Neustart
Formulare
Zu Zeiten von Covid braucht es mehr Formulare als normal. Da reicht es nicht, das Flugticket und den Pass einzupacken, da gibt es einiges mehr zu beachten.
Das internationale Impfzertifikat bekam ich zwei Tage vor dem Reiseantritt auf mein Handy. Den negativen Covidtest der 72 Stunden vor Abflug gemacht werden musste, konnte ich mehrsprachig ausdrucken.
Für Spanien musste ich eine Gesundheitsdeklaration ausfüllen. Das Formular wurde mir kurz nach der Buchung zugestellt, abschliessend ausfüllen konnte ich es aber erst zwei Tage vor Abflug. Knapp 24 Stunden vor Abflug bekam ich ein Mail von Iberia, dass ich bitte alle Dokumente einscannen und senden soll. Für die Gesundheitsdeklaration bekam ich inzwischen einen QR-Code aufs Handy.
Ob all den vielen Zertifikaten und Formularen war ich ziemlich unsicher, ob ich auch tatsächlich alles dabei habe, als mich mein Bruder am Sonntag-Nachmittag nach Kloten brachte. Beim Check-in kam dann die Stunde der Wahrheit: die Gesundheitserklärung für Peru fehlte. Die müsse ich unbedingt haben, man könne mich sonst nicht fliegen lassen.
Ich bekam eine ellenlange Web-Adresse und versuchte mich mit dem Handy einzuloggen. Doch es wollte nicht funktionieren, vielleicht war ich zu nervös. Mit solchen Nervenspielen kann man eine zweistündige Wartezeit jedenfalls locker verbringen, der Zeiger wanderte unerbittlich vorwärts. Auch die nette Dame am Info-Schalter bei der ich Hilfe holte, hatte Mühe, die Seite aufzurufen. Als sie es endlich schaffte, füllte sie das Formular aus und schickte es ab. Den 6-seitigen Ausdruck gab sie mir mit und beim Check-in liess man mich nur durch, weil ich versprach, das Formular in Madrid noch einmal zu überprüfen.
Dafür war man dann beim Gewicht des Koffers etwas grosszügiger. Die zwei Kilos Übergewicht wurden nicht einmal beachtet.
Beim Abflug muss draussen ein Gewitter über die Schweiz durchgezogen sein, jedenfalls wurde das Flugzeug tüchtig durchgeschüttelt. Verpflegung gab es keine und als ich in Madrid ankam, war es zu spät, um noch etwas zu besorgen, es ging schon bald gegen Mitternacht, bis ich im Hotel war. Dort versuchte ich, das Formular im Internet mit dem Laptop wieder zu finden und korrekt auszufüllen. Vor allem bei der Adresse, wo die Info-Schalter-Dame nichts eingetragen hatte - weil ich sagte, dass ich kein Hotel hätte - wollte ich die Adresse der gebuchten Wohnung eintragen. Eine der Fragen lautete nämlich, wo und mit wem man eine Quarantäne verbringen würde. Da wollte ich sicher sein, dass man mir nicht irgendwo eine Unterkunft zuwies.
Endlich hatte ich alles erfasst und bekam auch gleich eine Bestätigung, die ich zu den bereits eingescannten Formularen vom Vortag noch nachlieferte.
Ich war beruhigt aber fix und fertig, als ich endlich ins Bett ging. Das änderte sich aber schlagartig wieder, als ich am frühen Morgen das Mail von Iberia entdeckte. In meinen Unterlagen fehle die Ausreise. Ich brauche ein Ausreiseticket. Aber ich weiss doch noch gar nicht, wohin es als nächstes gehen soll.
Ich suchte also eine Busverbindung ins nahe Ausland, um ein Busticket zu kaufen, doch es schien keine zu geben oder es war nicht möglich auf drei Monate hinaus zu buchen. Dafür fand ich unter den Billigflügen einen Flug nach Santiago de Chile für gut 40 Franken Ich buchte ihn und musste nur noch auf die Bestätigung warten. Endlich kam das Ticket und ich konnte es an Iberia weiter schicken. Danach fuhr ich mit dem Taxi zum Flughafen.
Ich sass bereits am Gate, als das Mail eintraf: mit den Formularen ist alles in Ordnung, sie müssen nicht mehr näher überprüft werden.
Diese Bestätigung interessierte dann allerdings niemanden beim Einsteigen, ich musste trotzdem die Formulare noch einmal vorweisen und die Gesundheitserklärung, die ich auf dem Handy gespeichert hatte, zeigen. Doch dann konnte ich einsteigen und es begann das grosse Warten. 11 Stunden bis Lima. 11 Stunden lesen, ein wenig auf dem Handy spielen, etwas essen und zwischendurch dösen.
Erst nach der Landung kam der nächste Dämpfer. Plötzlich trugen alle Passagiere und auch die Bordcrew über der Maske noch einen Gesichtsschild aus Plastik. "Ohne kann ich sie nicht aussteigen lassen", meinte die Flugbegleiterin und als ich mich entschuldigte, dass ich keinen hätte, notierte sie meinen Namen und liess mich trotzdem raus. Ich kam mir wie eine Aussätzige vor, ohne dieses Face-Shield, von dem ich gar nicht wusste, wo es die anderen plötzlich her hatten.
Jetzt musste nur noch das mit dem Abholen klappen. Ich war mit meinem letzten Taxifahrer vom Januar 2020 in Kontakt geblieben, wir hatten gelegentlich gechattet und er hatte mir manchmal Videos von der Virgin del Carmen geschickt, wenn er daran vorbei fuhr. Ich hatte ihm erzählt, dass das für mich schon seit immer das Zeichen war, dass ich in Lima angekommen war, resp. die Stadt verlassen würde.
Ich hatte ihm geschrieben, meine Freundin Maria Bisig würde heute in Lima eintreffen, ob er sie abholen könne. (Maria ist mein zweiter Name und Bisig hiess ich unverheiratet, es war also nicht ganz gelogen.)
Ich wartete auf das Gepäck, als das erste SMS kam: "ich stehe hier und warte, sie ist noch nicht gekommen".
"Und ich bin am Schlafen, es ist Mitternacht in der Schweiz", hätte ich gern zurück geschrieben, aber ich liess es. Er wird ja hoffentlich einen Moment warten können, bis ich aus dem Flughafen komme.
Mein Koffer kam ganz am Schluss. Ich war daher eine der letzten, die das Fluhafengebäude verliess und da stand er: Juan Manuel, der auf Maria wartete.
Nun ist das ja nicht ganz einfach, jemanden hinter der Maske zu erkennen, und es war auch bereits dunkel, aber sein Blick war unbezahlbar. Es hat ihm tatsächlich die Sprache verschlagen. Er musste sie erst einmal fassen.
Wir fuhren in die Stadt, wo mich Jairo, der Wohnungsvermieter erwartete. Ich war gespannt auf meine Bleibe. Sie ist etwas kleiner, als sie auf den Fotos ausgesehen hat, aber sie liegt im 14. Stockwerk und bei offenem Fenster kann ich das Meer hören. Nachdem mich Jairo allein liess, machte ich noch einen kurzen Spaziergang rund um den Block. Bis zum Meer ging ich nicht, das schien mir bei der Dunkelheit zu unsicher, aber ich sah etliche Leute, die da mit dem Hund spazierten. Ein paar winzige Läden, die um neun Uhr noch offen hatten, fand ich, ein paar Hotels, einfache Wohnhäuser, aber keine Restaruants. Also kaufte ich ein paar Empanadas (gefüllte Teigtaschen) und war schon bald zurück in meiner Wohnung, wo ich nicht mehr viel unternahm.
Inzwischen ist es ganz früher Morgen, ich bin am Schreiben, will den langweiligen Formulartag hinter mich bringen.
Es hat am Schluss alles geklappt. Im Flugzeug wurde übrigens das Formular mit der Gesundheitsdeklaration an alle verteilt, die es noch nicht ausgefüllt hatten. Die ganze Aufregung schon in Kloten hätte man sich also sparen können.
Und Quarantäne ist kein Thema mehr.
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
Argentinien