Neustart

Reisezeit: Juni 2021 - Januar 2022  |  von Beatrice Feldbauer

Bogota

Die beiden letzten Tage in Bogota gehe ich ruhig an. Es ist Wochenende und ich bin etwas müde. Ausserdem ist mir Bogota noch immer nicht ganz geheuer. Dummerweise haben mich tatsächlich zu viele Leute gewarnt, wie gefährlich die Stadt sei, dass ich das noch immer nicht aus dem Hinterkopf bekomme und irgendwie mit angezogener Handbremse durch die Stadt gehe. Fühle mich einfach nicht ganz frei und vergewissere mich immer wieder, wer in meiner Nähe ist, wenn ich das Handy hervorhole. Ausserdem liegt mit mein gestohlenes Handy natürlich immer noch auf dem Magen. Ich will das auf gar keinen Fall noch einmal erleben.

Darum ziehe ich am Samstag erst gegen Mittag los. Noch einmal zum Plaza de Bolivar. Heute sind tatsächlich noch mehr Leute unterwegs. Es gibt Gaukler und diese Sockelsteher, die unbeweglich stehen bleiben, bis man ihnen eine Münze, oder im Fall von Kolumbien eher eine Note in den Hut legt. Denn Münzen haben definitiv zu wenig Wert. Die kleinste Note ist die 2'000 Pesos-Note und die entspricht ca. 50 Rappen.

Vor einem Burger-Restaurant macht eine Kuhfigur Kapriolen. Dabei macht sie aber so ein trauriges Gesicht, dass ich mich wieder einmal frage, was sich die Leute alles einfallen lassen. Eine Kuh, die für Burger Werbung macht, muss ja traurig sein. Aber wichtig ist ja nur, dass man auffällt.

Irgendwo treffe ich auf Gestalten aus StarWars und an einem anderen Ort ist eine ganze Reihe Schachbretter aufgestellt. Sie werden eifrig benutzt und es schient, als ob hier ein bisschen mehr Ruhe ist im ganzen Gewimmel der Leute.

Die Kuh soll die Leute ins Restaurant locken.

Die Kuh soll die Leute ins Restaurant locken.

Im Cafe, in dem ich schon vor ein paar Tagen war, habe ich mit Nubia abgemacht. Nubia habe ich in Guatalpe im Hotel kennen gelernt. Sie hatte mir damals eine ganze Liste von Orten aufgeschrieben, die ich undbedingt sehen müsste. In den letzte Wochen habe ich diese Liste immer mal wieder konsultiert und es waren einige gute Tipps dabei.

Kein Wunder, kennt sich Nubia so gut aus in Kolumbien, inzwischen weiss ich, dass sie hier in Bogota ein Reisebüro betreibt, wo sie vor allem Pakete anbietet: Wochenende in Cartagena, eine Woche in Florida und andere Spezialangebote. Alles inklusive.

Es ist schön, wieder einmal mit jemandem beim Kaffee zu sitzen. Nubia will wissen, wie es mir uterwegs gegangen ist, was ich gesehen habe, wie es mir gefallen hat.

Korbwaren und Keramik

Korbwaren und Keramik

Korbwaren aus Bambus zur Dekoration oder als Lampen

Korbwaren aus Bambus zur Dekoration oder als Lampen

Lufa-Schwamm - Schwammkürbis. Wer ihn nicht kennt, googeln.

Lufa-Schwamm - Schwammkürbis. Wer ihn nicht kennt, googeln.

Danach bummeln wir gemeinsam noch ein wenig durch die Marktstände auf dem Hauptplatz. Zu zweit ist es viel spannender. Da kann man etwas vom Käse versuchen, bei den Zuckerpasten ein Löffelchen probieren und mit der Frau im farbigen Kleid aus der Karibik ein wenig plaudern.

Der Kaffeehändler lässt uns an den frisch gerösteten Bohnen riechen und der Früchtehändler gibt uns ein Stück Guanabana - Chirimoya - zu probieren. Sie ist so süss und reif wie wir sie bei uns kaum je bekommen.

Rohrzucker-Paste. Wir auch gemahlen als Panela verkauft. Wird statt Zucker verwendet.

Rohrzucker-Paste. Wir auch gemahlen als Panela verkauft. Wird statt Zucker verwendet.

Pitaya, die Kaktusfrucht

Pitaya, die Kaktusfrucht

Und dann lädt mich Nubia zum Nachtessen ein. In ein typisches Lokal mit einheimischen Spezialitäten. Wir bestellen Ajiaco Santaferena, eine Kartoffelsuppe mit Hühnerfleisch. Darin ist ein Stück Maiskolben mit grossen Körnern. Dazu gibt es weissen Reis, den man nach und nach in die Suppe löffelt. Ein paar Kapern, etwas Creme fraiche und ein grosses Stück reife Avocado runden das Gericht ab.

Und auch wenn mein Magen im Moment noch etwas überlastet ist von der grossen Fleischportion von gestern und ich mich nicht wirklich wohl fühle, so ist diese Suppe doch genau das Richtige. Dazu ein Glas Sangria. Mir geht es wieder rundum gut.

Natürlich ist es auch einfach nur wunderbar, einmal wieder zu zweit zu essen, zu plaudern, zu lachen, anzustossen. Es fühlt sich sehr gut an mit Nubia. Sie gibt mir im übrigen auch noch ein paar Tipps für meine Weiterreise.

Schon wärend des Essens hören wir oben auf dem Glasdach, dass es wieder zu regnen angefangen hat. Und wie. Es scheint eine ganze Sintflut vom Himmel zu kommen. Natürlich sind dadurch alle Taxis besetzt. Nubia versucht vergeblich mit einer ihrer Apps ein Taxi zu bekommen. Am Schluss warten wir einfach den Regen ab und laufen dann zurück zu meinem Hotel. Dort ruft die Rezeption ein Taxi. Es ist kurz vor dem Eindunklent. Auch Nubia ist nicht gern unterwegs, wenn es dunkel ist.

Den Sonntag verbringe ich vorwiegend auf der Dachterrasse des Hotels. Dort ist es ruhig und ich kann mich meinem Blog widmen. Weit hinten kann ich den Boccata-Tower sehen, das höchste Gebäude von Bogota.

Bald wird es mir auf dem Dach aber doch zu heiss, denn die Sonne hat tagsüber Kraft, auch wenn ich hier auf über 2600 m bin. Ich bin mir dabei bewusst, dass man in der Schweiz in diesen Tagen die Sonne suchen muss, Man erzählt mir in Chats von Nebel und Kälte, während ich vor der Sonne fliehen muss.

Das höchste Gebäude Bogotas, Baccata-Tower. 260 m hoch, aber im Moment noch nicht ganz fertig

Das höchste Gebäude Bogotas, Baccata-Tower. 260 m hoch, aber im Moment noch nicht ganz fertig

Erst am späteren Nachmittag gehe ich hinaus, suche ein Restaurant zum Essen und muss feststellen, dass fast alles geschlossen ist. Sonntag in Kolumbien scheint keine Ausgeh-Zeit zu sein. Zwar sind auf den Strassen viele Leute unterwegs und es sind sogar ein paar Läden offen, aber bei den Meisten sind die Storen heruntergelassen. Auch die Restaurant sind geschlossen.

Doch irgend etwas findet sich immer und so lande ich am Schluss in einer kleinen Pizzeria. Ich werde also vorläufig noch nicht verhungern und meinem Magen geht es auch wieder besser.

Auf dem Rückweg, den ich etwas planlos angehe, stehe ich plötzlich vor dem Baccata-Tower. So lange hatte ich ihn immer wieder von weitem gesehen, jetzt stehe ich darunter. Gern würde ich mit dem Lift hinauf fahren, sehe mich auch unten in der Lobby etwas um, doch ein Wörter, der da die Aufsicht hat, schickt mich weg. Das Gebäude ist nicht öffentlich.

Kurz vor dem Hotel gerate ich noch einmal in eine Menschenmenge. Es wird Musik gemacht, Hàndler haben ihre Waren auf der Strasse ausgebrieitet. Dabei fallen mir sehr viele Kleider auf. Second-Hand. Es ist eher ein spontaner Markt und weil es im Moment nach Regen aussieht, packen ein paar Hàndler bereits zusammen.

Auch einen Schirmstand sehe ich und probiere den einen oder anderen Schrim aus. Will mir aber keiner so richtig gefallen. Die Verkäuferin wundert sich ein wenig, dass ich die Schirme 'ausprobieren' muss, aber ich gebe ihr eine Propina, und gehe ohne etwas zu kaufen.

Überhaupt sind mir diese Menschenmassen nicht geheuer, einerseits wegen dem Gedränge, in dem ich mich kaum getraue, zu fotografieren, andererseits ist Corona natürlich noch immer sehr aktuell. Auch wenn hier wahrscheinlich sehr viele Menschen geimpft sind. Allerdings sind in solchen Situationen die Leute nicht mehr so konsequenz mit der Maske. Ich bin daher froh, als ich mein Hotel erreiche.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl. Dieser Satz hat mich durch das Corona-Jahr begleitet. Eigentlich war mein Abflug nach Südamerika am 3. April 2020 gebucht. Doch dann kam alles anders.
Details:
Aufbruch: 20.06.2021
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.01.2022
Reiseziele: Peru
Kolumbien
Argentinien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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