Reise durch Indien
Kochi - Backwaters
Ich habe gestern noch meinen nächsten Aufenthalt gebucht. Drei Wochen Ayurveda-Kur. So etwas habe ich noch nie gemacht und ich bin auch schon neugierig, wie ich das durchhalte. Habe eine ungefähre Ahnung, was mich erwartet, denn eine Freundin war schon öfters hier in Kerala. Aber nicht da wo ich jetzt gebucht habe. Ich habe mich ohne Empfehlung für dieses Resort entschieden und bin schon sehr gespannt.
Ausserdem habe ich einen Flug für übermorgen gebucht und mit Erstaunen festgestellt, dass nur 15 Kilogramm Aufgabe-Gepäck erlaubt sind. Wo ich doch so stolz war, dass ich es mit 20 Kilogramm geschafft habe. Werde mir etwas einfallen lassen.
Heute muss ich mich erst noch um einen Covid-Test kümmern, der ist Vorschrift für das Ayurveda-Resort.
An der Rezeption empfiehlt man mir das Spital in Kochi, worauf ich mit einem TuckTuck hinfahre.
Im offenen Empfangsraum stehen und sitzen schon einige Leute und nach einer Weile merke ich, dass das länger dauern könnte. Also frage ich eine Angestellte, wo ich mich für einen Covid-Test melden könne. Ich bekomme ein Formular zum Ausfüllen und darf das dann gleich am nächsten Schalter abgeben. Darauf holt mich eine Frau im weissen Kittel ab. Sie tippt meine Daten in ihren Computer, wobei sie nicht etwa vom Formular abliest, ich muss es ihr noch einmal diktieren, resp. sie schaut sich meinen Pass an und will mein Covid-Zertifikat sehen.
Dann bekomme ich das Stäbchen in die Nase und eines in den Rachen. Fertig.
Das Ergebnis wird man mir mitteilen Per WhatsApp oder per Mail. Am späten Nachmittag sollte ich es haben.
Schon bald fahre ich wieder mit dem Schiff hinaus zum Fort Kochi. Komme mir schon fast wie eine Einheimische vor, immerhin bin ich auch heute wieder die einzige Europäerin.
Faisa habe ich meine Ankunft mitgeteilt und so werde ich bei der Ankunft auch bereits erwartet. Noch einmal fahren wir zu den Fischernetzen, doch auch diesmal hängen sie wieder an ihren Stangen. Am Morgen wären sie im Wasser gewesen, erzählt Faisa, aber inzwischen sind sie längst wieder in der Höhe. Werde sie also nicht in ihrer Funktion sehen können.
Wir haben aber heute eh ein ganz anderes Ziel. Faisa will mich zu den Backwaters bringen. Bereits hatte ich überlegt, wo die hier auf der Insel sein könnten, doch bald merke ich, dass wir über verschiedene Brücken zurück zum Festland fahren. Das hätte ich auch einfacher haben können, erkläre ich ihm lachend Da hätte ich nicht erst hinaus zur insel fahren müssen. Aber dann wärst du nicht mit mir gefahren, erklärt mir Faisa schmunzelnd. Stimmt, es wäre zwar praktischer gewesen, mit einem Transporter von der Promenade zu fahren. Dort wo man mir schon am ersten Tag eine Fahrt zu den Backwaters verkaufen wollte. Stattdessen fahre ich eine lange Strecke mit dem Tucktuck und bekomme damit eine bessere Übersicht über die Geografie der Gegend und ausserdem werde ich eine exklusive Privatfahrt mit dem Boot haben.
Bald darauf bin ich unterwegs. Es scheint, dass ich das einzige Boot bin, das unterwegs ist. Mein Bootsführer heisst Ansil. Wir kommen auf einen kleinen See, wo wir ein Kampf zwischen einem Seeadler und einem Kormoran um einen gefanenen Fisch beobachten können. Der Kormoran kann den Angriff abwehren, indem er kurz untertaucht, der Adler muss unverrichteter Dinge aufgeben. Ich bin überrascht, so viele Seeadler zu sehen, die ihre Runden über dem Wasser drehen.
Wir verlassen den See und fahren in einen schmalen Kanal. Die Wasseroberfläche ist fast komplett bedeckt von Wasserpflanzen. Ansil fährt direkt in die grüne Pracht, Er teilt mit seinem Boot die Wasserhyazinthen, bahn sich einen Weg durch das Grün. An den Ufern wachsen Büsche, wovon einige Mangroven sind. Diese Bäume, die in diesem Gemisch von Süss- und Salzwasser leben. Sie haben sich mit ihren langen Wurzeln an das auf und ab des Wasserspiegels gewöhnt.
Im stillen Wasser spiegeln sich die hohen Palmen und ich werde ganz andächtig. Mit dem Boot durch diese grüne Welt hat mich schon immer fasziniert. Es ist ein Privileg, allein hier zu sein. Keine Mitfahrer, die mit ihren Gesprächen die Stille zerstören, keine andere Boote, die Wellen schlagen und die Spiegelungen im Wasser zerstören. Nur unser Boot, das mit gedrosseltem Motor durch dieses grüne Paradies tuckert.
Irgendwann im Laufe der Geschichte wurden diese Backwaters angelegt. Kleine Seen, schmale Kanäle, Wasserläufe, die das frühere Sumpfland in fruchtbare Flächen verwandelte. Hier wird Reis angebaut, wachsen Kokospalmen, man kann fischen und die Wasserwege werden für Touristenausflüge genutzt. Ich habe Glück, zur Zeit scheint niemand sonst unterwegs zu sein, ausser ein einsames Fischerboot, dem ein paar Kormorane folgen, auf der Suche nach einfacher Beute.
Am Ufer sehe ich einen Mann, der auf eine Palme steigt und uns von dort oben zuwinkt.
Weiter vorne stehen zwei Männer, denen Ansil zuwinkt, und die wir jetzt ansteuern. Sie scheinen hier zu fischen, sie zeigen mir ihr Netz wo sie eine grosse Krabbe gefangen haben. Ich kann eine Kokosnuss kaufen. Danach darf ich in ein Ruderboot umsteigen und einer der Männer rudert mich hinaus auf den kleinen See.
Zurück beim Motorboot steige ich um, wir verabschieden uns von den beiden Fischern und fahren zurück zum Ausgangspunkt. Auf dem See versammeln sich hunderde von Kormoranen. Sie sitzen im Wasser, nur noch ihre langen Hälse ragen aus dem Wasser. Anders als bei den Enten bleibt ihr Körper beim Schwimmen unter Wasser. Als wir uns nähern, fliegen sie alle auf. Aufgeregtes Flattern, langgestreckte Hälse.. Auch den einen oder anderen Seeadler kann ich in der Meute entdecken,
Bei den dicken Pfeilern von denen ich nicht weiss, ob hier eine Brücke entstehen soll oder ob eine gestanden ist, oder ob ein Bau abgebrochen wurde, begegnen wir einen einsamen Fischer, der sein Netz einholt. Dann kommen wir auch schon bei der Anliegestelle wieder an, wo mich Faisa erwartet. Es war ein wunderschöner Ausflug mit dem Boot.
Beim Wegfahen begegnet uns ein kleiner Bus, voll mit Menschen, die jetzt wohl mit einem der grösseren Boote in die Backwaters fahren werden. Schön, dass wir früh genug waren. So hatte ich die Ruhe für mich.
Wir fahren zurück nach Fort Kochi, aber unterwegs will ich noch das Folklore-Museum von Kerala besuchen. Das auffällige Haus war mir schon auf der Hinfahrt aufgefallen. Also halten wir an, Faisa wartet draussen.
Das Museum wurde von einem Sammler gegründet. Die ausgestellten Sachen wurden zusammen getragen. Inklusive des aufwändigen Treppenhauses und der fantastischen geschnitzten Decken. Jedenfalls so verstehe ich es von einer der Verkäuferinnen, die im Inneren ihre kleinen Souvenirshops führen. Man kann Kunsthandwerk, Schmuck und Textilien kaufen.
Leider gibt es keine Führung und auch keine Beschreibung der vielen Objekte. So schlendere ich etwas verloren zwischen all den Figuten und Skulpturen von verschiedenen Göttern aus allen Epochen.
Es gibt Schnitzereien, Steinarbeiten, Türen, die früher Tempel oder Paläste schmückten, Wandteppiche, Kleider. Thematisch sortiert aber leider ohne mir ersichtlichen Zusammenhang. Eindrücklich ist die Sammlung aber trotzdem.
Aufgefallen sind mir die farbigen Kleider der Tänzer in den Vitrinen und die erotischen Bilder an den Wänden.
Diese Form sei sehr typisch fü Kochi, erklärt mir die Schmuckverkäuferin, die mir gern noch viel mehr zeigen würde.
Wir fahren weiter, aber noch einmal möchte ich anhalten. Ich habe ein grosses Restaurant entdeckt, hier möchte ich etwas essen Auch hier mag Faisa nicht mitkommen, obwohl es eindeutig ein Ort ist, wo vor allem Einheimische verkehren. Er hätte vorhin etwas gegessen, als ich im Museum war.
Ich versuche mich auf der grossen Speisekarte zu orientieren und beselle Reis mit Hühnchen. Ich bekomme eine grosse Platte mit Reis, etwas Salat und ein Stück Paulet. Dazu einen Löffel und einen Teller. Und Gabel und Messer? Am Nebentisch sehe ich wie die Leute mit dem Fingern essen. Nur zum Schöpfen brauchen sie den grossen Löffel. Ich werde mich also noch mit einigem auseinandersetzen müssen. Für den Moment habe ich allerdings keine Lust dazu und ich frage nach Besteck, worauf ich immerhin eine Gabel bekomme. Mit dem Stück Fleisch habe ich trotzdem meine Mühe. Ob ich vielleicht ein Besteck kaufen und in der Handtasche mitnehmen soll. Scheint mir eine gute Idee zu sein.
Wir fahren zurück zur Bootsanlegestelle. Ich habe noch keinen Bescheid vom Spital wegen meinem Test vom Vormittag, vielleicht muss ich da noch einmal vorbei gehen. Da, ich habe mich soeben von Faisa verabschiedet, bekomme ich die Nachricht. Man will wissen, wo ich untergekommen bin und ausserdem braucht man meine lokale Telefonnummer. "Die hab ich nicht", schreibe ich zurück. "Nur die, mit der sie gerade korrespondieren."
"Das reicht nicht, wir brauchen eine lokale Nummer, das System verlangt eine, sonst können wir ihnen den Test nicht schicken."
*Kannst du noch einmal zurück kommen?" frage ich Faisa per WhatsApp. Zum Glück ist er nicht weit, er war nur im Teeehaus ein paar Meter weiter. Ich erkläre ihm, mein Dilemma und darf seine Nummer verwenden.
"In einer halben Stunde haben sie ihr Ergebnis." bekomme ich als Antwort, es scheint also zu funktionieren. Bis dahin lädt mich Faisa zu einem Tee ein. "Nein", meint er auf meine Frage, "das ist kein Lokal ausschliesslich für Männer, es kommen nur kaum Frauen hierher." Ich merke nämlich dass ich hier unter lauter Männern sitze.
Nach knapp 30 Minuten erhalte ich tatsächlich mein Testergebnis. Auf meine normale Handynummer. Es ist negativ.
Jetzt fahre ich mit dem Boot zurück, ich muss packen, mein Flug geht morgen in der Frühe.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
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