Reise durch Indien
City-Tour Mysore
Frisch gestärkt mit einem kontinentalen Frühstück - im Birchermüesli waren ein paar frische Rüebli geraffelt, sonst war es absolut autentisch - warte ich am Vormittag auf meinen Tuktukfahrer. Shariff will mir ein paar Orte in Mysore zeigen.
Zuerst steuern wir den Hügel mit der Antenne an. Dort oben soll es einen berühmten Tempel geben. "Kann dein Gefährt dort hinauf fahren?" frage ich vorsichtig, doch Shariff lacht. Da fährt er jede Woche ein paarmal hin. So ein Tuktuk ist nicht zu unterschätzen.
Langsam aber stetig tuckern wir aufwärts, werden von Motorrädern überholt und überholen selbst was auch immer uns in den Weg gerät. Bei den Aussichtspunkten fahren wir vorbei, als Shariff plötzlich sein Gefährt anhält. Was will er mir hier zeigen? Die Aussicht wird von Bäumen und Büschen verstellt, es gibt hier rein gar nichts Interessantes zu sehen. Doch gefehlt.
"Weiss du, was das ist?" will er wissen und zeigt auf die Büsche hinter der niedrigen Strassenmauer. "Das ist Sandelholz. Zwar ist dieser Busch jetzt noch jung und er sondert keinen Duft ab. Ist noch ein Babybaum mit Babyblättern. Doch in ein paar Jahren, wenn der Baum gross ist, kann man das Holz schlagen und das duftende Öl daraus gewinnen. Sandelholz wächst vor allem hier in der Gegend. Der Duft ist im Holz, wo man es herauspressen kann. Benutzt wird es vor allem für Rituale, bei Hochzeiten, für Meditation".
Das Öl und die Essenzen sind sehr teuer, das habe ich schon beim Dufthändler gesehen. Auch werden aus Sandelholz verschiedene Gegenstände gemacht. Fächer werden mir zum Beispiel überall angeboten und auch bei den Intarsien wird das Holz manchmal verwendet.
Wir fahren weiter und erreichen das grosse Parkplatz auf dem Hügel. Gut 1000 m ü.M sind wir hier, Mysore liegt auf gut 700 Metern. Es gibt einen Tempel, aber Shariff weist mich erst zu der grossen Figur auf der linken Seite. Es ist ein Büsewicht, der da da lanzeschwingend auf einem Podest steht. Umgeben von jungen Männern, die sich vor ihm fotografieren lassen.
Natürlich musste ich es nachlesen, habe Shariffs Erklärungen mal wieder nicht auf Anhieb verstanden. Mahishasura, halb Büffel, halb Mensch war ein böser Dämon, der die Menschen lange Zeit bedrohte. Mahishasura soll die die Kräfte der Unwissenheit und des Chaos präsentieren, die durch äußere Erscheinungen verborgen sind. Er hatte die Eigenschaft bekommen, dass er nicht durch Menschen getötet werden könne. Erst durch die Göttin Durga konnte er bezwungen werden. Sie überwältigte ihn hier oben auf dem Hügel mit einem Dreizack und seither wird dieser Sieg jedes Jahr mit einem neuntägigen Fest gefeiert.
Und der Bösewicht wird trotz allem immer noch verehrt. Unwissenheit und Chaos, die durch äusser Erscheinung verborgen sind. Ein Satz zum Nachdenken...
Nachdem auch ich dem alten Dämon meine Huldigung mit ein paar Fotos dargebracht habe, wende ich mich auf die andere Seite, zum Tempel, während Shariff in einem der kleinen Lokale verschwindet. Er will frühstücken.
Überall werden Blumen verkauft. Mit diesen Gaben huldigt man der Göttin. Es duftet von Jasmin, roten Rosen und gelben Tagetes und halboffenen Lotusblumen. Von Verkäuferinnen, an grossen Blumenständen, in Plastikbecken werden sie angeboten. Zusammen mit getrockneten Kokosnüssen. Natürlich gibt es auch hier die langen Blumengebinde und es fällt mir nicht einfach, immer nein zu sagen.
Shariff hat gemeint, ich solle den kleinen Eintritt bezahlen, die Schlänge zum Anstehen sei dann nicht so lange, wie auf der Seite, auf der man ohne zu zahlen hinein gehen könne.
Also stehe ich erst einmal am Ticketschalter und als ich endlich mein Ticket in der Hand halte, macht mich ein Blumenverkäufer darauf aufmerksam, dass ich die Schuhe abgeben müsse. Nein, nicht einfach hier vor dem Tempel liegen lassen, ich muss hinüber zur Schuhaufbewahrung wo ich einen grossen Sack bekomme, in den ich meine Flipflops legen soll. Dann bekomme ich für ein paar Rupien einen Zettel und kann mich, barfuss jetzt, wieder bei der Schlange mit dem Eintritt anstellen.
Ich weiss ja nicht, wie lange die Warteschlange auf der Gratisseite ist, denn sie ist auf der anderen Seite des Tempels, aber ich vermute, dass viele den Tipp mit der kürzeren Zeit bekommen haben. Es braucht ziemlich viel Geduld, aber nach 20 Minuten anstehen, bin ich drin. Ein paar Windungen um wenige Ecken, ich stehe in einem Hof, über mir die Pyramide des Tempels und vor mir huldigen die Gläubigen ihrer Gottheit. Sie geben ihre Gaben an einen der weiss gewandeten Priester, legen den einen oder anderen Geldschein in die Schale, halten die Hände kurz über die Flamme und dann über die eigene Stirn, falten die Hände andächtig zu einem Namaste und gehen weiter.
Dass man hier nicht fotografieren sollte, lese ich erst auf meinem eigenen Foto, merke aber schnell, das das hier niemand so richtig ernst nimmt. Im Gegenteil, die jungen Männer, die grad vor dem Heiligtum waren, werden rundum fotografiert. Fast würde ich auf einen Fussballmannschaft tippen, doch es könnten auch andere lokale Prominente sein.
Ich verweile noch ein wenig im Hof, sehe den Menschen zu, wie sie sich gegenseitig in kleinen und grossen Gruppen fotografieren und frage ein paar Frauen, die sich in ihren farbigen Saris fototechnisch aufgestellt haben, ob sie auch kurz in meine Kamera gucken würden. Selbstverständlich, aber gleich darauf haben sie sich meiner bemächtigt. Eine spricht ein wenig Englisch und natürlich ist die erste Frage: Welches Land? Und schon wollen sie alle ein Bild von mir, wollen ein Selfie, drücken sich ihre Kameras gegenseitig in die Hand, ich werde jetzt also wieder auf vielen Erinnerungsbildern aus dem Chamundeshwari-Tempel auf dem Chamundi-Hügel von Mysore auftauchen.
Langsam strebe ich dem Ausgang zu, ich habe genug von den Menschenmassen, die sich im Inneren des Hofes nur langsam bewegen, da entdecke ich dieses kleine Streifenhörnchen in einer Kokosnussschale unter dem grossen Baum. Zum ersten Mal gelingt es mir, eines dieser putzigen Tierchen zu fotografieren. Gesehen habe ich sie schon überall. Im Ayurveda-Resort kletterten sie die Palmstämme hinauf, rannten über die Wege, in Madurai sah ich sie an den Fassaden über die Kabel zu den Fenstersimsen klettern, doch noch nie waren sie so nahe und vor allem so ruhig.
Ich sehe ihm eine Weile zu, wie es die Reste aus der Schale mümmelt, filme das zweite, das vom Stamm klettert und sich dazu gesellt.
Danach strebe ich aber endgültig zum Ausgang, wo ich mir zur Stärkung noch eine Kokosnuss gönne und dann durch den kleinen Markt hinunter zum Parkhaus gehe. Dort wartet Shariff auf mich, wir können weiter.
Wir fahren zurück, den Berg hinunter. Beim Aussichtspunkt bleiben wir kurz stehen. Dort unten liegt Mysora. Der Palast ist gut zu sehen und das riesige Gebäude dort unten mit den vielen Kuppeln ist das Krankenhaus.
Eine Weile sehe ich noch dem Steinhauer zu. Er würde mir gern eine kleine Buddhabüste verkaufen, oder einen Tempel, oder wenigstens einen winzigen Elefanten. Ich winke ab, sehe ihm aber zu, wie er aus den groben Steinen, die rund um ihn liegen, die rohen Formen herausschlägt.
"Ist ja gar nicht so schwierig, es ist ja alles bereits im Stein enthalten, er muss nur noch aufpassen, dass er die richtigen Stellen wegschlägt", flüstere ich Shariff zu. Ich weiss, das ist ein alter Witz, doch er scheint ihn noch nie gehört zu haben und braucht einen Moment bis er versteht, dass ich nur spasse. Übersetzten mag er ihn nicht, zu sehr ist der Steinmetz in seine Arbeit vertieft, wobei ich immer hoffe, dass er mit senem Meissel nicht abschlipft. Seine Zehen sind gefährlich nahe dem Hammer.
Mir war es schon auf der Hinfahrt aufgefallen, das Sandmuseum. Was da wohl ausgetellt wird?
Wir halten an und das Museum erweist sich als riesiger Sandhaufen, in den verschiedene Figuren gestaltet wurden. Figuren aus der indischen Mythologie, aber auch nordamerikanische Indianer, ein dicker Buddha, eine moslemische Moschee, Tiere, Pyramiden, Inspirationen aus der ganzen Welt. Ein Plakat erklärt, dass das ganze 2014 von der einheimischen Künstlerin M N Gowri geschaffen wurde. Am Ende des Rundganges treffe ich auf ihren Vater, der mir stolz von seiner Tochter erzählt. Von den 115 Lastwagenladunen Sand, die hierher gebracht wurden. Vom Waschen und Sieben des Sandes, von den langen und intensiven Arbeiten, den vielen Skizzen, den Ideen seiner Tochter. Inzwischen lebt sie längst nicht mehr hier. Nur manchmal kommt sie noch zurück in ihren Heimatort. Besucht ihre Eltern und macht kleine Reparaturen an den Sandbildern, die von der Witterung immer wieder beeintrachtigt werden, denn das Ganze wird nur durch ein grosses Dach gesichert, ist aber völlig draussen.
Am Schluss unseres Gesprächs besteht er auf einem gemeinsamen Bild. Allein will er nicht posieren.
Wir fahren weiter und kommen zu einem grossen Gittertor mit einem Wärterhäuschen dabei. Es ist die Einfahrt zum Lalitha Mahal Palace. Einst der Wohnsitz der Könige, heute ein Hotel. Ich hatte davon bereits gelesen, als ich mein Hotel in Mysore gesucht hatte, aber das Hotel steht ziemlich weit weg vom Zentrum entfernt.
Trotzdem möchte ich jetzt gern ein Zimmer ansehen.
Das erweist sich als schwierig. Ich muss ziemlich flunkern, erzähle etwas von wieder zurück kommen, vom Suchen einer neuen Unterkunft, bis ich die beiden Männer an der Rezeption dazu bringe, dem Portier einen Schlüssel zu geben, damit er mir eines der Zimmer zeigt.
Das Zimmer ist zwar herrschaftlich hoch, das Bett wuchtig breit, in einem Separee mit vorgelagertem Eingangsbereich, und das Bad altmodisch mit uralten Armaturen, einer Badewanne auf Füssen. Das ganze nur mit einem kleinen Fenster über der Türe wirkt ziemlich dunkel. Gut habe ich mich nicht dafür entschieden.
Dafür hält der Speisesaal was er verspricht. In einem frischen Blau gestrichen mit den weissen verspielten Schnörkeln kommt er aus einer völlig anderen Zeit. Wenn man sich die Sache allerdings von nahe anschaut, sieht man überall den Putz bröckeln. Der ganze Palast hätte dringend eine Renovation nötig.
Bis zur Treppe darf man als Besucher gehen, weiter nicht. Ich beobachte einen der Angestellten, wie er für andere Besucher Fotos macht. Er weiss genau, wo sie sich hinstellen sollen, wie sie stehen, was sie tun sollen. Also gebe ich ihm mein Handy, bitte ihn, ein paar Fotos zu machen und er schickt mich zuerst zu den Blumen, die in einer weiten Wasserschale angeordnet sind. Dann soll ich hiinauf auf die Treppe. Und so entstehen also diese sehr repräsentativen Fotos, die mich wie die Schlossherrin zeigen. Die allerdings keine Stufe höher hätte steigen dürfen. Fotos können täuschen.
Beim Hinausgehen sehe ich mir den grossen Elefanten mit den weissen Verzierungen noch einmal genau an. Von Shariff weiss ich, dass seine weissen Dekorationen kein Elfenbein, sondern Plostik sind. Trotzdem eine fantastische Arbeit.
Und noch einmal halten wir bei einem skurilen Museum an. Vor dem Wax-Museum stechen Comic-Figurren und draussen an der Mauer kann ich sogar Charly Chaplin sehen. Mit diesen Figuren hat das Wax-Museum allerdings überhaupt nichts zu tun. Die einzigen beiden Figuren die sich auf echte Menschen beziehen, ist einerseits ein ehemaliger Herrscher und Mahatma Gandhi, der in einer Nische steht. Und wenn man ganz extrem tolerant ist, könnte man vielleicht noch die Beatles in ihren ganz jungen Jahren erkennen, als es um ein Beispiel einer Musikband aus Europa geht.
Das vorwiegende Thema des Museums sind die Musikinstrumente. Eigentlich ist das ganze eine riesige Sammlung von Musikinstrumenten aus der ganzen Welt. Diese werden Wachsfiguren in die Hände gelegt und so als verschiedene Musikaufstellungen präsentiert.
Ein schweizerisches Alphorn suche ich allerdings in der imponierenden Sammlung vergebens, dafür gibt es ein australisches Digeridoo. Eine junge Frau läuft mit mir durch die Räume und erklärt mir jede Formation und vor allem woher die Instrumente kommen.
Den zweiten Teil des Museums muss ich allerdings alleine durchlaufen. Ich lese noch die Regeln, bevor ich eintrete: Keine schwangeren Frauen, keine Kinder unter 10 Jahren, keine über 60-jährigen. Eintreten auf eigenes Risiko, man übernommt keine Verantwortung für Horror oder Tod.
Das muss ja schrecklich sein. Ich öffne die Türe trotzdem, trete ein und bin in einem völlig dunklen Raum. Hinter mir öffnet sich die Türe noch einmal: "Keine Fotos!" weist mich der Mann von der Kasse noch an, dann bin ich allein.
Plötzlich ein Schrei, ein ohrenzertrümmerndes Brüllen, ein rotes Licht weiter vorne, dann ein Sargdeckel, der sich kurz hebt, eine Leiche, ein Tier. Und dazu das Brüllen, das Schreien, das überhaupt nicht mehr aufhören will. Ich trete ein paar Schritte vor, es ist eine Geisterbahn zum selber durchlaufen.
Wie man sieht, habe ich mich nicht an das Fotografier-Verbot gehalten. Es ght durch schmale Gänge mit immer wieder anderen Horrorgestalten, die kurz aufleuchten und wieder verschwinden.
Wir sind jetzt bald zurück in der Stadt und Shariff hält beim Palast an. An einem anderen Tor, als dem bei dem ich gestern in den Garten gegangen bin. Hier stehen keine Touristenschlangen und ich kann den Palast aus einem anderen Winkel fotografieren. Bei dem hellen Himmel kommen heute die Farben der Kuppeln besser zur Geltung. Ich jage noch kurz die Tauben in die Luft um ein Bild mit den auffliegenden Tauben zu bekommen, dann fahren wir weiter. Shariff hat noch einen Trupf im Sack.
Der Jaganmohan Palast war einst Sitz der Könige, heute eine Kunstgalerie.
Beim Eingang werde ich von einem alten Wärter in Empfang genommen. Er will mir wohl den Palast und seine Schätze zeigen.
"Stell dich hierhin, nein, genau dahin. Siehst du den Blick des Mannes im Bild? Jetzt gehst du langsam dort hinüber, sein Blick folgt dir überall hin!"
Ja das sehe ich ich. Aber nicht nur der Blick aus dem Bild folgt mir, auch der alte Mann folgt mir jetzt auf Schritt und Tritt, erklärt mir die Bilder, erklärt mir die Gegenstände, den elefantenköpfigen Ganesha, den grossen Elefantenzahn mit den vielen kleinen geschnitzten Bildern. Die Galerie im zweiten Stockwerk.
Endlich kommen neue Besucher, mein Begleiter traut mir jetzt zu, den Rest des Hauses alleine zu erkunden und wendet sich den neuen Kunden zu.
auf dem Gemälde im zweiten Stock erkenne ich die Aussichtsterrase vom Palast wieder. Hier sass der ganze Hofstaat und überblickte den grossen Garten mit dem Zeremonienplatz.
ich steige über knarrende hohe Holzstufen bis hinauf unter das Dach wo ein grosser Raum mit alten Tapeten und blumenumrankten Säulen ist. Hier werden in Vitrinen viele Kult-Gegenstände aus vergangenen Zeiten ausgestellt. Instrumente, Bilder, Fotos, Götter in all ihren Inkarnationen, Zeremoniengegenstände.
Der allerletzte Raum ist komplett mit Bildern bemalt. An den Wänden sind die Stammbäume der Könige dargestellt, Portraits, Blumen, Götter. Der Raum erschlägt mich fast, würde ihn in Zusammenhang mit der sixtinischen Kapelle in Verbindung bringen, wenn nicht die Themen komplett anders wären. Ich brauche jetzt dringend eine Pause.
Eigentlich hätte ich mir ein Kaffee vorgestellt, wo man sich gemütlich hinsetzen könnte und ein paar Worte plaudern Zum Beispiel über unseren Ausflug von Morgen, doch das Kaffeehaus, in das mich Shariff bringt ist voll von Menschen. Sie alle trinken ihren kleinen süssen Kaffee oder einen Chai. Ein paar essen etwas. Von gemütlich plaudern keine Rede, aber der Kaffee ist gut. Wenn man davon absieht, dass er süss, stark und mit viel Milch gemacht ist. Typisch indisch eben.
Auf dem Weg zum Hotel kommen wir noch an einer grossen Kirche vorbei. Ich hatte sie schon bei Nacht kurz gesehen, jetzt halten wir an. Es ist die St. Philomena-Kirche, erbaut 1936 im neugotischen Stil. Sie sollte dem Kölner Dom nachgeahmt werden.
Also eine erstaunlich junge Kirche. Mich überraschen immer wieder diese vielen vielen christlichen Symbole in diesem hinduistischen Land. Doch Shariff lacht. Hier in Mysore haben wir überhaupt keine Probleme mit der Religion. Meine Freunde sind Muslims, Christen und Hindus. Die Kirchen und Tempel stehen in der gleichen Nachbarschaft. Man arbeitet zusammen, heiratet untereinander. Jeder glaubt an seinen eigenen Gott, ich glaube an jeden. Nein, er will sich nicht festlegen, seine Eltern kamen aus verschiedenen Kulturen, er fühlt sich frei, nirgends zugehörig. So wie übrigens auch sein Freund Ali, den ich vor ein paar Tagen kennen gelernt habe und der sich von allen Religionen losgesagt hat und dabei prophezeit hat, dass sich Indien in den nächsten fünf Jahren komplett ändern würde.
Auf den Stufen der Kirche ist eine Gruppe mit tief verhüllten Frauen und ein paar Männern dabei, sich für ein Gruppenfoto aufzustellen. Ein paar der Frauen tragen schwarze Kaftane und man kann kaum mehr ihr Gesicht sehen, andere tragen lange farbige Kleider.
Ich sehe mir das Innere der Kirche an, die ganz vorne beim Altar ein paar schöne Glasfenster hat. Hinunter zur Krypta komme ich durch einen langen Gang mit Inschriften und Namen vieler Verstorbener wieder an die frische Luft. Es scheint, dass da unter der Kirche in der Gruft ein ganzer Friedhof versteckt ist.
Irgendwie ein wirrer Kulturmix: Adam verführt Maria - oder wie war das noch? Und wo bleibt die Schlange?
Kaum draussen werde ich von einer jungen Frau angesprochen. Sie spricht zwar kein Englisch, aber sie macht mir unmissverständlich klar, dass sie ein gemeinsames Selfie machen möchte. Ein Selfie mit einer Fremden aus einem fernen Land. Die Menschen sind unglaublich offen und kennen keine Berührungsängste.
Nach diesem langen Nachmittag bin ich etwas müde, Shariff fährt mich zurück ins Hotel, wo wir noch kurz den Ablauf des morgigen Tages besprechen. Er wird sich ein Auto besorgen und mich in den Nationalpark fahren. Bin gespannt, was mich da erwartet.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
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