Reise durch Indien
Chandigarh
Ich bin angekommen, in Chandigarh, einer Stadt, von der ich noch nie etwas gehört hatte. Gewählt hatte ich sie, weil sie auf halbem Weg nach Rishikesh liegt und ich mit dem Bus weiter reisen wollte, aber die direkte Reise wäre zu lang gewesen.
Als ich dann aber vor der Abfahrt mein Ziel ergoogelte, entdeckte ich spannende Informationen über Chanidigarh. Es ist eine neue Stadt, vor knapp 70 Jahren, 1953 eingeweiht. Geplant und erbaut wurde sie vom schweizerisch/französischen Architekten Le Corbusier. Seit Jahren besuche ich immer wieder einmal die kleine Kapelle Le Ronchamp in Frankreich, die von Corbusier erbut wurde und die mich immer wieder begeistert, es ist also an der Zeit, mehr von ihm zu sehen.
Im Moment sehe ich nur die Aussicht von meinem Balkon, der sich rund um das lange Gebäude zieht. Es ist ein Wohnblock mit verschiedenen Funktionen. Auf der einen Seite oben das Hotel, in der Mitte das exklusive Restaurant und unten Gewerberäume, die zur Zeit nicht benutzt werden. Daneben wahrscheilich Wohnungen und ganz am Ende des Blocks noch einmal ein Hotel.
Mein Balkon. Leider fehtl ein Tisch aber er scheint eh mehr als Ablagefläche für Putzmaterial zu dienen.
Nachdem ich ausgeschlafen habe, suche ich am Morgen ein Restaurant, das Frühstück servieren würde und finde einen Hinweis auf ein Lokal im 4. Stock eines anderen Wohnblocks.
Allday Breakfast - steht da auf der Glastüre. Genau richtig, dann werden die das wohl auch jetzt um zehn Uhr noch servieren.
Frühstück? der Kellner schaut mich etwas irritiert an. Wir sind noch nicht bereit, haben eben erst geöffnet. Es gibt dann aber doch eine Omelette und einen richtig feinen Cappuccino. Na also, der Tag kann beginnen.
Zurück im Zimmer starte ich rasch den Laptop, will etwas nachschlagen und bleibe hängen. Bin am Schreiben und kann mich nciht mehr losreissen. Wenn es läuft, muss man es nutzen. Es wist darum später Nachmittag, als ich aus dem Hotel komme, wo mich einer der bereit stehenden Tuctuc-Fahrer anspricht.
Wohin willst du? Zur Hand, 'the open hand'.
Er braucht einen Moment, bis er versteht, Und dabei ist die offene Hand das Symbol der Stadt. Die offene Hand zum Geben und zum Nehmen.
Die Strassenteilnehmer bleiben auch auf den breiten Strassen die gleichen: Autos, Motorräder, Fahrräder, Ritschkas.
In den breiten Zonen neben den 2-3-spurigen Strassen: breiter Radweg, Zufahrtsstrasse zu den Parkplätzen, Bäume, Grünflächen, wenn keine Parkplätze da sind.
Wir fahren über eine der breiten Hauptstrassen zum Sektor 1. Das ist eine Sektorlänge, 2,5 km. Schon diese Fahrt zeigt, wie unterschiedlich Chandigarh im Vergleich zu anderen indischen Städten ist. Ja eigentlich zu jeder anderen Stadt auf der ganzen Welt. Sie ist komplett in Sektoren eingeteilt, in denen grosse Betonwohnhäuser stehen. Überall fast die gleichen. An einigen Orten gibt es zusätzlich rote Ziegelsteinblocks.. Zwischen den Sektoren liegen breite Strassen und noch breitere Grünzonen mit vielen Bäumen. Die Strassen sind 2-3-spurig auf jeder Seite mit einem Streifen grün in der Mitte und Blumenrabatten an den Seiten. Diese bieten zwar jetzt im Herbst nicht mehr viel. Dazu kommen lange Baumalleen.auf beiden Strassenseiten.
Das Tuctuc lädt mich irgendwo in der Nähe der Statue bei einem riesigen Kreisel aus. Ich versteht nicht ganz, aber den Rest sollte ich wohl zu Fuss gehen.
Wahrscheinlich ist es der High Court, das hohe Gericht, jedenfalls verkehren hier lauter Männer in offiziellen Anzügen.
Ich versuche, mich mit dem Navi zu orientieren, finde aber den Zugang nicht. Ich komme nur zu einem riesigen Parkplatz, Dafür finde ich einen Geldautomaten, was auch nicht zu verachten ist, denn meine Finanzen brauchen dringend Auffrischung. Aber weiter komme ich nicht, es scheint, dass ein langes Gebäude, das hinter Bäumen steht, den Zugang zu der Statue verstellt. Ich bin ganz in der Nähe, soviel steht fest. Irgendwie versuche ich, einen riesigen Bogen um das Haus zu machen, das mir im Wege steht. Es muss sich um eines der offiziellen Gebäude handeln, allerdings um die Rückseite. Wahrscheinlich der High Court, das Gerichtsgebäude.
Nach einigen Irrwegen gehe ich zurück über die breite Strasse, zwischen ausgedehnten Grünanlagen und komme zu einem Checkpoint, wo mich ein Polizist, oder ist es ein Soldat? zurückhält. Kein Zutritt. Zugang versperrt.
Ab hier geht es nur mit einer offiziellen Tour weiter, erklärt er mir. Capitol Complex, wo man sich anmelden könne, sei gegenüber auf der anderen Seide des Kreisels. Also überquere ich die Strasse und gehe zu dem kleinen Betonbau, der aber verschlossen ist. Touren täglich um zehn, zwölf und drei Uhr Nachmittags steht auf dem Anschlag neben der Türe.. Man soll eine ID in Papierform dabei haben und mindestens eine Viertelstunde vor Beginn heir sein.
Also ist das auch geklärt. Jetzt wäre es eh schon zu spät für eine Tour, es wird hier schnell dunkel, die Sonne geht schon um halb sechs unter. In jeder anderen Stadt könnte man sich so ein Denkmal die ganze Nacht ansehen, hier ist alles anders.
Also mache ich mich auf den Rückweg und folge der breiten Strasse. Diesmal auf dem Grünstreifen an der Seite. HIer gibt es einen Radweg, auf dem ich gemütlich laufen kann, daneben Rasen oder gesandete Flächen, hohe Bäume, so dass es im Sommer angenehm schattig ist. Und immer wieder grosse Parkplätze.
Die Stadt ist wie aus einer anderen Zeit gefallen. Aus einer Zeit, in der dem Auto noch die absolute Zukunft gehörte, als man noch an eine uneingeschränkte Entwicklung der individuellel Mobilität glaubte. Man gab dem Verkehr unendlich viel Platz, aber es wurde auch darauf geachtet, das der Verkehr vom Wohnen abgetrennt ist. Darum gibt es hohe Mauern zwischen den Wohnsektoren und den Strassen.
In gewissen Abständen gibt es kleine Durchgänge für Fussgänger, um in die Wohnsektoren zu gelangen und an ein bis zwei Orten gibt es auch Strassen, auf denen man mit dem Auto oder Tuctuc in die Sektoren fahen kann. Auch hier gibt es wieder grosse Parkplätze. Nicht unterirdisch, was in dieser Stadt Sinn machen würde, doch für diese Idee war es vor 70 Jahren wohl einfach noch zu früh.
Über die grossen Strassen gibt es bei den Kreuzungen mit den riesigen Kreiseln sogar Fussgängerstreifen, aber sie haben überhaupt keine Funktion. Vortirtt hat immer das Auto und oft beschleunigt es kurz vor dem zögernden Fussgänger um ihm vor den Füssen den Weg abzuschneiden. Ziemlich gefährliche Manöver, die ich zwar von anderen Städten auch kenne, allerdings ohne Fussgängerstreifen. Als irgendwann ein Tuctuc vorbei fährt, halte ich es an und lasse mich zurückfahen in den Sektor 17.
Die letzten Schritte mache ich zu Fuss und komme an einem grossen Hotel vorbei, wo ich hinein gucke, um zu sehen, ob das Restaurant offen sei.
Zum Bali? Fragt mich der Concierge, der vor dem Eingang steht. An Bali hätte ich jetzt zuletzt gedacht, aber es stellt sich heraus, dass das Roof-Top-Restaurnat so heisst. Also fahre ich mit dem Lift hinauf in den 4. Stock, gehe die letzte Treppe zu Fuss und bin in einer anderen Welt.
Bali, die Blumensinsel. Bali, das Roof-Top-Restaurant des Hotels Oyster. Viele Blumengirlanden, gedimmte farbige Beleuchtung, gedämpfte Musik aus versteckten Lautsprechern, bequeme Sessel in der Lounge und schön gedeckte Tische. Und komplett leer. Ich bin wohl einfach noch zu früh. Lasse mir einen Pina Colada bringen und reflektiere die letzten beiden Stunden, die ich in dieser eigenartigen Stadt verbracht habe, die sich in ihrer Werbung als die schönste Stadt Indiens anpreist. Später bestelle ich die marinierten gedämpften Riesencrevetten mit Gemüsestreifen.
Immerhin bin ich in dem schönsten Restaurant Chandigarhs gelandet. Das versichert mir jedenfalls der Kellner und ich bin versucht, ihm zu glauben.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
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