villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

oi amigos

Wir haben im Vorfeld einiges vom ärmsten Land Südamerikas gehört, viel hat sich bewahrheitet und dennoch ist alles anders, doch der Reihe nach. Die Ausreise aus Brasilien kostete uns fast 3 Stunden, da sich die Beamten einem Zeitlupenarbeitsweltrekord verpflichtet hatten, wir wissen es nicht, aber es muss so gewesen sein. Gegenteilig unbürokratisch lief es in Bolivien schnell, aktuell erhält man als Reisender nur 30 Tage Aufenthalt, mehr dazu später. Villa Venus jedoch freute sich dank goldigem 5 Räppler und ein paar Guaranis für die Münzsammlung des Zöllners an 90 Tage .

Gespannt freuten wir uns auf die erste Tankstelle in Bolivien, die nach der Grenze als einzige auf 250 Kilometer seine Aufwartung macht. Beim ersten Villa Venus Auftritt war kein Benzin da, doch Stunden später wurde heftig getankt...aber am Montag nur für Taxis, welche sich in einer kilometerlangen Schlange Richtung Zapfsäule schoben.

Ankes fröhlicher Auftritt beim kontrollierenden Militär brachte uns jedoch erstens Benzin, zweitens ohne Anstehen, drittens zum bolivianischen Preis (Ausländer bezahlen neuerdings 2.5 mal mehr!) und einen getarnten Abschiedskuss. Diese Taktik hat bis heute wunderbar funktioniert, wir bezahlten bisher noch nie den Wuchertouribenzinpreis. Als sich die Sonne zum ersten Mal dem bolivianischen Horizont zuwendetet, wenden wir ins schmucke Dorf Santiago de Chiquitos, wo sich neben vielen netten Dorfbewohnern das herrlich einsame Valle de Tucavaca versteckt.

Etwas weiter bäumt sich schon der rotleuchtenden Cerro do Chochis mit Sanctuario aus der flachen Landschaft auf. Verzaubert durch die schöne Natur und deren Bewohnern kamen wir auf dem holprigen Strassenabschnitt nur bis nach El Tinto, wo es leider keinen Wein, dafür nachtaktive schreipotente Hähne gab, schlaflos auf dem Bauernhof ist selbst für das Villa Venus Team neu.

Kurz vor Santa Cruz die erste Strassenblockade, die dank intelligenter Verfolgung eines flinken Taxis staubfressend auf einem Wanderweg umfahren werden konnte. Dann die erste Polizeikontrolle, nach Einsehen der Papiere wäre eine Zahlung erwartet worden, nicht mit uns, wir packen schleunigst unsere Dokumente und düsen bis zum Supermarkt an die Stadtgrenze.

Der Supermarkt ist wie in den meisten Südamerikanischen Ländern nur der Oberklasse vorbehalten, praktisch alleine manövrieren wir den Einkaufswagen durch die endlosen Regale. Grundsätzlich bevorzugen wir die farbigen Märkte, aber gewisse Produkte findet man nur in den schicken Malls, wie den Quejo Azul (Gorgonzola), den die Dame an der Kasse nicht verrechnen will, weil er ja schon schimmlig sei, worauf wir ihr schmunzelnd das Geheimnis von Schimmelkäse erklären. Es fällt zudem auf, dass Bolivien auf den ersten Blick nicht günstiger ist wie Ecuador/Peru und das praktisch alle angebotenen Produkte aus Argentinien, Brasilien oder Peru stammen.

Es ist heiss im bolivianischen Tiefland, so dass wir nach dem Stadtrundgang durch das überraschend sympathische Santa Cruz, Lust auf ein eiskaltes Bier bekommen. Zur Freude taucht ein Irish Pub auf, hier werden aber vorwiegend Cocktails serviert, kein Bier vom Zapfhahn, Guiness schon gar nicht, maximal ein Fläschchen Heineken, jeder Ire hätte da wohl einen ultimativen Herzinfarkt. Ausser ein paar echt verirrten Iren, findet man in dieser lebendigen Metropole indigene Menschen aus den Bergen, emigrierte Europäer, Geschäftsleute von Welt, Mestizen, Touris und immer wieder spannend, die in ihren Latzhosen und Rockkleidern aus dem vergangenen Jahrhundert gekleideten Mennoniten, meistens zu Ross oder Kutsche, hüaho!

So krallen wir in einem Quiosko zwei Dosen und setzten uns auf eine Bank an der schattigen Plaza, als nächstes weist uns eine Strassenpolizistin freundlich darauf hin, dass man in der Öffentlichkeit keinen Alkohol trinken darf...gewisse Sachen sind in Bolivien anders. Die Visa Verlängerung von 30 auf 90 Tagen gehört ebenfalls in diese Kategorie, nachdem wir an einen freien Schalter huschen, haut uns die aufgetakelte Lady innerhalb 15 Sekunden zwei Stempel rein und fertig ist. Unsere staunende Nachfrage wird mit einem abwesenden Nicken beantwortet, während Ihre Haarpracht flockig durch den trendigen Kamm gleitet und der Lidschatten sorgfältig nachgezogen wird.

Immer noch überrumpelt vom schnellsten Visum der Welt, schwanken wir zu Robino's Fotoshop, der unsere Kamera sorgfältig von Staub und Dreck reinigen konnte und ein paar Minuten weiter rechts leisten wir uns einen neuen Wechselrichter, da der Alte nicht mehr hoch kommt. Die Hitze ist im Bus auf 50 Grad angestiegen und der eingeschlagene Weg nach Lomas da Arena verspricht mit Sandstürmen und wie Schneeflocken herumfliegenden Plastiktüten nichts Erholsames.

Doch der Park selber ist grandios gelegen und bietet neben hohen Sanddünen und klaren Lagunen einen romantischen Stellplatz mit Eulenlandepiste direkt am Rio. Das Villa Venus Team fühlt sich pudelwohl in Bolivien, bis uns in La Angostura die Polizei wieder abzocken will. Doch wir bleiben stur und unterstützen diese Machenschaften nicht, dafür sitzen wir nach Stunden immer noch dort, spielen Backgammon mit den Strassenverkäufern, wir haben Zeit...die Polizei leider auch. Selbst die fingierten Telefonanrufe an die Touristenpolizei in Santa Cruz scheint die uniformierten Muchachos nicht zu beeindrucken, schön dreist die Kerle.

So verbringen wir eine Notnacht mitten auf dem Fussballplatz in San Luis und hauen zum Tagesgroll ein Filet Mignon auf den Grill, das geht ja auch nicht alle Tage. Am nächsten Morgen sitzt zur eitlen Freude immer noch die gleiche korrupte Truppe vor Ort, doch nun flitzen wir unter grimmigen Blicken schwuppdiwupp vorbei...nein die Policia Municipal in Bolivien ist noch nicht unser Freund und Helfer, wir hoffen auf Besserung.

In Bermejo sind wir ganz nahe beim Nationalpark Ambaro, unserem Spielfeld für die nächsten Tage, hier dürfen wir Villa Venus vor Rudys Bauernhof stellen und lernen dabei das grösste Schwein vom Tal kennen. Links und rechts stechen Pfade in den wilden Wald, die unserer Wanderlust riesige Freude bereiten. Die herrlich verträumte Landschaft wird nur von einem Vogelangriff auf Anke unterbrochen, wie Kamikaze stürzt sich das Gefieder auf Ankes blonden Schopf, nur ein satter Sprung in den Dschungel kann uns vor den hitchcocksche Vögel retten.

Abends stellen wir uns unter den Papageien Schlafbaum an den Fluss, Rudy winkt vom Feld, das Schwein grunzt freudig, wenig später blitzt zusammen mit Zirpen und Quaken ein wahnsinniger Sternenhimmel über uns, ja so haben wir uns das vorgestellt!

Hasta la proxima.

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