villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

hola chicos

Villa Florida und Juan de Ayolas klingen schön und bieten feinste Sandstrände am erfrischenden Rio, bei der aktuellen tropischen Hitze lassen wir uns vom Ufer ins kalte Nass klatschen und leisten somit farbliche Abwechslung zu den vereinzelten Fischerbooten. Die sonnengegerbten Marineros schauen uns mit der Angel in der Hand entspannt an und winken lustig, auf unsere Frage, was hier so anbeisst, antworten sie mit einem Schmunzeln Piranhas...wir schmunzeln zurück.

Als tatsächlich einer dieser genussfreudigen Kollegen an einem wenige Armlängen von unserem Kopf entfernten Hacken baumelt, machen wir uns etwas flotter auf den Rückweg an den trockenen Strand und auf den Weg in die paraguayischen Karnevalshochburg Encarnacion, wo uns Alejandro und seine Familie, die Bekanntschaft von der Autowaschanlage herzlich in Ihrem Häuschen inklusive Bett und Vollpension willkommen heissen.

Alejandros Urgrossvater, der Tessiner Don Bertoni war Schweizer Konsul in Paraguay, die gesamte Familie besitzt daher neben dem Paraguayischen noch immer einen Schweizer Pass, sie sprechen aber weder eine eidgenössische Sprache noch haben sie eine Fondue Mischung im Schrank.

Bei 40 Grad im Schatten tauscht man die Lust auf Fondue jedoch sehr gerne mit heissen Samba Rhythmen, eisgekühltem Bier und dezent gekleideten Damen aus. Wenn man sich wie an der Basler Fasnacht gut gelaunt an die Hauptstrasse stellt, passiert nicht viel, das Karnevalsgelände ist weitläufig abgesperrt und man erhält nur mit einem bis zu SFr. 50.00 teurem Eintrittsticket Zugang zum um 21.30 Uhr startenden Spektakel. Da die Einheimischen erst später eintrudeln, fühlten wir uns vorerst wie am Challenge League Schlagerspiel Chiasso gegen Gossau.

Die einzelnen aus verschiedenen Barrios (Quartieren) stammenden Gruppen wandern nicht dynamisch hintereinander über den 1 Kilometer langen Parcours, sondern gönnen sich jeweils locker eine halbe Stunde Pause, so dass der Umzug bis 3 Uhr in den frühen Morgen dauert. Dazwischen wird mit Werbe Tanzgruppen wie z.B. meinem persönlichen Favoriten Toyota Yaris für Abwechslung gesorgt, überall sind Werbebanden aufgestellt, Fahne aufgehängt und die brasilianische Biermarke Brahma gibt alles indem sie den Karnevalsteppich mit dem Logo bedruckt.

Stimmung, Mädels, Kostüme und Musik sind grandios, bald tanzt man die Stunden zusammen mit den Tribünen Nachbarn nur so weg vom Parkett, immer unterstützt von herumfliegendem (Rasier-) Schaum, der hier als Raeppli oder Papierschlangen Ersatz dient und für wahre Schlachten zwischen den einzelnen Zuschauergruppen führt. Das in der Rekrutenschule erworbene Schiessabzeichen findet somit endlich seine wahre Bestimmung und lässt uns bald Duell-los auf dem umkämpften schaumigen Feld zurück.

Am nächsten Abend ergattern wir uns Zugang zu der Vorbereitungszone und sind somit hautnah bei den sympathischen Teilnehmern, wirbelnden Trommelgruppen und Toyota Yaris, um ein Haar wären wir auf einem Karnevals Mobil durch die Menge geschaukelt, la vida es un carneval!

Nicht unangekündigt verabschiedete sich nach tausenden staubigen Kilometer der Villa Venus Autoradio/CD Player, Electronico TU baute das Teil kurzer Hand aus und pimpte den defekten Leser mit MP3 und anderen Schikanen für faire SFr 15.00 auf...wir verzichteten aber schweren Herzens ein weiteres Mal auf die angebotene Boxen Landschaft mit 1000 Watt Leistung...

Zusammen mit Alejandro, seiner Frau Diane, Sohn Fabri, Vater Marcial, der 95 jährigen Grossmutter Abuela, Hausangestellten Mary waren wir innert kürzester Zeit ins Familienleben integriert, teilten Essen, Bett, Küche, Bad, Terere (kalter Tee ähnlich Mate), Waschmaschine, Weinflasche und sonntägliche "Rimini" Strandbesuche. Dadurch lernten wir Familien Amigo Lugo kennen, der uns versprach Villa Venus vom Rost zu befreien und gleichzeitig frischen Fisch auf den Teller zu zaubern.

3 Tage Doktorarbeit inklusive Computer analysiertem Farbausgleich liessen Villa Venus von aussen brillieren, auf den zweiten Blick offenbarten sich jedoch unbearbeitete sowie schlicht nur übertünchte Stellen, was uns nicht so gefiel. Amigo Lugo meinte darauf er habe diese übersehen und Familie Alejandro überraschte mit der Aussage, ja wir hätten das Auto auch nicht dorthin gebracht, weil Amigo Lugo gar nicht mehr so gut sehen kann, da er immer ohne Schweissmaske herum fuchtelt. Vielleicht wäre diese Information zum Anfang hilfreicher gewesen...

Wir hatten schon fast Mitleid mit unserem Hobbyschweisser als er uns für seine unvollständige Arbeit Geld zurück zahlte, doch schlussendlich drückten wir uns herzlich und haben wohl Alle unsere Lektion daraus gelernt. Mit SFr 150.00 für 3 Tage Schweissen, Nachfüllen, Abdichten und Spritzen der rostigen Stellen konnten wir Villa Venus äusserlich wieder einen edlen Look verleihen.

Jetzt hiess es Abschied nehmen vom schmucken Grenzstädtchen Encarnacion, der Familia Alejandro und unserem neuen Geheimfavoriten Paraguay, weiter geht es ins nächste Kapitel und Abenteuer nach Corrientes Argentinien.

Hasta la proxima.
a&t