Reise durch Indien
Nachtbus nach Goa
Jetzt sass ich also da in dem Ticketbüro. Laufend fuhren Busse vor, Leute stiegen ein, Leute stiegen aus, aber mein Bus war nie dabei.
Mehrmals fragte ich einen der ständig wechselnden Angestellten, die die Passagiere den Busse zuordneten, aber man vertröstete mich dauernt. Noch 15 Minuten, 5 Minuten Mem, Ihr Bus wird bald kommen... Die Zeit verrann und irgendwann war es soweit, ich sollte einem der Angestellten folgen. Er nahm meinen Koffer und rannte voraus, während ich ihm auf die andere Strassenseite folgte. Bisher hatten alle Busse direkt vor dem Büro angehalten, das hier war eher ungewohnlich. Immerhin stand gross GOA auf dem Bus und was blieb mir anderes, als einzusteigen.
Zuerst wusste man noch nicht so richtig, wo man mich unterbringen sollte, dann meinte der Chauffeur, es wäre nicht der richtige Bus, also wieder raus. Und als ich dann so auf dem Platz stand und der Chauffeur mit irgend jemandem telefonierte, winkte er mir doch wieder. Trotzdem ensteigen. Und gleich in die obere Koje ganz vorne. Da die untere ebenfalls noch frei war, setzte ich mich dahin, ich wollte nicht mitten in der Nacht von da oben heruntersteigen, wenn es zu einem Halt käme.
Und das Thema Halt beschäftige mich dann die ganze Nacht.
Inzwischen sind ein paar Tage vergangen, die Nacht ist nicht mehr so präsent und ausserdem habe ich sie ohne grösseren Schaden überstanden, aber tatsächlich wurde es letztlich zu einem Problem, denn ich hatte keine Ahnung, ob es einen WC-Halt gäbe, und wenn ja, wann.
Endlich, nach Mitternacht, gab es eine kurze Entlastung mit einem 10 minütigen Halt irgendwo im Nirgendwo. Danach ging es weiter durch die Nacht. Nein, ich habe keine schwache Blase und ich kann mich in der Regel recht gut organiieren, aber gegen morgen merkte ich zusätzlich zum Drang der Blase, dass wir gar nicht meinen vermeintlihen Zielpunkt ansteuern, sondern im Gegenteil einen grossen Bogen darum herum machen, obwohl wir uns ihm bereits bis auf 60 km genähert hatten. Mit meinem GPS kann ich genau sehen, wo der Bus fährt und dass der sich immer mehr von meinem Ziel entfernte, machte mich zusätzlich unruhig. Eigentlich hätte ich inzwischen ankommen sollen, aber der Bus fuhr weiter in den Morgen hinein.
Ich fragte einen Passagier, der neben meiner Koje auf einem Sitz sass und sich die Schuhe anzog. Vielleicht gab es nächstens einen Halt. Er erklärte mir dann, dass dieser Bus die nördliche Route fahre. Es könne vorkommen, dass man Passagiere, die die südliche Route gebucht haben, auf die nördliche umsetze, wenn der Bus nicht fahre, was wohl heute der Fall gewesen sei. Keine Angst, du kommst schon an dein Ziel, aber das dauert noch ein paar Stunden. Ausserdem haben wir bereits eine Stunde Verspätung.
Er ging dann aber nach vorn, um zu fragen, wann es eine Stopp gäbe und kam mit der Meldung zurück: Bald. Wir werden anstehen müssen, lachte er dann: Du, ich und die beiden Passagiere, die schon vor über einer Stunde beim Chauffeur waren.
Wie gesagt, ich habs überlebt. Es waren am Schluss 16 lange Stunden im Bus und als wir endlich an der Endstation Margao ankamen und man mir den Koffer aus dem Bus hob, mich ein paar Tuktukfahrer bedrängten, brauchte ich nur noch eines: Eine Toilette. "Ich brauche ein Taxi nach Agonda, aber zuallererst eine Toilette", konnte ich noch erklären, worauf mir der einzige Taxifahrer zeigte, wo die Toiletten seien und danach meinen Koffer in sein Auto hievte.
Ich war bereits ein paar Schritte gelaufen, als ich mich noch einmal umdrehte und ihn mitsamt seinem Taxi fotografierte. Für alle Fälle. Konnte ja meinen Koffer schlecht über den ganzen Platz mitschleppen. Vom Zeitfaktor mal abgesehen.
Es wurde dann eine gemütliche einstündige Fahrt mit Ismail. Am ZIel angekommen, merkte ich schnell, dass ich mich hier wohl irgendwie am Ende der Welt befand, aber im Booking wurde das zum Hotel gehörige Restaurant gelobt, durch das offene Fenster konnte ich das Meer hören und das Bett war äusserst bequem.
Also erst einmal richtig durchschlafen.
Stunden später machte ich einen kurzen Spaziergang ans Meer. Am Strand sassen ein paar Einheimische und sahen der Sonne zu, soweit man sie überhaupt hinter den Wolken erkennen konnte.
Vom Flower Power, der vor 50 Jahren für die Bekanntheit von Goa gesorgt hatte, war überhaupt nichts zu spüren. Im Gegenteil, so ruhig, hatte ich mir meinen Aufenthalt in Goa nicht vorgestellt.
Zurück im Hotel bestellte ich etwas zu essen. Scampi mit Knoblauch und Pommes. Was für eine Überraschung und angenehme Abwechslung nach all den Gemüsecurrys mit Reis.
Ich beschloss, dass ich den Aufenthalt für eine Pause nutzen werde und stellte mich auf eine ruhige Woche ein.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
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