Neustart

Reisezeit: Juni 2021 - Januar 2022  |  von Beatrice Feldbauer

Rückkehr nach Medellin

Zeit, Abschied zu nehmen von Cartagena. Noch einmal fahre ich mit dem Lift zum Sonnenaufgang hinauf aufs Dach, noch einmal sehe ich zu, wie der goldene Feuerball hinter der Bucht auftaucht und alles in sein oranges Licht taucht. Es war wunderbar in Cartagena, im Dubai Hotel mit allem Luxus, mit seinem bequemen kühlen Zimmer, in dem es mir extrem wohl war.

Fast hatte ich vergessen, dass ich genau für diesen Abschied einen speziellen Schirm gefunden hatte. Auf der Festung San Felipe war mir vor ein paar Tagen eine Frau aufgefallen, die mit zwei Touristen unterwegs war. Sie hat überhaupt nie aufgehört mit ihren Erklärungen über das Fort, über Cartagena und seine spannende Geschichte. Und die beiden Touristen hingen an ihren Lippen, ich konnte unmöglich ihr Gespräch unterbrechen. Ich versuchte, mich unauffällig in ihrer Nähe zu halten, denn die Frau war mit einem orangen Schirm unterwegs. Gegen die brennende Sonne. Endlich, die beiden Touris baten um ein Foto und die Touristenführerin stellte ihren Schirm auf den Boden. Das war der Moment, wo ich mich anbieten konnte, den Schirm derweil zu halten, denn fast wäre er vom Wind weggeweht worden. Ich weiss nicht, was sich die drei gedacht haben, als ich die Gelegenheit benutzte, ein Schirm-Selfie zu machen. Danach gab ich ihn zurück und konnte zufrieden zum Parkplatz gehen, wo mein Taxi auf mich wartete.

Der Wind hat sich tatsächlich gedreht, es ist Zeit, weiter zu gehen.

Abschied von Zimmer 2401

Abschied von Zimmer 2401

Heute steht Enrique mit dem Taxi vor dem Hotel. Wir hatten gestern auf Anhieb einen guten Draht, eigentlich schade, dass ich jetzt abreise. Aber das gehört dazu. Kurze Begegnungen, immer wieder Abschied. Ich schenke ihm meinen Hut, er kann ihn weiter schenken, denn mir ist er nur hinderlich, der kleinste Windstoss und er ist weg. Nein, den werde er behalten, versichert er mir, noch nie hätte ihm eine Touristin einen Hut geschenkt. Wie auch immer. Ich verspreche, mich bei ihm zu melden, sollte ich wieder einmal nach Cartagena kommen. Wer weiss schon, was die Zukunft bringt, ich bin schon an die unmöglichsten Orte ein zweites Mal hingekommen, wo ich nie vorher daran gedacht hätte.

In der Abflughalle trinke ich einen Cappuccino, dann geht es bereits zum Gate. Der Flughafen ist klein und übersichtlich, die Abfertigung unkompliziert.

Schon zum zweiten Mal komme ich auf dem Flugplatz Medellin an. Der Taxifahrer, der mich zum Hotel fährt, meint, ich würde in einer eher gefährlichen Gegend wohnen, ich solle auf jeden Fall aufpassen. Nun, ich bin diesmal im Zentrum.
Da in der Nähe war ich vor drei Monaten immer wieder zu Fuss unterwegs. Aber ich nehme mir vor, aufzupassen, nachts bin ich ja eh nie unterwegs.

Das Zentrum würde grad im Moment in der Weihnachtszeit viele Menschen anziehen und die Mischung aus Kauflust und Armut hätte eine starke kriminelle Energie.

Mein Hotel ist in der Nàhe von zwei grossen Einkaufszentren. Der Eingang ist klein, wirkt aber mit seinen vielen Pflanzen wie eine andere Welt. Und als ich meine Zimmertüre öffne, habe ich erst recht das Gefühl, auf einem anderen Planeten angekommen zu sein. Natürlich sehe ich mir die Zimmer jeweils im Booking an, aber nicht immer bekommt man, was man gesehen hat. Hier stand in der Ausschreibung, dass das Zimmer einen Jaccuzzi habe und ich dachte, dass das wahrscheinlich auf eines der Zimmer zutreffe. Doch ich habe tatsächlich einen kleinen runden Jaccuzzi im Zimmer. Das Bad ist ins Zimmer integriert, und hat einen Kiesweg mit kleinen Spotlampen in den Boden eingelassen. Dazu gibt es schmale Fenster hinaus auf die laute Strasse, eine Sitzecke, ein Klimagerät und einen grossen Fernseher. Ich bin auf Anhieb verliebt und will heute das Zimmer kaum mehr verlassen.

KIeswege hatte ich noch nie in einem Zimmer

KIeswege hatte ich noch nie in einem Zimmer

Als ich dann auch noch das Restaurant im 8. Stock entdecke, weiss ich, dass meine Auswahl wieder einmal goldrichtig war.

Bevor es allerdings dunkel wird, will ich noch rasch zu einem Bankautomanten. Im Centro Comercial auf der anderen Strassenseite werde ich rasch fündig. Allerdings komme ich auch gleich wieder ins Hotel zurück, mit einer Million Peseten unterwegs zu sein, ist mir in diesen vielen Menschen tatsächlich etwas ungemütlich.

Sommerwein - Tinto de Verano. Rotwein mit Orangensaft und einem Schuss Maracuyasirup

Sommerwein - Tinto de Verano. Rotwein mit Orangensaft und einem Schuss Maracuyasirup

Crevetten in Tomatensosse mit Bananenchips

Crevetten in Tomatensosse mit Bananenchips

Den Abend verbringe ich auf der Dachterrasse, geniesse die freie Aussicht über die Stadt. Links kann ich den Parque de Luces mit den hohen Lichtsäulen erkennen und geradeaus muss der Boteroplatz sein. Rechts leuchtet das Dach des Coltejer-Hochhauses, des höchsten Gebäudes der Stadt. Unter mir pulsiert der Verkehr der Grossstadt pausenlos.

Es ist ein eigenartiges Gefühl, sich in dieser Stadt bereits auszukennen. Ich werde eine Woche bleiben. Ein paar bekannte Orte noch einmal besuchen, meine Reiseberichte fertig schreiben und mich damit befassen, wie meine Reise weiter gehen könnte.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl. Dieser Satz hat mich durch das Corona-Jahr begleitet. Eigentlich war mein Abflug nach Südamerika am 3. April 2020 gebucht. Doch dann kam alles anders.
Details:
Aufbruch: 20.06.2021
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.01.2022
Reiseziele: Peru
Kolumbien
Argentinien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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