villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

Hola chicos

In Iguazu erfuhren wir vom herrlichen Salto de Mocona, wo sich der Rio Uruguay nicht um seinen Namen schert und entspannt auf der Grenze zwischen Argentinien und Brasilien über eine 2 Kilometer lange geologische Falte in die Tiefe stürzt. Unser Aufenthalt in dieser grandiosen Gegend sollte aus verschiedenen Gründen deutlich länger als geplant werden...

Der unheimliche lange Wasserfall liegt so fies, dass man ihn von der argentinischen Seite nur erahnen kann, doch findige Kapitäne führen einem mit Ihren frisierten Gummibooten durch die Stromschnellen an die feuchten Attraktion, da wir früh morgens auftauchten, schoben sie für uns sogar der romantische Zweisitzer aus dem Hangar.

Am späteren Abend zogen wir uns zum warmen Peppi Fluss zurück, nachdem wir mit Javier Parkranger Mate getrunken hatten, wurde uns erlaubt dort zu campen. Leider hatte wohl niemand von den Beteiligten damit gerechnet, dass just im Moment der Parrilla Entzündung der des-informierte Chefe mit seinem Jeep auftaucht und uns - und später Javier - mit aufgestellten Augenbrauen einen Tadel vor unseren Handgrill stellt.

Nach einige professionellen Drehungen von Don Schetty mit der Grillgabel wurde es uns trotz grimmigem Blick gewährt, unsere hungrigen Chorizos auf den Rost zu klatschen. Gestärkt fuhren wir so frühmorgens in Soberbio ein, wo wir die heiligen Öle von Villa Venus sowie den Auspuff prüfen liessen. Während die Öle halten was sie versprechen, scheint das Abgasrohr nun tatsächlich seinem Ende entgegen zu schreiten. Unser Auftritt als Ferrari Campervan wird nicht nur durch diverse Löcher im Rohr sondern auch durch den defekten Katalysator gesponsert.

Interessant scheint uns die Tatsache, dass man hier im hohen Norden des Landes keine Auspuff mit Katalysator ergattern kann, der Mechaniker erklärt uns stolz, dass dieses Teil sowieso nur zusätzlich Kraftstoff brauche und falls ausnahmsweise bei einem Modell vorhanden sofort ab geschweisst wird. Seinen Vorschlag ein einfaches Rohr hin zu löten lehnen wir dankend ab und hoffen auf mehr Katalysatoren Glück in Paraguay.

Die Menschen im nördlichen Argentinien sind für uns eine wunderschöne Erfahrung, Ihre Freundlichkeit, Gastfreundschaft und Lebensfreude erinnert uns vehement an Kolumbien, so waren alle Checks am Auto mit einem Lächeln und erst noch kostenlos. Jeder und Jede hat immer Zeit für einen Schwatz, hat viele Tipps und Ratschläge und wenn man nicht aufpasst, sitzt man eine Stunde später schon in deren Stube, trinkt Mate und freut sich auf ein Asado. Dabei hilft sicher der Fakt, dass keiner eine Uhr trägt und wenn irgendwo eine Uhr hängt wie am Kirchenturm, ist diese sicher defekt, dass nennen wir effektives Zeitmanagement und passt perfekt zu unserer Reisetaktik.

So fanden wir den nur über eine holprige Staubstrecke erreichbaren kostenlosen Camping Nuevo Horizonte, direkt am hier See ähnlichen Rio Uruguay mit wahnsinnigem Blick auf Fluss, Wälder und brasilianische Küste. Der wahre Wert des magischen Fleckens offenbart sich mit den anwesenden Lichtgestalten, deren für uns aktuell noch schwer verständlichem spanisch-portugiesischen Sprach Püree und dem flotten Schmuggel über die wässrige Grenze.

Marcos schmeisst hier den Laden, verköstigt die weit in den Tabakfeldern verteilte Bevölkerung mit Bier und versorgt gleichzeitig die brasilianische Seite mit den dort teureren monströsen Nudelpaketen, Bier/Weinkisten und anderen kulinarischen Überraschungen. Oft bleiben die Einkäufer und Einwohner an dem schlichten Holzkiosk mit Billardtisch hängen und kippen die in schicke Styropor Stubbie Holders gegen die Hitze eingepackten Liter Flaschen in kleinen Plastikbechern wettbewerbsfähig in den Rachen.

So wird es je später der Tag wird immer lustiger und jegliches Ausweichen nicht auch einen Plastikbecher in die Hand gedrückt zu bekommen ist erfolglos. Aus unserem geplanten Eintages Aufenthalt wird so lässig eine ehrliche Woche mit intensivem Portugiesisch Zuhörer Unterricht.
Immer dabei ist die gewöhnungsbedürftige lokale folkloristische Musik, die speziell vom Akkordeon und hohen sensitiven portugiesischen Phrasen unterstützt wird.

Die eh schon sensiblen Ohren von Anke laufen schon bei den ersten Takten Amok und Anke bezeichnet die Melodien fachmännisch als Mischung aus Hudigäggeler, Tango, Fado und Bierzeltstimmung gepaart mit den Gesängen eines im mittleren Körperbau operierten traurigen Interpreten, zudem ist auch noch alles auf Portugiesisch. Es ist zudem jeweils schwer heraus zu finden, ob die CD einen Sprung hat oder einfach alle Stücke identisch klingen. Trotzdem nach drei, vier Plastikbechern Bier und einer Runde Knall Boccia (hier werden die Kugeln mit hohen Würfen von einem Baumstumpf gekickt) klingt das Ganze schon viel Erträglicher.

Die Familie von Marcos lernen wir bei einem traditionellen Mittagessen in Ihrem Haus kennen, seine Mutter aus Brasilien bekocht uns mit fantastische lokale Spezialitäten wie Polenta, Reiseintopf mit Fleisch, eingelegtem Krautsalat, Porotos (Bohnen an leckerer brauner Sauce) und vielem mehr. Seine Brüder könnten unterschiedlicher nicht sein, ein Medizinstudent, ein etwas verwirrter Gold und Schatzsucher, ein im Haus herum Hängender und ein Pfarrer, was aber alle verbindet ist die Freude am Bier, Wein und herzlichster Gastfreundschaft.

Wir lernen Maria und Adrian kennen, die uns zu Mate und spannenden Gesprächen über Argentinien einladen, Edgar der mit seinem Ruderboot von Brasilien herüber paddelt und seine Biereinkäufe schon vor Ort entleert, der flinke Bernotti der mit Marcos das Schmuggelgeschäft auf der brasilianischen Seite hütet und im Gegenzug Rinder und Eiscreme an schleppt, der unscheinbare Francis, der mir als ehemaliger Erstligaspieler im abendlichen Fussballspiel zwei freche Tunnelos schiebt und der 48 jährige Dario, der uns am letzten Abend zum Cena einlädt und uns dabei seine 17 jährige Frau vorstellt.

Salvador bietet dabei am meisten Action, er lädt uns mit blutunterlaufenen Augen auf seiner motorisierten Nussschale zu einer Fahrt nach Brasilien ein, wir sagen uns "no risk, no fun" und versuchen so unterwegs seine torkelnde Schiffsroute mit ausgleichenden Bewegungen zu korrigieren. Irgendwie schaffen wir es so heil zurück zum Kiosko. Einige Minute später hat Salvador aber auf der nächsten alleinige Einhandüberquerung der Wasserader seine Yacht in der Strömung des Rio Uruguay versenkt, Marcos uns seine Brüder retten Ihn und den Mini Kutter aus den Fluten, danach trinken alle zur Feier ein eiskalten Quilmes!

Bei all diesen fröhlichen Ereignissen geht völlig vergessen, dass wir wegen der defekten Villa Venus Lichtmaschine plötzlich kurz vor dem Batterie Burn Out stehen, Benito der Herr der Altentoren rettet uns rechtzeitig mit einem Übernachtungsplatz vor seiner Werkstatt und einer früh morgendlichen erfolgreichen zweistündigen Reparatur für sFr. 15.00.

Es fällt uns schwer von diesem mystischen Flecken Erde Abschied zu nehmen, zumal wir noch weitere Einladungen zu argentinische Asados, Bootsfahrten, brasilianische Churascos und Schmuggelbegleitungen für weitere 2 Wochen in der Tasche haben.

Hasta la proxima.
a&t