Neustart
Busfahrt
Das Frühstücksbuffet wird hygienisch verpackt angeboten, die Auswahl ist sehr beschränkt, aber es ist alles da, um mich für die heutige Fahrt zu stärken.
Das war er jetzt also, mein Aufenthalt in Trujillo. Ich habe zwei sehr interessante Ausgrabungen besucht und einen neuen Taxifahrer kennen gelernt. Walter holt mich heute ab und fährt mich zur Busstation.
Dabei stellt es sich heraus, dass er tatsächlich auch den Portier meines Hotels kennt, weil Mario Vargas eben auch hier verkeht, wenn er in der Stadt ist. Bin also auf prominenten Spuren unterwegs.
Bevor ich mich von Walter verabschiede, machen wir noch das versprochene Foto und als ich bezahlen will, winkt er ab, Freundschaft. Das kann ich so nicht gelten lassen. Freundschaft ist das eine, aber Geschäft bleibt Geschäft. Wenn ich je wieder nach Trujillo kommen sollte, werde ich ihn kontaktieren, denn im Facebook bleiben wir in Kontakt.
Um in die Busstation zu kommen, braucht es Vollmontur. Ich komme mir wieder vor wie ein Astronaut kurz vor dem Abflug mit meiner doppelten Maske und vor allem mit dem Plexiglasschild. Das muss ich die ganze Zeit tragen, solange ich auf den Bus warte und dann auch noch zum Einsteigen. Ausserdem wird natürlich die Temperatur gemessen, aber das läuft inzwischen so nebenbei, dass ich es kaum mehr beachte und auch der Alkohol, den man mir in die Hand spritzt ist schnell verdunstet. Ich will eigentlich nicht bei jeder Gelegenheit auf diese Massnahmen hinweisen, aber die Tatsache, dass ich oft Selfies ohne Maske mache, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass man hier tatsächlich keinen Schritt ohne Maske macht. Egal ob draussen oder drinnen, im Hotel, im Taxi, im Restaurant, immer trägt man die Maske und es gibt niemanden, der das nicht tut. Doppelmaske wird in Banken verlangt, sonst kommt man nicht zum Geldautomaten. Und eben auch im Bus. Natürlich werden überall einzelne Masken und Schutzschilder verkauft, es gibt also keine Ausrede, dass man keine hätte.
Lesen mit Doppelmaske und Schutzschild ist etwas schwierig und ich habe auch das Gefühl, dass ich die Übersicht verliere, vor allem wenn sich auch noch die Brille beschlägt.
Vor mir liegt eine Tagesfahrt von vier Stunden. Also gar nicht so schlimm. Ausserdem ist die Strecke ziemlich eben und es liegt kein Pass mit Kurven auf dem Weg. Die Sitze sind nummeriert, ich habe einen Fenstersitz im 2. Stock. Die Sitze sind mit Vorhängen abgetrennt, ich kann also nicht einmal sehen, wer da neben mir sitzt. Hab trotzdem rasch geguckt, es ist eine junge Frau, aber sie schläft schon in den ersten Kilometern ein. Das kann ich gut verstehen, denn die Fahrgäste beim Mittelgang sehen auf beide Seiten nicht aus dem Fenster. Eigenartige Art des Reisens.
Den Schild hab ich kurz nach Abfahrt hoch geklappt. Die Masken müssen anbehalten bleiben, auch wenn das niemand direkt kontrolliert. Der Blick aus dem Fenster zeigt mir eine flache Ebene mit grossen Anbauflächen. Abgeerntete Reisfelder, ausgetrocknet, oder junger Reis, der im Wasser steht. Kartoffeln, Blumenkohl, Tomaten, viel Mais. Und immer wieder Binsen. Das sind die, mit denen man die Tortora baut, die traditionellen Fischerboote.
Leider sind die Fenster getönt, so dass die Fotos jetzt aussehen, als ob sie einmal durch den Schlamm gezogen worden wären.
Weit hinten kann ich manchmal Berge erkennen, oder Hügel.
Eine fast mystische Gegend hier im Norden von Peru. Steinwüsten, wo die Flächen nicht kultiviert und bewässert werden.
Das gehört sich wieder einmal: ein feiner Pisco sour im Hotel - Die Hotelbar ist leider geschlossen, wie so vieles im Moment.
Ein Taxi bringt mich ins Hotel, das ganz in der Nähe ist. Es ist noch hell, aber schon während ich im hoteleigenen Restaurant ein kleines Nachtessen einnehme, wird es dunkel. Ich bleibe im Haus.
Auch am nächsten Tag, es ist ein Sonntag, mache ich es mir gemütlich. Das Zimmer ist gross, es gibt einen bequemen Schreibtisch und so versuche ich, die letzten Tage zusammen zufassen. Ausserdem merke ich, dass ich so lange Busfahrten nicht mehr einfach so wegstecke, auch nicht, wenn es eine Tagesfahrt war. Es braucht trotzdem viel Kraft. Einerseits. Andererseits geniesse ich es noch immer, unterwegs zu sein. Die Freiheit, genau das zu tun, was ich am liebsten mache. Da können mich auch ein paar Corona-Einschränkungen nicht behindern.
Am Nachmittag bummle ich dann doch noch zum Hauptplatz, will wissen wo ich hier gelandet bin. Chiclayo, im Norden von Peru. Eine Stadt mit knapp 300'000 Einwohnern.
Ich besuche die schöne Kathedrale, sehe den Schuhputzern auf dem Hauptplatz zu und staune über eine neue Art des Bettelns. Eine Frau ist mit ihrer Tochter unterwegs. Die beiden ziehen eine Soundanlage hinter sich her. Die Tochter trällert in ein Mikrofon zum Sound aus der Box und beide spazieren über den Platz und halten ihre Kartondeckel den Passanten entgegen.
Bettler sieht man hier leider überall. Manchmal verkaufen sie Kleinigkeiten, oft aber sitzen sie nur auf der Strasse. Alte Männer, junge Frauen mit einem Kind im Arm. Es ist schwierig immer daran vorbei zu gehen.
Ich gehe weiter, komme in eine Art Fussgängerzone wo am Strassenrand immer mehr Stände stehen. Fruchtstände, ein paar Schlüsselservice, Kleider, Schuhe, Schmuck, Wachteleier, Unterwäsche. Das Angebot ist vielseitig und völlig durcheinander.
An einem Ort gibt es sogar einen Freiluft-Beautysalon. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, da werden Permanent-Augenbrauen neu gemalt.
Als das Gedränge zu gross wird, kehre ich um. Auf dem Rückweg finde ich ein Restaurant, wo ich mir ein gegrilltes Huhn mit Pommes und Salat servieren lasse.
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
Argentinien