villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

hola chicos

Immerhin hatten wir zwischenzeitlich mit den Cardozos eine Ersatzfamilie für Neujahr gefunden, hier die Vorgeschichte dazu : Als wir 2009 gestartet sind, haben wir für einen Kumpel von Tom Meier eine Sack Kleider mit nach Argentinien geschippert, diesen übergaben wir in Buenos Aires an den sympathischen Paul/Pablo, der persönlich diverse Hilfeprojekte führt und supportet, u a die Familie Cardozo.

Die Cardozos leben in einem Aussenquartier des touristischen Puerto Iguazu und Ihr eh schon an der Armutsgrenze geführtes Leben, veränderte sich schlagartig , als der Papi Anselmo der sechsköpfigen Familie durch falsche medizinische Betreuung nach einem einfachen Motorradunfall verstarb.

Pablo nahm sich den Hinterbliebenen an und sorgten von da an mit Unterstützung, persönlicher Hilfe und Material, dass Mami Maria Ihren sechs Kindern, Jonathan, Marcelo, Junior, Diego, Luca und Marianna eine anständige Ernährung und Ausbildung bieten konnte. Heute lacht als Siebte das Nesthaeckchen Alessandra mit, Ihre Zeugung mit einem für den Rest der Familie unbekannten Mann, hatte nur einen einzigen Grund, in Argentinien erhält eine Witwe nur ab sieben zu erziehenden Kinder eine angemessene Rente...

Wir hatten viel Zeit im Hinterhof Ihres kleinen Hauses auf ausrangierten Stühlen Mate (heiss) / Terere (kalt) zu trinken und viele Geschichten und Erlebnisse der Cardozos zu erfahren. Jonathan und Junior haben zwischenzeitlich einen Job und bereits Ihre eigene Familie gegründet, sie sorgen mit Ihren Einkünften vorwiegend für den Rest der Familie.

Dann gibt es noch die Abuela (Grossmutter), die in einem lieblichen Holzhäuschen mit Garten, Hühnern, Katzen und Hunden gleich um die Ecke wohnt, sie ist die stille Managerin, bei Ihr müssen alle antanzen, falls es um eine spezielle Investition oder Entscheidung geht. Sie häkelte für uns eine kleine Decke, backte Pan Kuka und erklärte uns dabei mit einem Schmunzeln Ihre Familiengeschichte mit 23 Geschwistern, sie selber hat aus diesen Erfahrungen heraus nur zwei Kindern das Licht der Welt geschenkt, darunter Mami Maria Cardozo.

Dank Einsatz von verschiedenen Seiten hat die regionale Regierung auf dem Mini Grundstück der Cardozos vor zwei Jahren ein kleines Backsteinhaus neben der alten Holzhütte erstellt, nun müssen nicht mehr alle Kinder in einem Zimmer schlafen. Luca, Diego und Marianne besuchen die Karate Schule gegenüber, hier führt Alfonso seine Schüler von 3 bis 20 Jahren oft kostenlos in die Geheimnisse asiatischer Kampfsportarten und gleichzeitig wichtigen Lebensregeln ein.

Alfonso geniesst einen enormen Respekt in der Gemeinde, seine Aufgabe ist nicht genug zu honorieren, ist er doch neben Karate Lehrer oft ebenfalls Ersatzpapi und Ansprechperson für alle (un)möglichen Probleme seiner Jünger. Kein Wunder ist er in seinem Haus selten alleine, immer klopfen Kinder und Jugendliche an und werden von Ihm mit einem Lächeln empfangen. In einem Barrio (Quartier) wo Drogen und Kriminalität durchaus zur Tagesordnung gehören sind solche Menschen Gold wert, wir ziehen vor Alfonso und Pablo den Hut und verneigen uns tief.

Die Tage mit den Cardozos zeigen uns einmal mehr, mit wie wenig man glücklich sein kann und trotzdem gerne mit anderen Menschen teilt, was man besitzt. Mit der gesamten Familie Cardozo in der Villa Venus verpackt, besuchten wir am letzten Jahrestag den hinter dem Barrio im Dschungel versteckten Wasserfall. Ausser Pablo und uns waren wohl noch nicht viele Touristen dort, auf jeden Fall wurden wir mit grossen Augen der Anwesenden Todesspringer erwartet.

Die Mutigsten des Quartiers treffen sich hier zur Probe und springen seitlich vom hohen Felsen hinunter in den sprudelnden Wasserfall. Ohne Worte war bald klar, dass man von Don Schetty eigentlich erwartete diesen Sprung zu wagen, was von unten noch entspannt aussah, entwickelte sich auf dem Felsen als wahre Mutprobe.

Von oben präsentiert sich das klitzekleinen Eintauchloch neben den kantigen Felsen wie ein Eimer Wasser, da man zudem mit Anlauf und somit ohne Sicht über die ersten Felsen schweben muss, macht die Sache nicht einfacher. Pablo mit seiner Horrorgeschichte von im falschen Moment auf dem glitschigen Felsen auszurutschen steigerte das Herzklopfen in der Hose deutlich, doch unter den Augen der anwesenden Todesspringer wieder hinunter zu klettern, war irgendwie doch noch fieser, also Augen zu und durch. Herrlich das Gefühl beim Eintauchen und daher gleich nochmals hoch...

Den Silvester feierte wir zusammen mit der Familie im Hinterhof, wir spendierten Essen und Wein und waren keineswegs überrascht als für 15 anwesenden Personen, darunter 5 Kinder, 3 Kilo Costillas (Rips), 4 Kilo Chorizos (Würste), 2 Pollos (Poulets), 1.5 Kilo Corte Americano (irgendein Steak), 2 Waschbecken voll Kartoffelsalat und 5 Kilo Brot an geschleppt wurden. Natürlich wurde das Fleisch argentinisch zärtlich auf die wenigen glühenden Kohlestücke geworfen, so dass wir kurz vor Mitternacht bereit waren, doch da begann schon das nachbarliche Feuerwerk und das Cohetes (Knaller) Festival und wir mussten auf die Strasse zum feiern und küssen.

Deutlich später gesellten wie uns wieder an den Tisch und genossen die zwischenzeitlich kalten Fleischspezialitäten, die so hervorragend zum Kartoffelsalat der Abuela passten, viva Argentina, wir lieben deine völlig Zeitunabhängige Lebensfreude.

Danke an Pablo, Alfonso, Jens (der seine Kleider gespendet hat, der Schuh war ja eh schon weg) und vor allem an die Cardozos, die uns so herzlich spontan in Ihrer Mitte aufgenommen haben.
Wer mehr zu den Projekten von Pablo wissen will, darf sich gerne bei uns melden.

Jetzt wünschen wir Allen nachträglich ein fantastisches neues Jahr und vielleicht denkt ihr im 2012 wie wir ab und zu an die Cardozos, manchmal ist weniger mehr und freudig teilen kann man immer!

Hasta la proxima.
a&t