine dort. Was es gab? ich habs vergessen, aber ich habs gegessen.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
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