villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

holà chicos

Es schlagen die letzten Stunden im Hotel Coconut und wir fühlen uns wie frisch geschnittene Zwiebeln, doch vor dem Abschiedsschmerz wollen wir Euch von den vergangenen Wochen erzählen. Wir nutzen die Gunst der geschlossenen Hotelpforte und besuchten unter anderem das weiter südlich an einer herrlichen Bucht liegende El Matal (Jama), wo einfache Holzhüten die sandige Hauptstrasse zieren, wetterfeste Fischer ziehen in Ihren zu grossen Überhosen die Netze aus dem Meer und verkaufen den farbigen Fang direkt unter den schattigen Palmen Dächern.

Am Ende des Dorfes stehen wir plötzlich vor einem mächtigen Schild, dass zu diesem Zeitpunkt ziemlich fremd wirkt, nach einem Blick dahinter empfängt uns Coco Beach. Ein Amerikaner hat hier einen gesamten Strandabschnitt ergattert, welcher nun mit pompösen Villen für pensionierte Gringos voll gepflastert wird, zwei komplett verschiedene Welten auf engstem Raum, wir staunen.

Im Landesinneren fliesst der Rio Muchacho und die gleichnamige Farm daneben besticht mit Recycling und Kompostierung bis zum krönenden ökologischen Triumph, Schweinekacke sorgt für Gas und Wärme, ein Fahrrad mit abwechselnden Fahrern versorgt die Anlage mit frischem Flusswasser, Kaffeebohnen werden im Biotrocknungsprozess verarbeitet und ebenfalls per Pedal gemahlen, alle Zutaten für die Mahlzeiten wachsen fröhlich zufrieden in kompostierter Erde, Alkohol und Fleisch gibt es nicht und wenn es dunkel wird, ist es dunkel.

Dunkelrot und Aufgeblasen ist nicht unbedingt das bevorzugte Aussehen eines Surfers am trendigen Wellenstrand von Canoa. Während dem Palmen Fächer schneiden entschied sich eine gentechnisch manipulierte Wespe spontan von Ihrem Nest aus mit einem markanten Stich Schetty in einen ebensolchen Status zu verwandeln. Meine allergischen Reaktionen haben sich dahin sehr im Rahmen gehalten, nach dieser verkappten Attacke von Willi aus dem unbekannten Land sah ich jedoch wie ein besoffener Engländer ohne Sonnencreme nach einem fünfstündigen Schlaf in der Mittagssonne der luftigen Costa Brava aus, Lorena rettete mich mit Medikamenten und entzündungshemmender Lotion, Fotos dazu gibt es glücklicherweise keine.

Emotionen wurden ein erstes Mal beim fern diagnostizierten Umzug unserer geliebten Beinvilla auf die Probe gestellt, dank der fantastischen Mithilfe unserer Eltern, wurde unsere chaotisch gestapelten Habseligkeiten edel verpackt und von professionellen Zügel Männer, die gemäss Beschreibung unserer Erzeuger locker die Hauptrolle in Conan der Barbar besetzten könnten, in einen neuen Lagerplatz geschleppt. War sehr speziell so auf die Distanz Abschied zu nehmen von unserer wohligen Batterieauflade-Station auf dem herrlich ruhigen Hügel mit Blick auf See und Berge, an dieser Stelle vor allem ein schallendes Hosiana auf unsere Supereltern!

Zwischenzeitlich verabschiedete sich Ashley, der jetzt Cuya (von Maracuya) heisst von uns, sie lebt wie der Name vermuten lässt in einer lustigen Maracuya Farm. Nicht ganz so lustig war es im kulturellen Highlight der Woche, der Zirkus mit dem magischen Namen Circo National de Puerto Rico hielt auf der staubigen Plaza von San Vicente und versprach Attraktionen vom Feinsten.
Motivierte kauften wir Eintritte für 2 Dollar und freuten uns auf Akrobatik, Clowns, Zauberer und Messerwerfer, leider hatten an diesem Tag Alle frei.

Am Anfang schmunzelten wir, dann waren wir konsterniert und schlussendlich schüttelten wir ungläubig unsere überforderten Spasszellen. Es ist schwierig die Darbietungen zu beschreiben, eine ganz miese Hochzeit mit fiesen Spielen hätte definitiv das Programm auf Weltklasse Niveau gesprengt. Alles fing extrem grässlich an und schaffte es tatsächlich, für uns unvorstellbar, von Nummer zu Nummer noch tiefer zu sinken.

Die einzelnen Höhepunkte wechselten von miserabel geschminkten Alibi Clowns in traurigen Kostümen zu krass falsch interpretierten Playback Songs mit nachgestellten Bühnen Schlägereien, dann vier armselig als Mädels auf verkleidete Männer, die tatsächlich mit echten Luftballon Busen ohne Plan durch die Arena hüpften, ein Jongleur, der es selbst mit nur drei Kegeln fertig brachte regelmässig einen davon fallen zu lassen scheiterte knapp an der einzig wahren Attraktion, eine mollige Mitfünfzigerin, die zuvor die Tickets an der Kasse verkauft hatte und sich nun kopfüber mit Ihren strammen Waden in einem rostigen Ring über uns klemmte. Ein dazu angebrachte Seil knirschte gefährlich und die persönlichen Emotionen stiegen dank der frohlockenden Aussicht, von einem weiblichen Meteoriten in die knarrenden Parkett Holzbänken gewalzt zu werden.

Heute war der letzte Tag für uns im Coconut, wir haben frühmorgens bei Wind und Regen den Wellen getrotzt und trotzdem die eine oder andere auf Ihrem Weg an die Küste eskortiert, anschliessend begaben wir uns auf eine emotionelle Abschiedstour ins Dorf mit vielen Abrazos y besos und ja wir geben es zu, nassen Augen. Am Abend begleiteten wir mit einem letzten Strand Lauf die durch Wolken verdeckte Sonne bei ihrem Untergang ins aufgewühlte Meer, immer begleitete von unserer Vögel und Krebse jagenden Hundemeute.

Wahre Momente, wo wir uns beide nicht viel erzählten, unsere Gedanke waren irgendwo in den vergangenen intensiven Wochen verloren und neben dem Atmen fiel uns das Schlucken schwer. Es schaudert uns zur Gänsehaut, wenn wir an den morgigen Abfahrtstag und die letzten dickfelligen Drücker mit Osa, Mojo, Freak, Mamasita, Cuya und Anke (die Katze) denken.

Erfahrungen fürs und zum Leben haben uns an diesen magischen Platz an der ecuadorianischen Küste geprägt und wir wissen, Canoa hat ein paar Keime in uns spriessen lassen, die wir gerne hegen und pflegen wollen und wir sind furchtbar stolz und traurig, dass uns der Abschied so schwer fällt.

Hasta la proxima!
anke & thomas