Neustart
Wassertag
Ich will heute meine Kleider waschen, denn die langärmeligen T-Shirts gehen aus und für andere ist es in Lima in diesen Tagen definitiv zu kalt. Bin froh, dass ich die nicht im letzten Moment noch aus dem Koffer genommen habe, als ich merkte, dass ich eben doch wieder zu viel eingepackt hatte. Die ganz warmen Sachen, die zuviel Platz eingenommen haben, sind noch in der Schweiz.
Unten im Haus gibt es einen Waschsalon mit ein paar Waschmaschinen und Trocknern. Ich hab vor ein paar Tagen die Erklärung fotografiert und versuche jetzt rauszufinden wie das funktioniert. Man kann also eine spezielle Waschkarte per Internet mit Geld aufladen. Und dann ganz einfach damit an der Maschine direkt bezahlen. Alles soweit klar, aber wie komme ich zu einer Kreditkarte?
Ich frage eine junge Frau, die zufällig ihre Wäsche aus der Maschine holt und sie zeigt mir die Nummer, bei der ich anrufen soll. Ob die extra wegen einer Karte herkommen? "Ach was", meint Leyla, so heisst die Frau, "ich zahle mit meiner Karte und du gibst mir die 5 Soles direkt."
Zuerst kaufe ich im kleinen Laden nebenan noch eine Portion Waschmittel, dann setzen wir die Maschine in Kraft.
Es dauert knapp 40 Minuten bis meine Wäsche gewaschen ist. Ich setze mich auf die Bank und lese, schliesslich habe ich extra mein E-Book mitgenommen. Nach 40 Minuten kommt Leyla zurück. Ich wechsle meine Wäsche in den Trockner und zahle Leyla die 10 Soles. Eine Stunde später ist meine Wäsche sauber und trocken. Für knapp 3 Franken. Für das nächste Mal will mir mein Vermieter eine Karte besorgen. Damit kann ich auch an anderen Orten meine Wäsche waschen, wenn die Maschinen von PayMatic installiert sind. Digital world.
Den Tag verbringe ich mit Schreiben. Der Zoo-Besuch muss noch online gehen. Warum nur mache ich immer so viele Fotos? Ich habe jedesmal die grösste Mühe, mich für ein paar wenige zu entscheiden. Wahrscheinlich sind es viel zu viele, die ich meinen Lesern zumute, aber man kann sie ja auch ganz einfach überscrollen.
Gegen Abend finde ich, dass ich heute doch noch etwas Inspirierendes brauche. Ein Besuch im Wasserpark wäre schön. Zwar weiss ich nicht, ob er offen ist, aber im Internet finde ich keinen Hinweis, dass er geschlossen sei. Wegen Covid ist vieles nicht mehr so, wie es noch vor einem guten Jahr war.
Also bestelle ich mir ein UBER und fahre hin. Da wo an anderen Tagen eine Schlange vor dem Eingang stand, stehen heute nur ein paar Verkäufer mit ihren farbigen Windrädern und blinkenden Stäben, für die sich heute keine Käufer einfinden. Aber der Park ist offen.
Wieder einmal wird meine Temperatur gemessen, am Handgelenkt und ausserdem werden mir nicht nur die Hände desinfiziert, ich werde auch sonst noch mit dem Desinfektionsmittel eingesprayt. Von vorne und hinten. Das geht inzwischen so ganz nebenbei.
Ich bin kaum drinnen, werde ich schon per Megaphon angewiesen, den Schildern zu folgen. "Bleiben sie nur eine Stunde, es gibt kein Zurückgehen."
In der Dunkelheit kann ich ein paar andere Besucher erkennen. Viele sind es nicht, wenn man weiss, dass zu anderen Zeiten jeweils mehrere Tausend Leute den Park besuchten. Jetzt sind es vielleicht 200 insgesamt. An allen Ecken steht jemand mit Megaphon und gibt Anweisungen. "Weitergehen, nicht zurück, immer nur vorwärts." Megaphon würde es nicht brauchen, man könnte das jedem einzelnen separat sagen, so wenige Leute sind hier. Aber das will man anscheinend nicht, denn wenn ich trotzdem zu einem Wasserspiel zurück gehe, weil ich finde, dass ich vielleicht doch noch ein schöneres Bild machen könnte, dann lässt man mich gewähren.
Ich schlendere also unbehelligt von Wasserspiel zu Wasserspiel, lasse mich verzaubern, versuche die Megaphon-Rufe zu ignorieren. Irgendwie ist die Magie zwar verloren gegangen, auch wenn es natürlich schön ist, wenn man sich den Platz für die Fotos nicht mehr erkämpfen oder geduldig abwarten muss. Es ist kalt und niemand springt zwischen den Wasserfontänen herum. Die Kinder, die im Sommer kreischend und juchzend auf die unerwarteten Wasserspritzer reagierten, laufen jetzt eingepackt in Wintersachen an den Händen ihrer Eltern durch die Dunkelheit.
Wieder einmal eine 15-jährige Prinzessin - mit kurzen Ärmeln und glitzernden Sandalen. Brrrrrr... Juni ist in Lima kein bevorzugtes Geburtstagsdatum.
Unter dem Tunnel geht es auf die andere Strassenseite, wo ein paar ganz neue Wasserspiele auf den Besucher warten.
Der Park ist grösser geworden, es gibt jetzt eine Unterführung unter der Strasse durch und auf der anderen Seite gibt es noch ein paar neue zauberhafte Wasserspiele. Es ist fast halb neun, als ich beim Ausgang ankomme. Damit habe ich die erlaubte Stunde verdoppelt. Aber jetzt habe ich Hunger, ich hätte Lust auf Chaufa, suche mir ein Chifa-Restaurant.
Chifa ist in Peru sehr prominent. Es ist die chinesische Küche, die es an allen Ecken sehr günstig gibt. Vor dem Park stehen ein paar Taxifahrer.
"Wohin willst du?" fragt mich einer. "Kennst du einen Chifa, der noch offen ist?" Klar kennt er einen, für ein paar Soles fährt er mich hin.
Wantan-Suppe danach Chaufa mit Hühnchenrolle. Dazu ein Aloa-Verde-Mineralwsser, das ich nicht gekannt habe. Für knapp 8 Franken habe ich wunderbar gegessen und danach hat mich ein UBER-Fahrer wieder nach Hause gebracht.
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
Argentinien