Neustart
Pilpintuwasi
Bei jedem Besuch in Iquitos muss ich einmal ins Pilpintuwasi, ins Schmetterlingshaus von Gudrun Sperrer. Gudrun ist Österreicherin und hat hier ein kleines Paradies erschaffen. Mit ihren Schmetterlingen ist sie nicht nur eine Touristenattraktion, denn wo kann man schon so viele dieser fliegenden Blumen aus der Nähe sehen und fotografieren, sie versteht den Ort auch als Aufklärung für Einheimische. Denn noch immer werden auf den Märkten aufgespiesste Schmetterlinge verkauft. Als Souvenir, das dann in den meisten Heimatländern illegal über die Grenze gebracht wird.
Sie möchte zeigen, wie wichtig der Schutz der Schmetterlinge ist und dass man dazu Sorge tragen muss. Ausserdem hat sie inzwischen einen kleinen Zoo. Immer wenn der Zoll am Flugplatz oder in einer der Lanchas Tiere findet, bringt man sie zu Gudrun, die für alle Tiere ein offenes Herz hat. Auch Äffchen vom Markt werden zu ihr gebracht. Wobei das eine endlose Aufgabe ist, denn für jedes gerettete Äffchen wird ein neues auf den Markt kommen. Solange die Tiere gekauft werden, werden sie angeboten. Tierschutz ist hier noch weit hinter uns. Der Star in Gudruns Zoo ist übrigens Pedro, der Tiger, der schon lange hier lebt. Einmal hat sie mir kleine Faultiere gezeigt, die sie bei sich im Haus aufpäppelte.
Um zum Pilpintuwasi zu kommen, fährt man erst zum Hafen von Nanay von dem alle Ausflugsboote starten. Auch zu den Boras oder den Yahuas fährt man hier weg. Ich war also auch dieses mal schon öfters da und staune jedesmal über das Angebot das hier auf einem kleinen lokalen Markt verkauft wird. Allen voran sind es die Suri, die immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dicke fette Maden, die sich entweder auf Stroh oder im Wasser winden, bis sie auf Stecklein aufgespiesst auf den Grill kommen. Sie gelten als Delikatesse und sind eine wichtige Proteinquelle.
Als nächstes fallen die Schildkröteneier auf, die gekocht angeboten werden. Immer wieder setzt sich jemand an den Tisch und lässt sich einen Teller servieren. Soll gut für die Potenz sein...
Daneben gibt es natürlich jede Menge frische Fische, die hier fast direkt aus dem Fischernetz verkauft werden. Sie werden auf grossen Tischen auf Blättern oder Plastik ausgelegt oder direkt auf dem Boden. Je nach dem wohl, wie gross das Angebot der Händlerin ist und ob es sich lohnt, einen ganzen Standplatz zu mieten.
In der grossen Halle reiht sich Tisch an Tisch und Grill an Grill mit den exotischsten Genüssen. Auch hier vor allem Fisch. Direkt auf dem Grill oder auf Blätter oder eingewickelt in Blätter, Pataraschka genannt. Ich habe hier auch schon halbe Lagartos (Krokodile) entdeckt, aber heute, wo ich danach suche, finde ich einzig zwei Beine. Natürlich fehlen auch die Kochbananen nicht. Geschält auf dem Grill oder kochend in einem Topf. Dazu die fritierten Bananenbälle aus zerstampften Bananen. Auch die in Blätter gewickelten Reisbälle Juana dürfen nicht fehlen. Es sind die Restaurant der einheimischen Bevölkerung. Hier verpflegt man sich, wenn man weit weg ist von zu Hause. Auswärts essen ist sehr verbreitet in Iquitos.
Persönlich habe ich eher Mühe, mich so zu verpflegen, obwohl gebratene Fische definitiv unproblematisch sind. Suri habe ich einmal eines versucht. Hat gar nicht schlecht geschmeckt, brauche es aber trotzdem kein zweites Mal. Lagarto esse ich ganz gern als Nugget. Könnte man mit Poulet vergleichen. Kochbananen werden auch in den Restaurnts überall als Beilage serviert. Ich mag sie in beschränktem Mass, bevorzuge aber halt doch Kartoffeln. (Was der Bauer nicht kennt...)
Auf dem Weg zum Hafen verhandle ich den Preis für die Fahrt zum Pilpintuwasi mit einem der Schiffsführer, die hier auf Passagiere warten. Bin dann ganz überrascht, was für ein grosses Boot ich mir da erhandelt habe. Für mich ganz allein eine Riesenjacht. Sozusagen.
Wir fahren hinaus auf den Rio Nanay, vorbei am Wasserflugzeug, das hier seine Basis hat. Einmal bin ich damit geflogen, wollte Flugaufnahmen von meiner Lodge. Wir sind darüber gekreist, bis es uns allen fast schlecht wurde. Heute würde man das mit einer Drohne machen.
Dann kommen wir unter der neuen Brücke durch. Wahrscheinlich wird sie bei meinem nächsten Besuch fertig gestellt sein und anschliesend wird die Strasse gebaut bis Mazan. Lucas, mit dem wir vor ein paar Tagen nach Nauta gefahren sind, überlegt sich bereits, sich auf die neue Strecke einzustellen, denn auch hier wird es einen Pendeltaxi-Service geben. Ich bin gespannt auf die Veränderungen die sich mit der neuen Strassenverbindung ergeben wird. Wahrscheinlich würde ich dann auch über die Brücke nach Padre Cocha fahren und viele Bootsbesitzer verlieren ihre Einkünfte.
Am Nanay kommen wir auch an den Cruisern vorbei. Grosse Ausflugsschiffe mit grosszügigen Kabinen und Sonnendeck. Sie warten hier auf ihren erneuten Einsatz, wenn erst die internationalen Touristen wieder zurück kommen.
Bald erreichen wir den kleinen Ort Padre Cocha. Um zum Pilpintuwasi zu gelangen, brauche ich noch einmal ein Mototaxi. Mein Schiffsführer fährt mit, er will sicher sein, dass ich das Pilpintuwasi finde, meint er, aber natürlich will er sicher gehen, dass ich ihm nicht abhaue. Darum wartet er auch mit dem Mototaxifahrer vor dem Eingang auf mich, Egal wie lange es dauert, die beiden haben Zeit.
Bei höherem Wasserstand kann man bis zum Pilpintuwasi mit dem Boot fahren, aber jetzt ist die Lagune fast trocken. Die Sandsäcke im Eingangsbereich haben den Zweck, dass das Land bei Hochwasser nicht komplett verschlammt und weggeschwemmt wird.
Der Zugang zum Pilpintuwasi soll die Tiere und Pflanzen vor den Menschen schützen, darum sind diese eingesperrt.
Im Eingangsbereich ist ziemlich viel los. Eine ganze Gruppe peruanischer Touristen ist gerade mit ihrem Führer angekommen. Ein Volontär übernimmt die Tour, aber ich mag heute nicht die ganze Führung durch den Zoo mitmachen, will eigentlich nur ins Schmetterlingsgehege und versuchen ein paar schöne Fotos von den farbigen Faltern zu bekommen. Ich sehe Gudrun vorbei gehen und rufe: "Hallo Gudrun!" "Oh, Beatrice, schön, dass du da bist!" ich bin völlig baff, dass sie mich nach all der Zeit noch erkennt, aber sie meint, es wären zur Zeit wenig deutschsprachige Besucher unterwegs. Ausserdem hat sie in den letzten Tagen ein paar meiner Posts im Facebook gesehen. Selbstverständlich darf ich ins Schmetterlingsgehege. "Nimm dir Zeit, solange du willst, pass nur auf, das keiner der blauen Morfeos entwischt, ich habe im Moment nur gerade zwei. Die nächsten werden erst in ein paar Tagen aus der Puppe schlüpfen."
Wunderbar, ich kann also ungestört versuchen, ein paar schöne Bilder zu schiessen. Die beiden Morfeos, für die das Pilpintuwasi so bekannt ist, sehe ich zwar nicht, doch das ist keine Überraschung, sind es doch grad sie, die ihre Flügel nur selten ausbreiten. Das einzige Foto, das ich von einem Morfeo habe, ist mit Gudrun. Sie scheint jeden persönlich zu kennen, kann sie einfangen und dazu bringen, dass sie zwischen ihren Fingern die Flügel ausbreiten und ihr leuchtendes Blau zu zeigen. Dafür aber fange ich per Video einen der teilweise blau gefärbten ein. Einen kurzen Moment nur, flattert er vor meiner Kamera und wenn ich das Video mit Verlangsamung laufen lasse, kann man die Farbe sehen.
Im Pilpintuwasi gibt es ganz viele verschiedene Sorten, aber da nicht alle die gleiche Saison haben, gibt es zur Zeit vor allem die schwarz/roten. Wobei die Innenseite der schwarzen Flügel mit der roten Zeichnung beim Körper blauschwarz schimmert. Der etwas grössere Schmetterling, der ebenfalls vorwiegend schwarze Flügel hat, aber eine klarere Unterscheidung von Vorder- und Hinterflügel, flattert aufgeregt mit den grossen Flügeln und ist kaum festzuhalten.
Ich lasse mir Zeit, auch wenn es im Gehege immer heisser wird und mir inzwischen der Schweiss von der Stirne fliesst. Einmal wäre mir das Handy fast aus den Händen geflutscht, als ich so konzentriert auf einem Schmetterling geblieben bin. Aber alles ok, nichts passiert.
Nach einer Stunde bin ich zufrieden. Auch wenn ich weiss, dass die Ausbeute nicht ganz meinen Vorstellungen entspricht. Aber ein paar gute Aufnahmen werden bleiben, das habe ich noch immer geschafft.
An der Kasse hinterlasse ich eine Spende, denn einen Eintritt musste ich nicht bezahlen. Meine beiden Chauffeure haben geduldig vor dem Eingang gewartet und bringen mich zurück zum Schiff und von da über den Fluss nach Nanay.
Ich kehre noch kurz im schwimmenden Restaurant ein, als kurz darauf ein gewaltiger Regenschauer einsetzt, der alle Boote auf dem Wasser wild tanzen lässt und die Gäste an den Tischen am Rand in die Mitte des Raumes flüchten, um nicht komplett durchnässt zu werden.
Es ist besser, wenn man hier aufpasst, wo man hintritt. Es kann auch mal ein Kabel gespannt sein, oder ein Brett verrutschen, ein Baumstamm schaukeln, der Schlamm tief sein...
Die Zugänge zu dem Restaurant wie auch zu den Bootsstegen sind hier immer improvisiert, da sie mit dem Wasserstand sinken, respektive wenn das Wasser dann ab September wieder steigt, auch wieder angepasst werden.
Dass dabei das Wasser bis zum Restaurat auf Stelzen reicht, kann man sich jetzt in der Trockenzeit allerdings fast nicht vorstellen. Auch ich staune immer wieder, auch wenn ich das schon öfters erlebt habe.
Bis unter das Geländer wird das Wasser am Ende der Regenzeit reichen. Das Haus daneben ist nur geparkt, es steht auf einem Floss.
Beim Schreiben dieses Kapitels hatte ich einen Zuschauer, bin aber nicht sicher, ob der alle meine Fehler gefunden hat.
Ein paar Schmetterlingsvideos findet man auf meiner HP
www.bison.ch Peru-Videos
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
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