villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

hola chicos

Irgendwie führen alle Wege von der Salar de Uyuni wieder ans Land, so folgten wir den mächtigsten Fahrrinnen und verliessen das grosse Weiss im Süden bei Charagua. Während die Salzwüste noch feinstes Gleitfahrgefühl zelebrierte, waren wir nun am hüpfen und holpern und standen plötzlich out of nowhere von einem sumpfigen Bach, der zwei auf den ersten Blick gleichermassen fiese Durchfahrten offerierte. Normalerweise macht man hier wie in Pfadfinderlagern gelernt barfuss einen Probegang, um die Passage zu testen, oft kann auch die Augen zu und durch Taktik funktionieren. In diesem Fall leider nicht, wir soffen mit allen vier schlanken Villa Venus Rädern tief in die schlammige Masse ab.

Vorerst war weit und breit keine Menschenseele in Sicht, da die Villa Venus noch ziemlich in Schräglage über Stock und Stein schwirrte und das Differenzial sowie ein paar andere Unterbodengeräte bereits fett im Boden eingehackt waren, machten wir uns auf das Schlimmste gefasst. Doch dann tauchte vom Horizont aus - wie eine Fata Morgana - eine bolivianische Bauernfamilie mit Schaufeln, Holzlatten und Seil auf. Jose der Villa Venus Rettungsbefehlshaber schüttelte zwar auch erst frustriert seinen runzligen Kopf, fing dann aber doch mit seinen Familienmitgliedern kräftig mit Schaufeln und Steinen unterlegen an.

Wir fanden uns umgehend in der Beobachterrolle, die fleissigen 5 Männer und 4 Frauen hatten ihre Bergungstaktik ohne uns gemacht, wenigstens durften wir ab und zu einen Stein her-schleppen. Mit dem Wagenheber wurde jedes einzelne Rad Zentimeter um Zentimeter in die Höhe geschraubt und dann mit Steinen und Holz unterlegt, nach 5 Stunden und 3 Fliehversuchen waren wir endlich wieder auf festem Boden. Puhhhhhhhhhhhhhh! Diese Aktion war uns gerne 15 Liter Benzin und eine Flasche Wein wert, die von der tapferen Familie unter ständigem Zurückwirken als luxuriöser Schatz stolz nach Hause getragen wurde.

In unserer Euphorie schlich sich der zweite Anfängerfehler ein, das etwas angelaufene Hackfleisch wird wohl angebraten noch eine perfekte Bolognese abgeben. Die Bolognese schmeckte tatsächlich delikat, einige Stunden später jedoch rief Anke auf unserem Plastikklo nach den Raben und am frühen Morgen gesellte ich mich mit synchronem Lenken und aus dem Fenster kotzen ebenfalls zu dem Rahmenprogramm dazu.

Es ging uns wirklich so beschissen wie noch nie auf dieser Reise, Beiden wohlgemerkt, an einen Aufstieg zum Vulkan Ollague 5865 m war unter diesen widrigen Umständen natürlich nicht zu denken. Irgendwie schleppte uns Villa Venus wie im Delirium in das beeindruckende Valle de Rocas, wo die schräg skurrilen Steinen die Karmas unserer Mägen positiv beeinflussten.

Das wir im vierten Reisejahr auch mit freudigen Erlebnissen rechnen dürfen, zeigte uns der prächtige Sonnenaufgang und machte uns Mut zu einer gesunden Weiterfahrt. So trafen wir im Reserva Eduardo Avaroa ein, an den streikenden Parkrangers vorbei (Danke 40.00 Eintritt gespart und pflanzten uns bald bei der berühmten Laguna Colorada mit Tausenden von Flamingos in die erste Reihe.

Das Anke wieder einigermassen fit war, liess sich an den 258 Flamingo Fotos innerhalb einer halben Stunde freudig erkennen. Wenn man sich bewegungslos am Ufer zur Beobachtung stationiert, dann kommen die eleganten rosa Langbeine fast so nah, dass man sie umarmen kann. Die bunte Lagune und die farbigen Vulkane geben dazu das richtige Ambiente, ein fantastischer Platz.

Von Nahem kann man die drei verschiedenen hier lebenden Flamingos unterscheiden, oft stehen sie in Gruppen zusammen und absolvieren aktiv ihr Tages und Nachtprogramm, das wäre Essen und Schlafen, von daher besteht aktuell kein grosser Unterschied zu uns.

Während wir aber mit unseren warmen Daunendecken auf 4000 Meter hinter eisigen Scheiben kuscheln, werden die flauschigen Knaben draussen über Nacht mit Ihren zarten Beinchen dick eingefroren...vielleicht eine gesunde Therapie, denn gemäss Umfrage bei der Sippe wird das rosa Federvieh bis 50 Jahre alt. Wir bleiben aber trotzdem vorerst unseren Daunen und sexy Schlafschuhen treu.

Glücklicherweise wussten wir bereits, dass man seine Wagenpapiere für den Ausflug nach Chile 100 Kilometer vor der regulären Grenze in einem der höchsten Zollbüros der Welt auf 5023 Meter signieren muss. Zuerst stellten wir uns aber noch in den warmen Rauch der fauchenden Geysire und staunten mal wieder über den enormen Aufmarsch an Altiplano Overland Touren, wir zählten tagsüber sicher gegen die 100 Fahrzeuge.

Aus den staubigen Land Cruiser steigen vier bis sechs oft sommerlich bekleidete Touristen, das ergibt jeweils lustige Bilder, wir in langen Hosen, Daunenjacke und Mütze, die Kollegen in Hot Pants, Trägershirt und Sandalen. Ebenfalls nicht mehr in ist scheinbar gegenseitiges Grüssen und Begeisterung zeigen, wir jubeln beim Anblick der spektakulären Landschaft und freuen uns andere Reisenden zu sehen, leider ist diese Euphorie oft einseitig, das finden wir Schade.

An den heissen Quellen bei der Laguna Salada parken wir wieder einsam, hier lassen wir uns in den natürlichen Badewannen unsere Haut schrumpeln, kassieren einen deftigen Sonnenbrand und beobachten die vor uns in der karibisch schimmernden Lagune stolz flanierenden Flamingos. Immer wieder entdecken wir unberührte Gipfel, die einem eine Besteigung befehlen, gleichzeitig gönnen wir uns eine kurzatmige Trimm Dich Runde auf 4300 Meter unter den unverständlichen Blicken der überraschten Vicuna Gemeinde.

Nachdem uns nun Benzin, Gas, Wasser und Nahrung ausgeht, rollen wir 2500 Meter hinunter nach San Pedro de Atacames und somit mal wieder ins lange Chile. Vorher holen wir uns mit einem erfrischenden Auftritt unsere Bolivien Ausreisestempel und versprechen dem in der abgelegenen Baracke verkümmernden Zollbeamten Luis ein kühles Bier bei unserer Rückkehr. Dies natürlich mit der kecken Absicht noch ein paar zusätzliche Bolivien Tage zu ergattern...wir haben nämlich nur noch 5 übrig...ob diese Taktik funktioniert, erfahrt ihr im nächsten Kapitel.

Hasta la proxima.

anke & thomas