Reise durch Indien
Botanischer Garten
Ich habe wunderbar geschlafen, das Frühstück war ebenfalls gut. Natürlich nur indisch, auch wenn in der Beschreibung von Booking etwas von kontinentalem Frühstück stand, doch für wen sollten sie sowas anbieten, bin ja wohl für einige Zeit die einzige Ausländerin. Aber indisches Frühstück ist sehr nahrhaft und stärkt mich für den Tag, so dass ich meistens auf das Mittagessen verzichten kann. Auch verzichten kann ich auf eine Handtasche. Alles was ich brauche hat in meinen tiefen Hosensäcken Platz. Die hatte ich mir vom Schneider in Kerala erbeten, so dass ich mich nicht nicht sorgen muss, dass mir etwas beim vorübergehen gestohlen werden könnte oder im Taxi aus dem Sack fallen könnte.
Etwas Geld und Kreditkarte, mein mobiles Wifi-Gerät und der Aku mit Kabel, das ist alles was ich brauche. Seit ich in Iguazu fast eine Nacht im Papageienkäfig verbracht hatte, gehe ich nur noch selten ohne Akku auf die Strasse. Man weiss nie, wie lange die Handybatterie hält. (Nachzulesen in meinem Reisebericht: "Wann kannst du kommen?" Kapitel Abenteuer Iguazu)
Ausserdem ist meine Handybatterie tatsächlich immer schneller am Ende, so dass ich den Akku doch relativ oft brauche.
Bangalore ist die Hauptstradt des Bundeslandes Karnataka. Mit über 10 Millionen Einwohnern ist es nach Delhi und Mumbai die drittgrösste Stadt Indiens. Sie ist vor allem das Zentrum der IT-Industrie. Viele westliche Firmen lassen in Bangalore ihre Software entwickeln. Das führte dazu, dass die Stadt Zuwanderer aus allen Teilen des Landes hat und ein sehr breites Völkergemisch.
Wegen den vielen Parks wird Bangalore, oder Bangaluru in der einheimischen Schreibweise, auch die Gartenstadt genannt. Also entscheide ich mich heute, den Botanischen Garten zu besuchen, der auf der Liste der Sehenswürdigkeiten an erster Stelle steht.
Ein Tuktuk bringt mich zum Haupttor. Zu allererst fallen mir die vielen Hunde auf. Sie liegen auf den Strassen, den Gehwegen, auf den Grünflächen, einfach überall und niemanden scheint es zu stören. Sie liegen friedlich da und eigentlich scheinen sie ganz gut genährt zu sein.
Ausserdem fallen mir die vielen alten Bäume auf. Riesige Bäume mit weit ausladenden Ästen. Viele riesige Mangobäume, wie ich sie noch nie gesehen habe und viele Rain-Trees, Regenbäume wie ich sie überall im Land immer wieder sehe. Der Park wurde vor 280 Jahren vom damaligen Herrscher von Mysore gegründet und von seinem Sohn weiter entwickelt.
Ich spaziere unter den breiten Zweigen der Bäume, hoffe, dass es nicht wieder anfängt zu regnen, denn der Himmel ist ziemlich verhangen und meine Wetter-App verspricht nichts gutes. Aber es bleibt vorläufig trocken.
Blumen gibt es entgegen meiner Erwartung nicht allzu viele. Ein paar riesige Christusdorne, ein paar Bougainvilleas und vor dem Verwaltungsgebäude ein Blumenmeer von Blumenstöcken Unter einem hohen Baum entdecke ich ein paar weiss-rosa Blumen, die ich glaubte zu kennen, ein Blick in meine Pflanzen-App sagt mir aber, dass das eine Safranwurz, eine Pflanze der Curcuma-Familie ist.
Nicht dass ich mir all diese Namen merken könnte, ich finde es aber schon spannend, dass so eine App anhand eines oder zwei Fotos eine Pflanze so schnell bestimmen kann. Und irgendwann merke ich mir immer mehr der Pflanzen und Blumen wenn ich sie oft genug nachgeschlagen habe.
An einem Früchtestand kaufe ich mir eine grosse Dragonfrucht. Der Verkäufer schneidet sie in Stücke und auf einer Parkbank, die tatsächlich trotz extremer Luftfeuchtigkeit trocken ist, geniesse ich sie
Beim Gate II komme ich zum Bonsai-Haus, doch leider ist dieser Teil des Parkes geschlossen. Dafür fällt mir hier der grosse Felsen auf und die Tafel, die daneben aufgestellt. ist.
Sie erzählt, dass der Gneiss, um den es sich handelt, eine der ältesten Gesteinsarten der Welt ist und dass er in ganz Indien verbreitet ist. Am bekanntesten sei aber genau dieser Felsbrocken, der hier im Botanischen Garten an der Oberfläche liegt und dass man hier auf der Oberfläche die Geschichte der Erde mit Erdbeben und allen Erosionen erkennen könne. Ein Paradies für Geologen. Ich nehme die flache Treppe die hinauf auf den Gipfel führt und sehe mir den kleinen Tempel an und die Erinnerungstafel.
Von der Geschichte kann ich auf dem Boden nichts lesen. Vielleicht, wenn ich genauer hingesehen hätte, hätte ich versteinerte Muscheln gesehen, doch von denen haben wir in den Alpen ja genügend, die brauche ich nicht im Gneis Indiens zu suchen. Dafür fallen mir auch hier wieder die Hunde auf. Auch hier liegen sie, friedlich in genügendem Abstand voneinander.
Ich laufe weiter durch den Park, komme an verschiedenen Palmhainen vorbei. Die Bäume des Parkes sind tatsächlich faszinierend. Ich folge den Schildern und komme zum See. Hier sollten Seerosen und Lotusblumen blühen, doch es ist einfach nicht die Zeit dazu. Ein paar wenige Blüten kann ich entdecken, die sich vielleicht morgen oder übermorgen öffnen werden. Heute ist da nichts zu wollen.
Dafür rennen mir auf dem Uferweg Streifenhörnchen über den Weg und ich kaufe der Frau die am Boden hockt, eine Tüte Erdnüsse ab. Ob sie sich davon locken lassen?
Leider sind sie nicht so zutraulich, auch mit Erdnüssen lassen sie sich nicht locken. Sie sehen sie sich zwar aus der Entfernung an und erhaschen sie blitzschnell, wenn ich mich mit der Kamera wieder in eine andere Richtung gewandt habe. Dafür sind die Tauben schneller und plötzlich sehe ich noch etwas anderes vorbeihuschen. Was war das jetzt? Ratten? oder doch eher grosse Mäuse. Unglaublich, wie diese Tiere gleich ein Gruseln auslösen können. Ich muss abwaten, ob ich noch einmal eine sehe und erkenne, dass es wohl eher grosse Mäuse sind, die sich hier das Revier mit den Streifenhörnchen teilen.
Trotzdem merke ich, dass meine Freude an den kleinen Tierchen jetzt sehr nachgelassen hat, ich werfe ihnen die restlichen Nüsse zu. Sollen sie sie sich holen, wann sie wollen, ich laufe weiter.
Überall treffe ich im Park auf grosse Wassertümpel. Pfützen die noch vom nächtlichen Regen übrig geblieben sind. Bestimmt tut das den Blumen gut, aber mich kann der Park nicht wirklich begeistern. Auch der grosse Rosengarten nicht, der ebenfalls fast im Wasser versinkt. Es fehlt die Sonne, es fehlt das Licht. Ausserdem wird noch überall gebaut. Ich hoffe jetzt noch auf das grosse Gewächshaus, das Aushängeschild des Parkes und folge den Schildern zum Glashaus.
Leider wird auch hier gearbeitet, der Zutrtt ist nicht gestattet. Es werden Blumentöpfe hergefahren und die ganze Anlage wird neu aufgebaut. Wann soll das fertig werden, frage ich einen der Wärter, die in Uniform all die vielen Helfer beaufsichtigen.
"Morgen wird die Blumenschau eingeweit, ab Freitag ist es für das Publikum offen." Blöd, so knapp verpasst.
Trotzdem ist es ganz spannend, was da alles abläuft. Am Boden hockt ein junger Mann und schöpft mit einem Gefäss das Wasser vom Boden in einen Plastikkessel. Er macht das so andächtig und bedächtig, dass ich Zweifel habe, ob er tatsächlich auch weiss, dass das morgen eröffnet werden soll. Ein anderer schaufelt Erde in eine Schüssel und wenn er sie voll hat, trägt er sie irgendwohin weg. Auch bei ihm traue ich nicht, ob der irgendwann mit seiner Arbeit fertig werden wird.
Hinter dem Glashaus schneiden Männer tausenden von Rosen die Köpfe ab. Diese werden wohl irgendwo als Dekoration eingesteckt werden. Und auf der anderen Seite ist grad ein Lastwagen mit Blumenstöcken hergefahren. Diese werden ausgeladen und von Hand zu Hand weitergereicht und in der Rabatte aufgestellt.
Auch der Blumenpfau und das Blumenspalier aus Herzen brauchen noch ziemlich viel Arbeit, wenn sie morgen erstrahlen wollen.
Unendlich viele Blumentöpfe warten darauf, am richtigen Ort platziert zu werden. Ob das wohl noch alles klappt bis morgen?
Auf dem Weg zum Ausgang komme ich noch an einem Taubenschlag vorbei, dann suche ich eine Toilette und dann ein Tuktuk.
Akrim heisst mein Tuktukfahrer und er nimmt seinen Job ernst. "Hast du das Schloss schon gesehen? und den Palast des Sultans?" Bevor er mich zum Hotel zurück fährt, will er mindestens noch diese beiden Orte anfahren. Mir solls recht sein, hab ich jetzt also wieder einen Guide.
Beim Sultans Palast wird mir der Eingang verwehrt. Ich muss erst online ein Ticket kaufen. Oh wie ich das hasse, für den kleinen Eintritt die Kreditkarte zu bemühen. Ausserdem habe ich keine indische Telefonnummer. Der Wächter will mir helfen beim Anmelden, doch bei der Telefonnummer kommt auch er nicht weiter. Meine Schweizer Nummer wird nicht akzeptiert. Und wahrscheinlich hätte auch die Kreditkarte nicht funktioniert, es gibt hier ein Zahlsystem mit dem Handy, wahrscheinlich ähnlich wie unser Twint.
Dann lassen wir das eben, ich will schon aufgeben, aber der Wärter hat jemanden angerufen, der verspricht, gleich ans Tor zu kommen. Und tatsächlich, kurz darauf darf ich hinein. Ich will dem Mann den Eintritt bezahlen, es sind knapp 3 Franken, doch er winkt ab. "Hier sind überall Kameras, ich will nicht meinen Job verlieren". Er hat tatsächlich mein Ticket bezahlt, mein Name steht auf dem Online-Ticket, das er mir auf seinem Handy zeigt und das ich fotografieren soll, damit der Wächter den Code scannen kann und alles seine Richtigkeit hat.
Es stellt sich heraus, dass der Mann offizieller Guide ist und mir jetzt den Palast erklärt. Zahlen kann ich am Schluss, Eintritt und Führung. Auch gut.
Es ist der Sommerpalast der Herrscher von Mysore. Früher war Mysore die Hauptstadt und der Wohnsitz war dort im Palace. Das hier war der Sommersitz. Der Palast ist komplett aus Teakholz gebaut mit ein paar wenigen Mauern im Untergeschoss. Es sind schön gestaltete hohe Säulen, die die ganze Konstruktion halten. Das ganze ist sehr offen mit orientalischen Bögen. Eine islamische Architektur, erklärt mir der Guide und zeigt mir den Balkon, von wo aus der Herrscher zu seinem Volk sprach oder seine Audienzen abhielt. Auch auf der Rückseite, zum Hof gibt es einen entsprechenden Balkon. Dort waren die privateren Audienzen, Gespräche mit Abgeordneten, Bediensteten.
Wir stehen hinter dem Gebäude und er macht mich auf die spezielle Architektur aufmerksam. "Schau nur, wie das Licht unter den Bögen spiegelt". Es gibt keine Lampen, aber es scheint, als ob die Bogen von unten beleuchtet wären. Ja, wenn man es mir erklärt, sehe ich es auch. Ein eindrücklicher Bau, dieser Sommerpalast aus schwerem Teakholz, der trotzdem sommerlich leicht wirkt.
Es klingelt, am Telefon der Wächter. Es scheint, dass wieder jemand Probleme mit dem Eintritt hat. Ich merke, dass mein Guide jetzt nicht mehr viel Zeit für mich hat, drücke ihm das Geld in die Hand und kann dafür den oberen Stock des Palastes selber entdecken, während er ans Tor eilt und die nächsten Touristen hereinholt. Eine spezielle Einrichtung. Win-win würde der Guide wohl sagen.
Unser nächstes Ziel ist der Palast von Bangalore. Der steht ganz oben auf der To-do-Liste. Hier gibt es kein Problem mit dem Eintritt, ich kann ihn ganz einfach normal bezahlen. Woher ich komme, will man wie überall wissen, denn man wird, auch wie fast überall mit Namen, Passnummer und Herkunft eingetragen.
"Oh, Switzerlanand - Federer!" Meint der Wärter und strahlt. "Ein toller Typ, ein guter Sportler, aber auch ein sympatischer Mensch mit einer wunderbaren Familie. 2 x Zwillinge, was für ein Glück!"
Es ist schon das dritte Mal, dass ich auf meiner Reise auf Federer oder auf Tennis angesprochen werde. Was für eine Glück, einen so sympatischen Schweiz-Werbeträger zu haben. In solchen Momenten frage ich mich aber auch jedes Mal, wie es wohl sein muss, wenn man auf der ganzen Welt erkannt wird. Es gibt nicht viele Menschen, die so weltübergreifend jedem Menschen ein Begriff sind. Diana war bestimmt so jemand, Schumacher auch und eben Federer. - und bestimmt noch ein paar, die mir jetzt spontan nicht in den Sinn kommen.
im Palast gibt es einen gratis Audioguide. Ich stecke mir also die Stöpsel in die Ohren, hänge mir das Gerät um und höre die Führung auf deutsch. Da hat der Guide, der sich im Treppenhaus für eine Führung empfiehlt, keine Chance mehr.
Allerdings muss ich jetzt im Nachhinein zugeben, dass mir von einer persönlichen Führung meistens mehr bleibt, als von der Stimme im Ohr, auch wenn sie deutsch spricht.
Jedenfalls werden alle Bilder erklärt, alle Portraits der Herrscher, die diesen Palast bewohnt haben. Der riesige Elefantenkopf, der über dem Tor hängt ist hier leider keine Ehrung an einen vergangenen Palastelefanten, es ist eine schnöde Jagdtrophäe.
Dafür gibt die gelbe Farbe, in der der Palast gehalten ist, eine sehr sonnige Atmosphäre und hebt die eher trübe Stimmung von draussen auf, denn dort geht mal wieder ein Regenschauer nieder.
Auch der grosse Prunksaal erstrahlt in diesem auffälligen Geld mit vielen rotweissen Ornamenten an den Wänden. Hier gibt es einen Balkon, von dem ich den Saal mit dem grossen Spiegel, wo der Thron stand, überblicke. Dieser Platz war früher den Frauen vorbehalten. So konnten sie diskret versteckt hinter einem Vorhang die Vorgänge im Saal bei Empfängen oder Besprechungen überblicken und ihre Männer bei den Staatsgeschäften beinflussen. Meine Stimme im Ohr meint, das sei bewusst so gemacht worden, denn der Einfluss der Frauen sei schon immer wichtig gewesen.
Im oberen Stockwerk komme ich zu einem viereckigen Hof, in den man von oben herunterschauen kann. Da unten sind farbige Bänke und oben aufwändige schmiedeiserne Geländer. Das war der Männertrakt. Hier konnte der Herrscher mit seinen Söhnen oder Freunden ungezwungen in bequemen Kleidern von seinen Hobbys träumen oder schwärmen. So hat einer der letzten Maharadschas das erste Auto nach Indien gebracht.
Der Frauentrakt ist etwas verspielter mit aufwändigeren Säulenbogen, Blumentapeten an den Wänden und Pflanzen im Hof.Auch hier: Rückzugsort an dem die Frauen des Hauses unter sich bleiben konnten - oder mussten.
An den Wänden hängen Fotos von der letzten Maharadscha-Familie und in meinem Ohr werden sie einzeln beschrieben. Doch ich mag keine weiteren Informationen, werfe nur noch einen Blick ins Billard-Zimmer wo unter einem weissen Tuch ein grosser Spieltisch schlummert, dann verlasse ich den Palast durch das grossartige Treppenhaus und komme in den Garten. Hinter dem Palast erstreckt sich ein riesiger Park, doch ich mag nicht einmal mehr abklären, ob man den betreten dürfte.
Immerhin hat es aufgehört zu regnen, aber die Stimmung so ohne Sonne eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit ist zu düster und trübe. Es gelingt mir nicht, ein schönes Bild des ganzes Palastes zu machen, ich habe meine Motivation verloren, mein Informationspegel ist gefüllt.
Darum mag ich auch nicht mehr auf die weiteren Vorschläge von Akrim eingehen, er würde mir jetzt noch gern den Bullen-Tempel zeigen, aber meine Anweisung ist eindeutig: Zurück zum Hotel, morgen ist auch noch ein Tag.
Wir tauschen vorsorglich die Whatsapp-Nummern aus, dann tauche ich ab zu einem kleinen Nickerchen.
Spater bin ich doch noch einmal hinaus gegangen auf der Suche nach einen Restaurant. Zwar habe ich ein elegantes Lokal gefunden, doch nach einem Drink an der Bar, entscheide ich, dass ich doch zurück zum Bombay gehe, wo ich gestern schon war. Zu laut, zu voll und zu dunkel schien mir das gut besuchte Lokal. "Mein" Bombay erweist sich als genau das Gegenteil: ruhig, wenig Leute und hell.
Und heute gibt es ein Scampi-Marsala mit Kokosreis und einen Gin mit Heidelbeeren.
Den Heimweg finde ich problemlos, was mir bereits ein wenig ein Gefühl von Vertrautheit gibt.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
Indien
Indonesien