Neustart
Verlorener Glanz
Iquitos, die grösste Stadt der Welt, die nicht mit einer Strasse erschlossen ist. Hierher kommt man nur mit dem Flugzeug oder per Boot. Mit Frachtschiffen, was immer wieder ein ganz besonderes Abenteuer ist. Das heisst aber auch, dass alles, was die Stadt braucht, auf dem Waserweg geliefert wird. Eine halbe Million Menschen leben hier und in den umliegenden Agglomerationen.
Am Sonntag-Nachmittag mache ich mich auf, zu einen Spaziergang. Gerade noch hat es kurz geregnet und die Temperatur ist ein wenig zurück gegangen. Ich will die Prachtstrasse ablaufen, das heisst, natürlich ist das die ehemalige Prachtstrasse. Es gab eine Zeit, da war Iquitos eine der reichsten Städte der Welt. Als die Autos aufkamen und man für die Pneus Kautschuck brauchte herrschten hier die Kautschukbarone mit einer unglaublichen Härte und Dekadenz. Die Einheimischen, darunter viele Indigene wurden kurzerhand zur Zwangsarbeit eingezogen. Mit behördlicher Bewilligung. Mit unerbittlichem Druck wurden die Arbeiter in den Wald geschickt, um den Bäumen das Harz abzugewinnen. Dieses wurde dann abgekocht und eingedickt und in grossen Ballen auf Schiffe verladen. Eine riesige unmenschliche Arbeit, die nur den Besitzern der grossen Handelsfirmen Gewinn brachte. Der ganze Dschungel wurde aufgeteilt, die Menschen gleich mit einbezogen und wie Leibeigene behandelt. Gut 30'000 Menschen verloren ihr Leben zwischen 1881 und 1915, vorwiegend Boras und Huitotas.
Während die Arbeiter schufteten, bauten die Kautschukbarone ihre Hauser. Ihre Paläste. Dabei konnte das beste und teuerste gerade recht sein. Mit dem Schiff wurden Azulejos-Kacheln aus Spanien und Portugal gebracht. Fragile Schmiedearbeiten für die Balkone und auch der Innenbereich wurde aufwändig dekoriert.
Der Boom dauerte nur ein paar Jahrzehnte. Als in Asien angefangen wurde, Kautschukbäume anzupflanzen, und das Harz einfacher gewonnen werden konnte, war die Hochzeit von Iquitos vorbei
Inzwischen werden die Häuser dem Verfall überlassen. Ich kann mich erinnern, dass ich vor ein paar Jahren diese Strasse schon einmal mit einem Cousin gelaufen bin. Er interessierte sich für die Architektur und machte mich an einigen Orten auf die wunderbaren Stukkaturen aufmerksam, die man durch zerschlagene Fenster sehen konnte. Jetzt sind diese Häuser völlig leer, die Decken weg und die Fenster ebenfalls. In den ehemaligen Sälen wachsen Bäume.
Einige der Häuser werden noch für Verwaltungsaufgaben genutzt, so hat zum Beispiel das Militär eines der besser erhaltenen Häuser übernommen, die meistn aber stehen leer. Und trotzdem kann man den vergangenen Glanz noch erkennen. Bei den eleganten Bogenfenstern, den aufwändigen Fassaden und den fantasievollen Balkongeländern. In einigen Häusern wurden wenigstens im unteren Teil Resturants eingerichtet, oder eines wurde gar zu einem eleganten Hotel im Kolonialstil eingerichtet.
Die absolute Dekadenz und gleichzeitig ein fantastisches Stücke Geschichte ist sicher das Eisenhaus am Hauptplatz.
Das Haus wurde in Paris gebaut, man sagt nach Plänen von Gustave Eiffel, sicher ist diese Tatsache aber inzwischen nicht mehr. Danach hat es ein Händler in Iuitos gekauft, liess es in Stücke schneiden und auf zwei Schiffen verteilt nach Iquitos bringen. Hier mussten die schweren Teile mit Manneskraft an den definiven Ort gebracht und wieder zuammengebaut werden. Alles ist aus Eisen an diesem Haus. Unten ist heute eine Apotheke, oben stand es jetzt jahrelang leer. Nur bei meinem allerersten Besuch hier in Iquitos, 2008, war da ein Restaurant. Jetzt ist es neu wieder eröffnet worden. Und zwar angemessen als sehr elegantes Restaurant der höheren Klasse.
Genau der richtige Abschluss dieses Tages mit dem Ausflug in die Geschichte.
Aufbruch: | 20.06.2021 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.01.2022 |
Kolumbien
Argentinien