Reise durch Indien
Ayurveda - 2. Woche
Zuerst ein paar Bilder von der Beach, die, so glaube ich, für sich selber sprechen. Das Meer ist zu dieser Zeit extrem rauh, die Wellen kommen meterhoch daher, niemand traut sich ins Wasser. Ausser den Fischern, aber das ist eine eigene Geschichte.
Das Resort hat hier einen kleinen Strandabschnitt wo die ganze Zeit zwei Life-Guards auf die Gäste warten und ihnen einen Liegestuhl mit Badetuch zur Verfügung stellen. Auch einen Sonnenschirm stellen sie auf. Sie sind unglaublich hilfsbereit, lassen mich den Stuhl keinen Zentimeter selber verschieben. Da nur wenige Gäste herkommen, bemühen sie sich, den wenigen, die kommen, den Aufenthalt so bequem wie möglich zu machen. Manchmal kommt ein Verkäufer vorbei, will Schals verkaufen, oder Tischtücher. Ich muss jedesmal abwinken, ja ich bin soweit, dass ich sie gar nicht mehr beachte. Werde wohl kein gutes Karma einholen hier., denn als ich sehe, wie sich die Frau mit den Früchten freut, als ihr eine Kokosnuss abkaufe, merke ich, dass sie heute noch gar nichts verkauft hat. Dass ich dafür 100 Rupien bezahlt habe, ist vielleicht zu viel, aber es war ihr erstes Geld heute. Um 17.00 Uhr. Genausowie die Kartenverkauferin mit ihren selbstgemalten Bildern auf Blättern.
Schwierige Zeiten für die Menschen hier. Der Tourismus fängt er wieder ganz langsm an.
Jetzt bin ich bereits zwei Wochen hier und es gefällt mir immer besser. Tatsächlich war ich in den ersten Tagen etwas irritiert, weil die Gäste nur deutsch gesprochen haben. Habe mich zuerst etwas zurückgezogen, wollte jetzt einfach nicht deutsch reden, wollte keine Deutschen treffen. Allerdings hätte ich mich genauso verhalten, wenn die Gäste Schweizerdeutsch gesprochen hätten. Nachdem ich bereits 10 Tage allein unterwegs war und mich auf Indien eingestellt hatte, passte das einfach nicht in meine Vorstellungen.
Nachdem mich aber ein Wiener angesprochen hatte, konnte ich nicht mehr verstecken, dass ich deutsch spreche worauf sich mit Rudi und Ernestine aus Wien eine schöne Freundschaft entwickelt hat. Nach und nach lernte ich auch andere Gäste kennen. Und schätzen. Inzwischen sind die Gäste internationaler geworden. Da ist der neugierige indische Geschäftsmann, der am Anfang von Tisch zu Tisch ging und sich bei den Gästen erkundigte, wie es geht, woher man kommt und was man so mache im Leben. Erst später habe ich gemerkt, dass er gar nicht von der Hotel-Administration ist, wie ich das zuerst vermutet hatte, sondern einfach einer der Gäste. Ein sehr sympathischer im Übrigen, der hier mit seiner Schwester eine 10-tägige Ayurveda-Kur macht. Oder die belgische Sängerin, die mit ihren drei Teenager-Girls eine Auszeit nimmt. Sie sei sogar eine bekannte Sängerin, weiss die junge Afrikanerin aus Ghana. Auch mit Anna aus Irland habe ich mich angefreundet und kurz ein paar uralte Erinnerungen an Dublin aufgefrischt, wo ich vor tausenden von Jahren Englisch gelernt habe. Alex, der eigenartige Australier mit der Halbglatze und dem Zopf auf der anderen Kopfseite, der in Norwegen wohnt, ist mit seiner Mutter für ein paar Tage hier. Und dann ist da noch der Heiler aus Österreich, der es schafft, seine Hoso so weit unten zu lassen, dass man von seinem nackten Hinterteil immer wieder unerwünschte Ansichten bekommt. Die Gäste sind also äusserst vielseitig geworden.
Es gibt zwar ein paar Ehepaare hier und sogar ein paar Männer, jüngere und ältere, aber die Hauptgäste sind doch alleinreisende Frauen jeden Alters. Einen Aufenthalt in einem Ayurveda-Resort kann ich also Frauen nur empfehlen. Allein oder zu zweit. Man findet auf jeden Fall Anschluss, kann sich aber nach Bedarf auch bestens zurückziehen.
In dieser zweiten Woche habe ich verschiedene Ausflüge gemacht, für die der Chauffeur des Resorts zur Verfügung steht.
Den Rest der Zeit geniesse ich für mich, liege am Pool mit meinem Reader, schlafe, döse und ärgere mich, dass mein Internet, das ich mir in Kochi besorgt hatte, erst ab Mitternacht richtig funktioniert. Das ist zwar zu anderen Zeiten durchwegs meine Zeit, aber hier geht es um Entspannung, um Runterfahren, um Relax. Da passt mein ständiges Einloggen und Versuchen und dann wieder Aufgeben nicht richtig. Trotzdem habe ich versucht, den Blog von den Tagen vor der Kur irgendwie aufzuarbeiten. War allerdings eine Tortur und ich verzichte daher auf aktuelle Meldungen, bleibe bei den täglichen 5-6 Bildern in Status und Facebook.
Einen grossen Teil meines Tagesablaufs wird von den täglichen Massagen bestimmt. Inzwischen wurden die Behandlungen mit den Kräuterstempeln, die im Wasserdampf erhitzt wurden, abgelöst mit Kräuterstempeln, mit denen warmes Öl auf dem ganzen Körper verteilt wird. Ausserdem habe ich dreimal den Stirnguss genossen. Dabei wird über dem Kopf ein Topf aufgehängt mit warmem Öl. Dieses wird in kreisenden Bewegungen auf die Stirn gegossen. Das dauert eine halbe Stunde und bringt mich in einen dösenden Halbschlaf. Bei Ayurveda geht es nicht um die Massage oder Lockerung der Muskeln, es geht tiefer, es sollen alle Sinne angesprochen werden. Die Seele soll gesunden und dadurch wird auch der Körper sich besser fühlen. Ich merke, dass ich seit ich hier bin, besser durchatmen kann, Allerdings komme ich hier auch nie zu einer Anstrengung. Das Anstrengendste ist die Rückkehr vom Strand, wo ich manchmal am Morgen den Fischern zusehe.
Nach dem täglichen Arztbesuch, bei dem die Ärztin oder der nette junge Arzt wissen will, wie es mir geht, beginnt um elf Uhr die Behandlung. Sie dauert zwei Stunden. Darin inbegriffen ist meistens auch eine Gesichtsmassage – ich hoffe, das kann man am Schluss sehen. Danach gehe ich meistes direkt zum Lunch und ruhe mich später auf der Liege vor meinem Bungalow aus.
Später stehe ich unter die Dusche und versuche, das viele Öl aus meinen Haaren zu bringen. Das ist gar nicht so einfach, denn vor allem nach dem Stirnguss braucht es mindestens zwei Haarwäschen, wenn ich wirklich wieder sauberes Haar haben will.
Manchmal streife ich durch den Garten auf der Suche nach Fotomotiven. Dabei sind mir die vielen Früchte aufgefallen, die hier wachsen. Angefangen bei den allgegenwärtigen Kokospalmen, die zum Teil mit einem Netz die allenfalls herabfallenden Kokosnüsse auffangen, zu den Bananen, die wunderschöne Blüten mit Früchten tragen, gibt es Mangos. Ihre Früchte sind etwas rar und versteckt. Es gibt aber auch Java-Äpfel, die ich aus Peru vor allem wegen ihrer wunderschönen Blüten kenne. Beim Eingang habe ich einen Baum mit Karambole/Sternfrucht entdeckt. Die Früchte sind noch hellgrün und zwischen den grünen Blättern gut versteckt. Ganz auffallend sind die riesigen Jackfrüchte. Diese Früchte hängen direkt am Stamm und sind sehr schwer. Einmal gab es sie auf dem Buffet
Er war der schönste, den ich hier gesehen habe, ich bin ihm fünf Minuten auf den Fersen gefolgt, aber er blieb nie richtig stehen...
Eines Abends gab es ein Mango-Festival. Mindestens 10 verschiedene Mango-Sorten waren auf dem Buffet ausgestellt. Dazu gab es frische Mangos und verschiedene Mango-Dessert: Cremen, Pudding, Kuchen. Und alle sehr süss. Gesüsst mit Palmzucker. Der kommt von einer Palme, die ich hier allerdings nicht gesehen habe. Ihr Saft wird direkt von den Blüten oben am Baum abgezapft. Bestimmt werde ich auf meiner Reise irgendwann darauf stossen.
Für diesen speziellen Abend hat der Koch wunderschöne Dekorationen gemacht. Einen grossen Kürbis und zwei Wassermelonen hat er zu aufwändigen Blumen verziert. Und auch die Mangos sind mit ihren Schnitzereien kaum mehr zu erkennen.
Überhaupt die Desserts. Zu jedem Mittag- und Nachtessen gibt es einen Nachtisch. Die schmecken so wunderbar, so süss und sündig, dass ich froh bin, mich nicht für eine Abnehmkur entschieden zu haben. Denn dann käme ich nicht in den Genuss aller Köstlichkeiten, die täglich auf dem Buffet in den grossen Schüsseln angerichtet werden. Tatsächlich vermisse ich bis heute weder Fleisch noch Fisch oder sonst irgendetwas aus meinem normalen Essen. Auch den Tee, der einem bei Tisch immer nachgeschenkt wird, habe ich schätzen gelernt. Mit Rudi und Ernestine stossen wir gelegentlich an. "Noch ein Achtel Rosé!" bestellen wir dann bei Ramesh, dem Kellner.
Einmal war ich bei Rafeeq, der bei der Rezeption seinen Souvenirladen betreibt. Vor allem Handarbeiten aus Kaschmir hat er im Angebot. Weil die Arbeiten aus Kaschmir einfach die schönsten sind, wie er mir versichert. Obwohl ich ihm erkläre, dass ich nichts kaufen werde, da ich noch lange unterwegs bin, offeriert er mir eine Tasse Tee. Allerdings korrigiert er sofort. Ein richtiger Tee ist das nicht. Aber es ist das traditionelle Getränk in Kaschmir. Er gibt einen Zimtstängel in seinen Wasserkocher, zerdrückt ein paar Kardamomsamen und gibt sie dazu. Das kocht er mit etwas Honig auf und legt am Schluss noch zwei-drei Safranfäden dazu. Das Getränk schmeckt leicht und duftet himmlisch.
Rafeeq – das heisst übrigens ‚guter Freund‘ – erzählt mir von Kaschmir und von der Zeit des Covids hier. Kaschmir liegt im Norden von Indien. Im Winter wird es dort bitter kalt und es liegt viel Schnee. Die Menschen sind arm. Er ist dort in einem grossen Haus mit einer verzweigten Familie aufgewachsen. Mit Onkeln und Tanten und vielen Cousins. Frühstück und Nachtessen war immer eine grosse Party, lächelt er. Mit über 40 Personen. Leider wohnt die Familie nicht mehr so, man hat auf dem grossen Gelände, das der Familie gehörte, verschiedene Häuser gebaut, so dass die eizelnen Familien jetzt getrennt leben. Die Familie hat immer Handel betrieben und heute fühlen sie sich verpflichtet, ihre Nachbarn zu unterstützen, indem sie ihre Handarbeiten verkaufen. Für solche Arbeiten wie die wunderschönen Malereien, die aus verschieden farbigen Steinmehlen (Korallen, Jade, Lapislazuli usw.) gemalt sind, braucht ein Künstler mehrere Wochen. Rafeeq zeigt mir ein paar Arbeiten. Er hat hier alles in Kommission. Wenn er etwas verkauft, kann er die Familien in Kaschmir bezahlen.
„Während der Pandemie war hier alles geschlossen. Wir haben einen Verein mit knapp 400 Familien aus Kaschmir, die hier in der Umgebung leben. Zuerst haben wir versucht, ihnen aus der Kasse des Vereins und auch aus unserem privaten Eigentum zu unterstützen. Dann hat die Regierung einen Zug organisiert und wir sind alle zurück nach Kaschmir gefahren. Alle Kaschmiri, die in Kerala leben, zusammen in einem Zug zurück in die Heimat.“
Dort haben sie fast zwei Jahre lang mit ihren Familien gelebt. Das war sehr schwierig. Als Rafeeq zurück kam, vor ein paar Monaten, war sein Laden verwüstet. Vom Wetter und weil niemand dazu gesehen hat. Die Waren waren allerdings an einem sicheren Ort. Inzwischen ist sein Laden wieder aufgebaut. Modern mit Glasvitrinen und Klimagerät. Vorher war es ein einfacher typischer Bau mit einem Palmdach.
Rafeeq könnte noch viel erzählen. Ich verspreche, wieder einmal zu kommen und er freut sich, auch wenn ich nichts kaufen werde. „Verkaufen ist nicht das wichtigste auf der Welt“, meint er, „Freundschaft ist wichtiger.“
Am Donnerstag-Abend gibt der Koch immer eine Koch-Vorführung. Er hat dazu ein umfassendes Mise-en-place aufgebaut und erklärt alle Zutaten ganz genau. Dann kocht er in einer kleinen Pfanne drei Gerichte und wir sind alle erstaunt, wie schnell das geht. Die Vorbereitungen werden wohl länger gedauert haben, denn alles ist bereits gerüstet und gehackt. Und die Thoran-Mischung bleibt uns verborgen auch wenn er die Ingredienzen genau erklärt. Auch die Dal-Mischung aus gekochten und pürierten Linsen scheint etwas aufwändig zu sein.
Am Schluss serviert er die Gerichte seinen aufmerksamen Zuschauern.
So ist auch diese zweite Woche mit viel Abwechslung ganz schnell vorbei gegangen. Einmal bekam ich einen Abführtag verordnet. Das gehört zur Entgiftung. Den Körper komplett entleeren. Da gab es dann am Morgen eine ekelhafte Ölsubstanz zu trinken und zum Mittag eine dünne Reissuppe. Doch schon am Abend durfte ich wieder etwas essen. Allerdings nur gekocht. An diesem Tag ist mein Blutdruck ins Leere gestürzt und ich hatte ziemlich Mühe als ich am nächsten Morgen vom Besuch am Strand zurückkam. Musste einige Male schwer atmend stehen bleiben. Doch bald war er wieder normal eingependelt und so ist er jetzt auch geblieben. Blutdruck und Puls werden täglich gemessen.
Letzter Abend von Ernestine und Rudi, werde sie vermissen. Aber Daniela bleibt ja noch ein paar Tage.
Aufbruch: | 01.06.2022 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2023 |
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