Neustart
Planetarium
Den Tag mit einem Schokoladekuchen zu beginnen, was kann es besseres geben. Ich weiss inzwischen auch, wo es den feinen Cappuccino in der Glastasse gibt, statt im Kartonbecher wie fast überall.
Ich bin heute wieder einmal zu Fuss unterwegs, als es dann aber richtig heiss wird, nehme ich ein Taxi und fahre zum Planetarium. Die nächste Vorstellung ist für Kinder, und am Nachmittag gibt es erst um drei Uhr wieder eine Show.
Das ist gar kein Problem, denn hier beim Planetarium gibt es jede Menge Abwechslung. Das Explora-Museum, das ich bereits ausgiebig besucht habe, ist gleich in der Nähe, der Park der Wünsche, mit dem Haus der Musik, wo ich die Tänze gesehen habe, gleich daneben und über die Strasse ist der botanische Garten. Ich hoffe, dass der Büchermarkt dort vorbei ist und gehe dahin.
Was für ein Unterschied. Da wo vor zwei Wochen noch alles mit Zelten und Ständen überstellt war, ist jetzt eine wohltuende Ruhe. Ein paar Familien mit Kindern sind unterwegs, ein paar Jugendliche und endlich treffe ich wieder einmal auf Prinzessinnen. Der Brauch der 15-Jahre-Feier ist in ganz Lateinamerika aktuell.
Die jungen Frauen wissen genau, wie sie posieren müssen, sie lächeln in die Kamera, drehen sich, lächeln, posen. Und die Mütter kümmern sich um den richtigen Fall des Kleides, zupfen da noch etwa richtig, drappieren die Falten und bleiben immer schön in der Nähe, während der Fotograf die hübschen Mädchen umgarnt.
Doch was soll diese Garderobe mit den schwarzen Kleidern neben einem professionellen Fotografen? Da ist ein anderes Zeremoniell am Laufen.
Es sind Graduations-Fotos. Fotos, die zum Abschluss einer Ausbildung, der offiziellen Schulzeit gemacht werden. Deshalb sind ganze Gruppen von ausgelassenen Jugendlichen unterwegs. Grad wird einer bereit gemacht. Es sind die Assistentinnen des Fotografen, die letzte Hand anlegen. Sie kontrollieren, dass die Quaste am schwarzen Hut am richtigen Ort hängt und nicht etwa das Gesicht verdeckt. Sie wischen noch eine Fussel vom schwarzen Talar, zupfen die weisse Schleife zurecht, dann hat der Fotograf freies Feld.
Und dann ist der nächste Absolvent an der Reihe, Die Jugendlichen stehen bereit oder albern herum.
Es sind dann diese Fotos, die ich von meinen Freunden bekomme, wenn ihre Kinder wieder eine Schulstufe abgeschlossen haben. Kinder und Jugendliche, ernsthaft in die Kamera blickend. Bewusst, dass jetzt eine neue Phase ihres Lebens beginnt. Auch die Mädchen kennen diese Graduacions-Feiern, bei ihnen kommt beim 15. Geburtstag aber noch eine Geburtstagsparty mit viel Rosa und Romantik dazu. Ich staune immer wieder, über den Aufwand, der da getrieben wird. Es ist fast wie eine Hochzeit, einfach ohne Bräutigam.
Ich schlendere durch den Garten, durch den Regenwald, bewundere die vielfältigen Heliconias, die Bienenkorb-Blumen, die überall im Unterholz blühen. Auch sie sind aus der gleichen Familie des wilden Ingwers.
Leider sind die Pflanzen und Bäume nicht angeschrieben. Ich freue mich über die Vielfalt der Form der Blätter.
Leider ist das Orchideenhaus auch heute geschlossen, so muss ich mich mit den wenigen Orchideen begnügen, die im Schatten des Foyers blühen. Es sind weniger Orchideen aus Südamerika, kommen wohl eher aus Asien, aber schön sind sie trotzdem.
Beim See stutze ich, da kriecht etwas über den Boden, über die weit verzweigten Wurzeln der riesigen Bäume. Das ist tatsächlich ein Leguan, der hier frei herumspaziert. Und dort ist noch einer. Ich gehe weiter und sehe noch mehr. Sie werden von einer Frau mit Kindern gefüttert und fressen die Mangostücke die sie ihnen zuwerfen.
Und dann kommt noch ein richtig grosser, ein wunderschöner grüner Leguan mit der typischen Zeichnung auf beiden Seiten des Kopfes. Wie ein Tier aus der Vergangenheit, wie ein kleiner Dinosaurier kommt er mir vor und ich verweile ziemlich lange, sehe ihm zu, wie er sich auf seinen Vorderbeinen aufrichtet, seine langen Finger spreizt und langsam weitergeht. Eine völlig unerwartete Begegnung im botanischen Garten.
Ich gehe noch einmal ins Schmetterlingshaus, doch die Führung ist so kurz, dass es wenige Bilder gibt. Ausserdem mag ich den Erklärungen nicht schon wieder zuhören und versuche, mich etwas abzusetzen. Immerhin gelingt mir ein kurzes Video des Morfeo in dem er die Flügel öffnet und daraus kann ich später eine Foto heraus ziehen.
Der, der sich auf meine Hand setzt, ist auch ein Morpheo, aber er will seine wunderschön blauen Innenflächen auf gar keinen Fall zeigen, saugt lieber den Schweiss von meinen Fingern und zeigt seine durchaus auch schönen Aussenseite mit den braunen Augen.
Und dann ist es Zeit fürs Planetarium. Natürlich gibt es rund um den Dom auch noch eine ganze Ausstellung über das Weltwall mit den Planeten, aber mir ist nicht mehr drum, mich auf einzelne Exponate einzulassen. Ich setze mich im Dom in einen der bequemen Sessel und harre der Dinge die da kommen.
Zuerst gibt es eine interessante Begegnung mit dem aktuellen Sternenhimmel. Nebst dem Halb-Mond müsste man jetzt Saturn und Jupiter sehen. Sie bilden zusammen das Sternzeichen Capricorn, Steinbock. Warum jetzt, würde ich gern fragen, denn Steinboch ist doch erst Dezember/Januar.
Danach gibt es einen sehr schönen Film über die Frage, ob wir die einzigen sind, die im Weltraum leben. Ob es da nicht irgendwo noch anderes Leben gibt, Leben in anderen Formen, Leben das bereits vorbei ist, oder Leben das erst entsteht.
Als ich eine Stunde später aus dem Planetarium komme, regnet es in Strömen. Zum Glück gibt es beim Planetarium Fussgängerstege, die über die viel befahrene Strasse führen. Darunter stelle ich mich an den Strassenrand und halte ein Taxi an. Gerade nochmals Glück gehabt, hätte es schon länger geregnet, wären bestimmt alle besetzt gewesen.
Weil mich der Taxifahrer eine Strasse zu weit fährt, entdecke ich auf dem Rückweg zu Fuss einen Pedicure-Salon und lasse mir spontan die Nägel machen. Tut gut, so eine Behandlung nach all den vielen Spaziergängen, die ich in letzter Zeit gemacht habe.
Mein Tag war also wieder einmal voller neuer Erfahrungen und Begegnungen.
Während ich diesen Bericht in dem kleinen Restaurant auf der anderen Seite der Strasse schreibe, wird dieses für den Fussballmatch dekoriert, der heute stattfinden soll. Kolumbien-Ecuador..
Vorhin hat noch die Sonne so heiss geschienen, dass ich mich an die Mauer zurück gezogen habe, um der Strahlung und Hitze zu entgegehen. Inzwischen, nur gut zwei Stunden später stehen wir kurz vor einem Wolkenbruch. Ich gehe jetzt zurück in meine Wohnung und widme mich meinem Buch. Hab da nämlich einen äusserst spannenden Krimi angefangen. Blind.
Hasta luego
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
Argentinien