Neustart
Boras
Geweckt werde ich heute nicht von der Sonne, sondern von einem starken Scheinwerfer, der unterhalb meines Zimmers eingeschalten wird. Irgendetwas wird da vorbereitetet, doch ich bin noch zu müde, um das genauer abzuklären, drehe mich noch einmal zur Seite. Der frühe Morgen ist nicht so meine Zeit.
Später höre ich Musik, eine Hymne oder mindestens ein offizielles Lied. Am Ende einer langen Holztreppe stehen Uniformierte, anscheinend wird da ein Band durchgeschnitten.
Der offizielle Teil ist bald vorbei, die Uniformierten verziehen sich, Leute kommen die Treppe hinunter und als ich aus dem Haus trete, bestätigt man mir, dass man die neue Holztreppe hinunter zu den Häusern am Fluss heute Morgen eingeweiht hat.
Ich fahre mit einem Mototaxi zum Hafen von Nanay wo mich Liborio erwartet. Hier gibt es einen kleinen Markt. Bei einer Frau kaufe ich zwei grosse Wassermelonen und einen Sack voller Mandarinen. Dessert zum heutigen Festessen.
Während wir auf Pablo und Teresa warten, die uns heute begleiten werden, fragt Liborio nach Eugene. Ich hab ihn tatsächlich vergessen, der hockt noch immer auf dem Sessel, wo ich ihn hingesetzt hatte, damit ich ihn bestimmt nicht vergesse. Also zurück mit dem Mototaxi, Eugene unter den Arm und retour nach Nanay.
Als ich zurück komme, strahlt Liborio. "Du bringst uns Glück, Gerade eben hat ein Boot abgelegt mit Touristen. Sie sind auf dem Weg zu den Boras. Das ist das erste Mal seit langem, dass eine so grosse Gruppe kommt".
Dank meiner Verspätung hat er sie noch gesehen und seine Comunidad informiert, damit sie die Gäste in Empfang nehmen können. Es sind peruanische Touristen, Ausländer sind zur Zeit noch sehr selten. Aber es gab in den letzten Wochen Bemühungen der Tourismusbehörde, Iquitos im eigenen Land besser bekannt zu machen. Es scheint, dass dies jetzt langsam Früchte trägt.
Wir fahren auf dem Rio Nanay und biegen bald ein in den Rio Momon. Und hier kann ich nun auch die riesige Brücke bestaunen, die sich in einem grossen Bogen über die beiden Flüsse spannt. Nicht über den Amazonas, nur über den Nebenfluss Nanay. Aber weil die Flüsse völlig unverbaut sind und bei Regenzeit immer komplett über die Ufer treten und die ganze Landschaft verändern, braucht es breite Ausleger. Bei meinem letzten Besuch ragten einzig ein paar Pfeiler aus dem Wasser, jetzt fehlt von der Fahrbahn nur noch ein kurzes Stück. Die Brücke wird die Gegend komplett verändern. Einerseits als Bild, andererseits wird es aber auch Leben in das Dorf Cochabamba bringen, das bisher nur per Boot erreichbar war. Ich vermute, dass die Brücke der Anfang eines grösseren Strassenprojektes ist, habe mich aber noch nicht weiter darüber informiert, da ich kaum glauben konnte, dass die Brücke je realisiert würde. Man hat auch schon einmal von einer Zugstrecke durch den Dschungel gesprochen.
Die Zukunft wird es zeigen, wie sich Iquitos verändern wird.
Wir tuckern auf dem Fluss, der sich in engen Windungen durch den Dschungel schlängelt. Manchmal kann man am Ufer einen Vogel erkennen, der durch den Motor aufgeschreckt wird. "Schau hier, schau dort!" Heute habe ich zwei Guia, denn auch Pablo, kennt sich in der Natur sehr gut aus. Die Sträucher, an denen wir vorbei fahren, stehen in der Regenzeit komplett im Wasser. Es sind Camu Camu. Aus den Früchten wird ein belieber Fruchtsaft gewonnen, der in den Restaurants angeboten wird. Doch jetzt ist dafür nicht die Saison.
Als wir beim Schild der Boras ankommen, hat das Touristenboot vor uns gerade angelegt und die Touristen, werden von den Boras, die eigentlich für meinen Empfang da stehen, fröhlich begrüsst. Sie werden von den Erwachsenen zur grossen Makoka geleitet, während die Kinder mit ihren Fahnen, die wir gestern gekauft hatten, noch warten, um mich zu begrüssen. Es herrscht bereits eine ausgelassene Stimmung.
"Musst du dich nicht umziehen, um die Touristen zu begrüssen?" will ich von Liborio wissen. "Nein, mein Bruder Moyses vertritt mich, ich bin heute für dich zuständig."
Während die anderen für die Touristen singen und tanzen und danach ihre Handarbeiten anbieten, ulken wir mit Eugene.
Liborio gibt ihm die Häuptlingskrone, doch sie ist viel zu grosse, Eugene ist das nicht geheuer. Besser passt ihm die Halskette, die ich soeben bekommen habe. Ich finde es immer wieder amüsant, zu sehen, wie man mit so einem Kuscheltier spielerisch umgehen und manchmal sogar ernste Themen ansprechen kann.
"Er heisst jetzt Okaajii, das heisst 'Mann der Erde', das ist der, der vor nichts Angst hat", meint Liborio. Passt gut, Okàajìì, ausgesprochen Okahi. Auch Eugene scheint es zu gefallen, jedenfalls gibt es von ihm keinen Widerspruch.
Ein älterer Mann kommt zu mir, stellt mir seine kleine Tochter vor. Sie hat offensichtlich Trisomie 21, schaut etwas verschüchtert. Ausserdem scheint sie auch im Wachstum etwas zurückgeblieben zu sein. "Sie ist sechzehn", erklärt mir der Mann. Ob sie wohl Freude hätte an Okàajìì? Ein kleines Lächeln schleicht sich in ihr Gesicht. Kurz darauf sitzt sie verträumt auf einer Bank und hält ihren neuen Freund im Arm. Ich glaube, das war die richtige Entscheidung.
Liborio hat sich inzwischen auch umgezogen, die Touristen sind wieder weggefahren, und sogar eine zweite Gruppe war kurz hier, die Boras haben ihre Tänze zweimal aufgeführt, Eintritt kassiert und ein paar Handarbeiten verkauft.
"Mit dir kommen die Touristen zurück, du hast uns Glück gebracht", eröffnet Liborio seine Ansprache, bei der er mir jetzt nach all der Zeit zum ersten Mal ganz offiziell den Dank der ganzen Comunidad überbringen kann. Dank meinem wöchentlichen Beitrag war er während der ganzen Pandemie die einzige Person, die das Dorf verliess und einerseits das Geld abholte und andererseits die Lebensmittel einkaufte, die die Frauen bei ihm bestellten. Der absolute Hit waren dabei Spaghettis. Viel Pasta habe ich jeweils auf den Fotos gesehen. Dazu Reis, was das absolute Grundnahrungsmittel hier am Amazonas ist. Ausserdem Oel, Zucker, Salz, Seifen, Zahnpasta und ganz viele andere Kleinigkeiten.
Auch ich halte eine kurze Ansprache. Erzähle, dass das alles nicht möglich gewesen wäre, ohne die Hilfe meiner Freunde, die sich jeweils über die Fotos und Videos gefreut hätten.
Und bei dieser Gelegenheit bedanke ich mich auch hier noch einmal bei meinen FREUNDEN und KUNDEN. Ich weiss, dass viele von Euch hier mitlesen. Ohne Euch hätte ich diese Akton nicht während des ganzen Jahres aufrecht halten können.
Es war eine aufregende Zeit und dank Chat und Facebook war ich die ganze Zeit mit einem Teil des Herzens hier im Dschungel.
Doch jetzt ist es Zeit für das Mittagessen.
"Frühstück, Mittagessen und Nachtessen in einem", lacht Liborio - "drei in eins".
Entsprechend gross sind die Portionen, ich muss mich wehren, damit ich nicht einen komplett überfüllten Teller mit Reis bekomme. Dazu Kartoffeln und gekochte Hühnerteile in einer fantastischen Sosse. Zwar ist das Fleisch etwas zäh, aber es schmeckt wunderbar. Separat gibt es noch etwas Tomatensalat. Ich vermute, dass man nicht sehr viel Gemüse und Früchte isst. Grundnahrungsmittel sind Reis, Kartoffeln und Yucca (Maniok). Dazu Fleisch, sofern vorhanden.
Gegessen wird von Hand, für Teresa, Pablo und für mich gibt es einen Löffel.
Rosa, die Schwägerin von Liborio war für das Kochen zuständig. "Sie ist eine Expertin", meint Liborio. "Sie weiss, wie man für die ganze Gruppe kocht".
Maniok hat jeder vor dem Haus, es ist eine bis zwei Meter hohe Pflanze, deren lange Wurzeln man isst. Schmeckt wie Kartoffeln, ist aber etwas trockener und mehliger. Reis wird auf den Sandbänken des Amazonas angepflanzt und ist immer regional. Doch hier am Ufer des Rio Momon gibt es keine Sandbänke. Auch Kartoffeln wachsen hier nicht.
Nach dem Essen holt Mateo seine Gitarre. Ich bin ganz überrascht, dass es hier eine Gitarre gibt, doch anscheinend spielt auch Liborio ganz gut auf dem Instrument.
Mateo ist sein jüngster Bruder. Er ist aktives Mitglied einer Kirche und singt viel und gern geistige Lieder. Damit haben sich zwei gefunden, denn auch Pablo ist seit seiner Genesung sehr aktiv in einer Kirche und weil auch er seine Gitarre mitgenommen hat, spielen beide zur Unterhaltung für alle. Die Videos habe ich auf meine private Seite aufgeladen.
Ganz nebenbei entwickeln sich ein paar Gespräche. Rosa möchte mir eine ihrer Handarbeiten schenken. Das sind so die Momente die nicht ganz einfach sind. Ich versuche ihr zu erklären, dass ich in meinem Koffer keinen Platz dafür habe. Dass ich schon sehr viele Arbeiten von den Boras besessen hätte, diese aber bei meiner Loslassaktion zu Hause alle verschenkt hätte. Dass jetzt alles, was ich noch habe, in meinem Koffer ist, und der jetzt schon heillos zu voll sei.
Das braucht natürlich noch etwas mehr Erklärungen und ich merke, dass das eine sehr ungewöhnliche Haltung ist. Natürlich könnte ich alle Geschenke annehmen und sie später verschenken oder irgendwo liegen lassen. Doch das scheint mir nicht ehrlich zu sein. Tatsächlich habe ich keinen Platz mehr und da ich im Sinn habe, länger zu reisen, kann ich auch nicht jetzt schon die letzten Ecken und Winkel mit delikatem Federschmuck ausfüllen. Rosa erzählt, was ich ihr erklärt habe, den anderen Frauen, die jetzt sehr aufmerksam zuhören. Auch wenn sie es in ihrer eigenen Sprache erzählt, kann ich an ihrem Tonfall hören, wie ungewöhnlich das für sie ist.
"Hast du Kinder?" die immer wiederkehrende Frage. "Nein, ich habe keine Kinder und mein Mann ist vor bald 20 Jahren gestorben." Noch einmal ein schwieriger Moment. Keine Kinder zu haben, ist das traurigste, was man sich hier vorstellen kann. Keinen Mann, damit kann man leben, aber keine Kinder. Sie schaut mich mitleidig an und ich versuche ihr zu erklären, dass das meine eigene Entscheidung war. Dass es nicht traurig ist, keine Kinder zu haben, wenn man das selber so wollte. Dass ich dafür heute die Freiheit zum Reisen habe.
Ob sie es versteht? Ich möchte eigentlich nur, dass sie mich nicht bemitleidet. Jedenfalls merke ich, dass ich ziemlich viel Verwirrung und Verwunderung ausgelöst habe.
Ich habe zwei aufblasbare Globus mitgebracht und nachdem eines der Mädchen den ersten aufgeblasen habe, versuche ich ihnen etwas über die Welt zu erzählen. Ob sie wissen, wo Peru liegt? Sie haben nicht die geringste Ahnung. Auch die Erwachsenen, die in der Nähe zuhören, haben wohl noch kaum je einer Karte ihre Aufmerksamkeit geschenkt.
Ich erkläre die Kontinente, zeige, wo ihr Land ist, wo die Schweiz ist. Auch wenn man sie auf diesem Globus kaum sieht. Ich bin schon froh, wenn sie sich merken, wo Europa liegt. Sehr oft, wenn man reist, wird man gefragt woher man komme.
"Oh, aus der Schweiz", ist dann meist die Reaktion und früher glaubte ich, dass das erklären würde, woher ich käme. Bis mich einmal ein alter Mann in Guatemala gefragt hat, ob ich zu Fuss gekommen sei. Seither frage ich jeweils nach, ob man denn wisse, wo das ist. Fast immer wird die Frage verneint und auch mit meinem Nachtrag, das wäre in Europa, gibt es kein weiteres Erkennen. Darum habe ich ein paar Globusse mitgebracht. Karten und Weltkugeln haben mich persönlich schon als Kind fasziniert. Meine Grossmutter hatte einen Globus und immer wenn ich bei ihr war, suchte ich darauf den winzigen Punkt, der die Schweiz darstellte.
Geografie und Wissen über die Welt wird in den Schulen nicht viel vermittelt. Schreiben, lesen und rechnen sind die wichtigsten Fächer.
Nach dem Essen will mir Liborio unbedingt unser letztes Projekt vorstellen. Dafür machen wir einen kleinen Spaziergang durch den Dschungel, das heisst, hinter der Maloka in Richtung des Dorfes. Auf dem Weg erklärt er mir viele Pflanzen. Seine Mutter hatte ein grosses Wissen über Medizinalpflanzen, das sie an ihre Söhne weiter gegeben hat.
Wir kommen auch an ein paar Ananasstauden vorbei. Ananas ist eine Pflanze, die oft hier angepflanzt wird. Schon ganz am Anfang der Pandemie habe ich Liborio gebeten, mehr davon anzupflanzen. Ebenfalls mehr Yucca als andere Jahre. Ich glaube, das haben sie gemacht und vielleicht können sie davon etwas auf dem Markt verkaufen.
Ganz neu haben die Boras kürzlich eine kleine Pflanzung angebaut. Es ist ein Anfang und der ganze Stamm ist daran beteiligt.
Nachdem die Regenzeit zu Ende war und das Wasser zurückgegangen und etwas getrocknet hatte, musste das Land bestellt werden. Dann wurden Netze gekauft um die Pflanzen vor dem Austrocknen zu schützen. Denn in den Sommermonaten brennt die Sonne heiss auf die Erde und trocknet jeden ungeschützten Flecken Erde unerbärmlich aus.
Auch ein Wasserbehälter, mit dem gezielt Wasser gespritzt werden kann, musste angeschafft werden. Danach wurden Samen gekauft und ausgebracht. Jeden Schritt hat mir Liborio mit Fotos und Videos dokumentiert und jetzt ist er richtig stolz auf das neue Werk. Es ist ein Experiment, noch wissen wir nicht, ob es funktionieren wird, aber der Anfang ist gemacht.
Gurken, Tomaten, Peperoni, Kulantro (Koriander) und Karotten wurden ausgesät. Die Gurken wachsen gut, die anderen brauchen noch ziemlich viel Aufmerksamkeit. Später, wenn die Pflanzen etwas grösser sind, werden sie in einem anderen Feld nebenan mit grösserem Abstand neu gepflanzt. Pickiert.
Ein anderes Projekt sind die Hühner. Irgendwann hatten wir ein paar Hühner gekauft. Auch das war ein Anfang. Die Idee war es, Fleisch und Eier für die Comunidad zu erhalten und vielleicht auch einmal etwas zum Verkaufen zu haben. Um das Haus, in dem Liborios Schwester wohnt, leben jetzt jedenfalls einige Hühner. Und alle haben eine ganze Jungschar, die ihnen auf Schritt und Tritt folgen. Winzige federleichte Flaumknäuel, die im hohen Gras kaum zu sehen sind. Auch ein Hahn läuft stolz über den Hof. Abends werden sie in einem kleinen Verschlag eingeschlossen.
Wir hatten auch Netze gekauft, um den Ertrag beim Fischen zu erhöhen, denn natürlich gehört auch Fisch zu den Grundnahrungsmitteln.
Mit Stolz zeigt uns Liborio herum und Teresa, die ja ziemlich viel Erfahrung im Gärnern hat, gibt ihm den einen oder anderen Tipp. Sie hatte rund um die Lodge viele Früchte angebaut, weil ich ihr erklärte, dass Touristen sich für diese Vielfalt interessieren und von vielen Früchten nicht wissen, wie sie wachsen, wie die Pflanze aussieht.
Auch auf dem Rückweg gibt es noch einmal viele Erklärungen. Zum Beipiel die kleinen grünen Früchte mit den Widerhaken, die vor allem beim Karneval zum Einsatz kommen. Sie kleben sich an Haare und Kleider und werden gerne den Mädchen hinterher geworfen. Pablo und Teresa machen es vor.
Auch der Baum, der hilft, wenn sich ein Mädchen in einen Jungen verliebt und der nichts von ihr wissen will. Dann braucht sie ein Kleidungsstück des Jungen, das sie an den Stamm des Baumes klemmt. Dieser wird mit seinen Luftwurzeln das Kleidungsstück so fest an sich fesseln, bis sich auch der Junge der Liebe des Mädchens nicht mehr entziehen kann.
Oder die kleinen Früchte, die man braucht, um Kinder zum Sprechen zu bringen. Ich weiss nicht genau, was sie auslösen, aber auch Teresa bestätigt, dass das hilft. Und die Frucht, die mir Liborio vom Baum holt und Teresa und mir anbietet verklebt den Mund. "Habe ich zuviel geredet?" "Nein, nein", lacht er, "das hält nicht lange hin".
Die 'Regenzeit-Maloka' die dort steht, wo das Wasser des Flusses nicht hinkommt, wenn er während der Regenzeit ein paar Meter steigt.
Zurück in der Maloka heisst es Abschied nehmen. Die Boras sind sehr glücklich. Inzwischen ist noch einmal eine kleine Gruppe gekommen. Zwei Touristen, für die sie noch einmal ihre Show aufführen konnten und die eine Kleinigkeit gekauft haben.
Langsam kehrt ein wenig Normalität zurück, ich hoffe es ganz fest.
Zurück in Iquitos treffe ich auf dem Bulevard zufällig auf Marden und Elmer. Marden hatte ich während der Pandemie sehr eng begleitet. Er musste seine Mutter ins Spital bringen, wo sie auf einer Liege im Gang untergebracht wurde. Sauerstoff musste er selber besorgen. Dazu musste man stundenlang anstehen um am Schluss vielleicht eine Flasche zu einem hohen Preis zu bekommen. Er hat mir erzählt - und mit Fotos gezeigt, dass am Abend Leute eingeliefert wurden, die am Morgen tot neben seiner Mutter lagen. Besonders eine Frau hatte ihn sehr beschäftigt. Sie wurde ohne Familienmitglied eingeliefert und am Morgen in einer Folie verpackt entsorgt. "Niemand war da, niemand konnte etwas für sie tun, sie ist ganz allein gestorben." Nachdem in der dritten Nacht auch seine Mutter gestorben war, bemühte er sich wenigstens für eine angemessene Beerdigung.
Noch eine Zeitlang war sein erster Griff am Tag zum Telefon: "Hola amiga", war das erste, bis ich ihm eines Tages sagte, dass er seinen Weg alleine finden müsse, dass ich nicht seine Mutter sei und es besser wäre, er würde eine andere Arbeit suchen, denn als Guia gäbe es wohl in nächster Zeit keine Arbeit.
Heute zeigt er mir stolz seinen neuen Ausweis. Er hat die Zeit genutzt, hat neben seinem Hilfsjob für einen Supermarkt eine Ausbildung zum lizenzierten Guia gemacht. Ich hätte ihm dabei geholfen, meint er, aber mir ist nicht ganz klar, wie ich das geschafft habe.
Am Abend, ich habe mich gerade ins La Notte gesetzt, meldet sich Keyla. Sie wäre grad in der Nähe, ob ich Lust auf Gesellschaft hätte. Natürlich will sie wissen, wie der Tag mit den Boras gelaufen ist.
Und dann erzählt sie mir, wie es ihr ergangen ist, wie sie es geschafft hat, eine inzwischen erfolgreiche Unternehmerin zu werden. Doch diese Geschichte lasse ich jetzt bleiben, der Bericht ist eh schon viel zu lange geworden.
Jedenfalls verbringen wir einen super-guten Mädels-Abend mit einem feinen Essen.
ein paar Videos zum heutigen Tag findet man auf meiner persönlichen Homepage
www.bison.ch
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
Argentinien