Reise durch Indien

Reisezeit: Juni 2022 - Januar 2023  |  von Beatrice Feldbauer

Safari Bandipura

"Hast du ein Zimmer reserviert?" fragt mich mein Driver, als wir uns am Mittag Bandipura nähern. "Nein, ich dachte, das machen wir spontan, wenn wir da sind, aber ich kann natürlich nachsehen." "Yes please."

Ich wusste ja, das das heute nicht ganz nach Plan laufen würde, hatte schon angefangen, als ich nach dem Frühstück aus dem Hotel kam. Sharif wollte mich in den 80 km entfernten Nationalpark fahren. Eigentlich wollte er ja schon morgens um vier Uhr losfahren, so dass wir bei Tagesanbruch dort wären und ich gleich bei der ersten Safari-Tour mitfahren könnte. Doch ich schlug vor, dass wir später fahren, denn wenn wir da übernachten, kann ich am zweiten Morgen bei der ersten Tour dabei sein und muss nicht schon in aller Herrgotsfrühe aufstehen. Ich weiss ja, dass ich mit dem früh aufstehen Mühe habe.

Also hatten wir uns für eine spätere Abfahrt geeinigt, so dass ich die Nachmittagstour machen könnte

Und dann war da am Morgen ein anderer Fahrer da. "Das ist mein Freund Imran, er wird dich fahren, denn ich muss heute ins Spital. Meine Schwester wurde gestern notfallmässig eingeliefert und ich muss für sie da sein.".

Nun denn, wenn Imran etwas Englisch spricht und sich auskennt, dann ist das in Ordnung. Leider trifft dann beides nicht zu. Imran war noch nie im Nationalpark, die Hotels, die ich ihm aufzähle und die ich buchen könnte, kann er in seinem System nicht finden. Da ich selber auch keine Ahnung habe und ausserdem nicht weiss, wo der Eingang zum Park ist, entschliesse ich mich letztlich spontan für das wohl kurligste Hotel, das ich je gesehen habe. Es sieht aus wie eine Felswand. Eine künstliche Felswand, der Eingang ist eine dunkle Höhle, hinter der der Manager hockt. Aber das Zimmer ist in Ordnung, mit einem grossen Poster an der Wand.

Ob er mir eine Safaritour vermitteln könne, möchte ich wissen, doch er sagt "nein, die sind alle bereits ausgebucht". "Ausgebucht?" "Ja, die Jeeps sind ausgebucht, vielleicht findest du noch einen Platz im Bus."

Er erklärt uns wie wir zum Eingang mit dem Ticketbüro kommen und wir fahren hin. Dort bestätigt man mir, dass die beiden Jeeps tatsächlich bereits ausgebucht wären, das hätte man online buchen müssen. Wenn ich etwas warte, bekäme ich vielleicht noch einen Platz im Bus, meint auch der Angestellte, der im übrigen nicht sehr interessiert aussieht.

Wenn nicht heute, dann eben morgen, so schnell gebe ich die Hoffnung nicht auf. "Nein, auch morgen ist alles ausgebucht", der Angestellte schaut noch einmal nach und ich bin erst einmal sehr frustriert. Ich bin jetzt aber hier, das kann doch nicht sein, dass ich nicht mitfahren kann. Alles Bitten und Betteln nutzt überhaupt nichts, es gipfelt darin, dass mir der Angestellte erklärt, dass er nur angestellt wäre, dass er auf die Buchungen keinen Einfluss hätte und dass sie eben nur zwei Jeeps hätten. Ja, das sehe ich dann auch ein und ich entschuldige mich bei ihm, ist ja tatsächlich nicht seine Schuld. Wir sollten Morgen früh um Viertel vor sechs herkommen, vielleicht komme ja jemand nicht, der gebucht hätte, das käme immer mal vor, meint er dann versöhnlich. Na also, dann fahre ich eben heute mit dem Bus, morgen sehen wir weiter. Dass man online buchen müsste, hatte ich schliesslich nicht gewusst.

Immerhin bekomme ich dann aber doch noch einen Fenster-Platz im Bus. Und auch wenn ich mir kaum vorstellen konnte, dass man mit dem Bus überhaupt Wildtiere sehen könnte, fahren wir gleich als erstes an einer Wildsau vorbei.

"Dort oben", der Fahrer zeigt mit den Händen in die Äste und da oben turnen tatsächlich ein paar Affen durch die Bäume. Und ich merke wieder einmal, wie faszinierend es ist, die Tiere in der Wildnis zu sehen, Auch wenn es nur ein paar Affen sind, es packt einen immer sofort. Mit der Kamera sind die Affen in den Bäumen allerdings nicht zu erkenenn, aber wichtiger ist, dass ich sie gesehen habe.

Wir sind auf Waldwegen unterwegs durch das niedrige Gebüsch, das auf beiden Seiten wächst. Zum Glück ist der Bus robust und die Leute ruhig, ohne aufgeregte Gesten, die die Tiere gleich wieder ins Dickicht vertreiben würden.

Einmal bleiben wir stehen, auf der rechten Seite sind zwei Elefanten soeben aus dem dichten Unterholz gekommen. Leider sitze ich auf der linken Seite des Buses, zwar kann ich die Elefanten sehen, aber durch die Sitzreihen mit den Leuten, die alle ihre Hälse strecken, kann ich die grossen Tiere knapp erkennen.

Zur Versöhnung sehen wir kurz darauf einen grossen männlichen Elefanten, der gleich neben dem Bus gemütlich steht und Gras ausreisst. Auch der steht auf der rechten Seite, aber er ist so nah und so gross, dass auch ich ihn sehen kann.

Die Gegend ist auch ohne Tiere faszinierend

Die Gegend ist auch ohne Tiere faszinierend

Wer kommt da aus dem Dickicht?

Wer kommt da aus dem Dickicht?

Zum Abschluss treffen wir auf unserer Seite noch ein paar indische Bisons Diese massigen Tiere mit den runden Hörnern stehen in den Büschen und glotzen uns an. Eigentlich sehen sie ganz sympatisch aus mit ihrer hohen Stirntolle. Gaur heissen sie und sie scheinen ziemlich weit verbreitet zu sein.

Bevor wir zurück auf die Hauptstrasse einschwenken begegnen wir noch einer grösseren Gruppe dieser getupften Rehe. Es sind Axishirsche und bei ihnen haben auch die erwachsenen Tiere weisse Tupfen auf dem ganzen Fell. Gesehen habe ich sie vor zwei Tagen auch im Zoo und danach gelesen, dass sie in Indien sehr weit verbreitet sind. Sie würden oft auch Bambi genannt. Das zeigt wieder einmal, wie gross der Einfluss von Hollywood-Filme ist. Denn ohne den Walt Disney-Film wäre der Name nicht bekannt.

Ich bin einigermassen versöhnt, als mich Imran zum Hotel fährt. Jetzt bleibt noch die Hoffnung auf Morgen in der Frühe. Ich entlasse ihn mit dem Hinweis, dass er am morgen um halb sechs vor dem Hotel sein solle, was er mir verspricht. Zur Sicherheit tauschen wir noch die WhatsApp Nummern aus.

Im Zimmer falle ich sogleich in einen tiefen Schlaf Ich hatte letzte Nacht kaum ein Auge zu getan, jetzt endlich kann ich den fehlenden Schlaf nachholen. Zum Nachtessen gehe ich ins Restaurant, das wie eine dunkle Höhle gestaltet ist. Wie gesagt, ein sehr spezielles Hotel mit Restauant.

Danach stelle ich den Wecker und bin schon bald wieder im Reich der Träume.

Die Plastikgiraffe will nicht so richtig in die Gegend passen.

Die Plastikgiraffe will nicht so richtig in die Gegend passen.

Das schummrige Restaurant ist wie eine Felsenhöhle gestaltet.

Das schummrige Restaurant ist wie eine Felsenhöhle gestaltet.

Kurz vor halb sechs Uhr morgens schleiche ich aus meinen Zimmer. Im Gang brennt das Licht, aber die Lobby, die 24 Stunden besetzt ist, ist dunkel. Der Höhleneingang mit einem Gitter versperrt. Ich versuche erst ein wenig mit den verschiedenen Hebeln, mit denen das Gitter geschlossen ist, aber ich bekomme es nicht auf. Da spüre ich, wie sich hinter mir etwas bewegt. Es ist der Nachtwächter, der auf dem Sofa geschlafen hat und mit einer dunklen Decke bedeckt war, so dass ich ihn nicht gesehen habe.

Er öffnet das Gitter, ich bin jetzt im Garten. Der Parkplatz vor dem Hotel, wo Imran gestern parkiert hatte, ist leer, das grosse Tor hinaus ebenfalls verschossen. Wo Imran wohl ist?

Ich rufe ihn an, keine Antwort. Dafür ist der Nachtwächter wieder da. Er zeigt mir den Parkplatz neben dem Hotel und da steht tatsächlich der Lucky-Toyota von Imran. Der Nachtwächter leuchtet mit der Taschenlampe hinein, ich rufe noch einmal an. Nach einiger Zeit gibt es Licht im Autoinnern, die Scheiben sind beschlagen. Imran schläft wohl noch, wird jetzt aber etwas unsanft geweckt.

Das Fenster öffnet sich: "Just two minutes, please". Na ja, soviel Zeit muss sein. Kurz darauf startet er den Motor, ich kann einsteigen, der Nachtwächter öffnet das Tor zum Parkplatz, wir fahren zum Eingang des Parks.

Dort sind wir allerdings die allerersten. Es ist noch alles dunkel, der Parkplatz leer.

Erst nach und nach treffen ein paar Autos ein, die Wärter beleuchten das Büro, wahrscheinlich haben sie hinter dem Schreibtisch geschlafen, aber es gibt noch keine Auskünfte. Und dann tatsächlich, kommt einer zu mir, verkündet, dass ich einen Platz in einem der Jeeps habe. Zusammen mit einem indischen Paar können wir uns die Kosten für die Extra-Tour teilen.

Damit habe ich nun tatsächlich einen Logenplatz und pünktich um halb sieben fahren wir als erste los.

Mein heutiges Safari-Gefährt.

Mein heutiges Safari-Gefährt.

Dieser Jeep ist nun wirklich ein Glücksfall. Freie Sicht nach vorne und nach beiden Seiten. Das indische Paar sitzt wenig erhöht und hat die genau gleich gute Sicht. Gleich nach dem Park-Eingang begegnen wir einer kleinen Bison-Herde. Sie drehen zwar gemächlich ab, als wir kommen, aber wir können sie nahe genug sehen.

Danach begegnen wir einer Wildsau, die dabei ist, ein Loch in die Erde zu graben. "Farmer of the wood" nennen wir sie oft, meint der Guide. 'Bauern des Waldes', weil sie den Waldboden beackern.

Über der Gegend liegt noch leichter Nebel, vor kurzem ist die Sonnen aufgegangen und kämpft sich durch die Dämmerung, vertreibt die Nebel, lässt die Erde dampfen.

Wir begegnen ein paar von den Bambi-Hirschen, die meistens in grösseren Gruppen zusammen stehen. Und immer steht ein grosser Hirsch in der Mitte, kontrolliert die Umgebung, lässt seine Uhren in alle Richtungen lauschen. Vor allem in dem goldenen Licht des Morgens sehen die Tiere wunderschön aus.

Und dann begegnen wir tatsächlich einer Gruppe Elefanten. Im Gegenlicht der Sonne stehen sie am Rande der Lichtung, reissen Büschel von Grünzeug aus der Erde und verschwinden gemächlich wieder in den Büschen. Was für eine Begegnung.

Das nächste was uns begegnet ist ein Pfau. Der Pfau gilt in Indien als heilig., er ist der Nationalvogel. Es ist ein junges Männchen, das hier auf der Suche nach Nahrung durch das Gras stolziert. Und nicht weit vom ersten Pfau können wir auf einem Baum einen weiteren Pfau erkennen. Mitsamt seinem langen Schweif flattert er von Ast zu Ast und lässt seinen Blick über die Gegend schweifen. Ein stolzer Anblick, auch wenn sie Farben im Gegenlicht der Sonne noch nicht zum Leuchten kommen.

Wir fahren weiter durch das Gelände, kommen an kleinen Wasserstellen vorbei, fahren auf den schmalen Fahrspuren, die durch den Regen in der Nacht völlig aufgeweicht sind. Hier kommt man tatsächlich nur mit dem Vierradantrieb und den hohen Rädern durch. Manchmal überqueren wir eine Furt mit Wasser, und der Driver muss genau aufpassen, wie er die Spur auf dem weichen Untergrund behält. Und ich suche das Ufer ab, ob nicht vielleicht doch irgendwo ein Tiger hier seinen Durst stillt, oder irgendwo auf dem Ast eines abgestorbenen Baumes liegt.

"Kann man überhaupt Tiger sehen?" will ich vom Guia wissen, der mit dem Fernrohr neben dem Driver sitzt. "Ja", meint er, "manchmal hat man Glück, gestern haben wir einen gesehen". Dann will ich also weiter hoffen und mich intensiv umsehen.

Tiger haben wir keinen angetroffen, aber eine kleine Herde Elefanten. Drei weibliche Tiere sind es, die rechts aus dem Dickicht kommen. Erst auf den zweiten Blick können wir dabei die beiden Kleinen entdecken. Sie bleiben gut geschützt ganz nahe bei ihren Müttern in der Mitte der Gruppe. Das Baby ist gerade einen Monat alt, weiss der Guia und es sucht immer wieder die Zitzen seiner Mutter.

Andächtig sehen wir zu, wie die Mütter Gras ausreissen und es in den Mund führen oder über den Rücken werfen. Als Abwehr gegen Ungeziefer weiss der Guia und um den Körper zu kühlen.

Es ist fantastisch, diesen Giganzen zuzusehen, wie sie hier ungestört leben, die paar Jeeps, die täglich durch das Gelände fahren, scheinen sie nicht zu stören. Der Park ist 830 km2 gross, das ist doppelt so gross wie der Kanton Glarus in der Schweiz und grenzt ausserdem an zwei weitere Naturparks und Wildreservate an. Es ist also ein riesiges Gebiet, in dem die Tiere sich frei bewegen können.

Wir begegnen noch einmal einer kleinen Gruppe Bisons. Einer wird dabei von einem Vogel grad auf Ungeziefer untersucht. Dann fahren wir zurück zur Hauptstrasse, wo wir noch einmal ein paar Tupfenhirsche,. Axishirschen begegnen.

Genau zwei Stunden nachdem wir zur Tour gestartet sind, kommen wir zurück zum Ausgang. Imran bringt mich zurück zum Hotel, wo ich noch kurz dusche und zum Frühstück gehe. Imran hat inzwischen beim Kiosk am Eingang gegessen, so dass wir bereit sind für die Rückfahrt.

Korallenstrauch, im Garten des Hotels gefunden.

Korallenstrauch, im Garten des Hotels gefunden.

Kurz nach Mittag bin ich zurück im Hotel in Mysone. Den Nachmittag verbringe ich mit Fotos sortieren und lesen. Ich merke, dass ich noch nicht ganz bei Kräften bin und mich immer wieder schonen muss. Aber mit der momentanen Mischung zwischen Ausflügen und Ausruhen geht es wunderbar.

Ausserdem ist das Essen im Hotel sehr gut. Indisch mit viel stark gewürzten Masalas und Reis.

Ich glaube ich habe es schon erwähnt, aber ich sehe tatsächlich hier niemanden, der Wein trinkt. Auch eine Bierdose kann ich am Abend nur sehr vereinzelt auf einem Esstisch sehen. Vor allem wird wohl einfach Wasser zum Essen getrunken. Und zum Frühstück ein Saft und ein Chai.

Ich selber wechsle beim Frühstück zwischen indisch und europäisch mit Toast/Marmelade und Müesli.

indisches Frühstück mit einem Chai

indisches Frühstück mit einem Chai

europäisches Frühstück mit Cappuccino - fehlt noch Cornflakes oder Müesli.

europäisches Frühstück mit Cappuccino - fehlt noch Cornflakes oder Müesli.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht wieder los. Vier Monate ist es her, seit ich von meiner Südamerikareise zurück gekommen bin. Sieben Monate war ich unterwegs. Und jetzt stehe ich vor einem neuen Start. Mein Traum ist das Taj Mahal. Mein Ziel heisst Indien.
Details:
Aufbruch: 01.06.2022
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 30.01.2023
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Indien
Indonesien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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