villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen
von argentinien, das endspiel 2013 part I.: von barisdaggar, sintflut und tropenhitze.
hola chicos
feinster nebelwald auf dem weg nach tucuman, gleichzeitig steigt die temperatur mit jeder kurve.
Vom grünen Tafi windet sich die Strasse in dschungeligen Kurven Richtung San Miguel de Tucuman und mit jeder Biegung stieg die Temperatur um 1 Grad an. Bei Ankunft in der Capital de la Provincia haute es uns fast aus den Sandalen und nur ein Früchteeis in der klimatisierten Grido Eisdiele rettete uns vor einem traurigen Ende als Trockenfleisch.
san miguel de tucuman, eine (fast) millionenstadt, aber zur ferienzeit und siestazeit sind wir fast alleine unterwegs.
kurz vor dem ende als trockenfleisch rettet uns die grido eisdiele.
Zurück in der Sauna Villa Venus kletterten wir sofort die Passstrasse durchs Nobelviertel Yerba Buena hoch und stellten erfreut fest, dass man auf über 1000 Meter im heimeligen San Javier sogar wieder ohne rauchende Nase atmen konnte. Der Blick auf die (fast) Millionenstadt ist nachts gewaltig, vor allem wenn man gleichzeitig gratis auf dem Parkplatz des Edelhotels San Javier mit Wifi übernachten darf.
tucuman by night von san javier aus.
viel mehr kann man bei diesen temperaturen nicht machen...
Allgemein fällt uns auf, dass in dieser Gringofreien Zone die Einheimischen seltene Besucher aus dem Ausland sehr gastfreundlich und interessiert aufnehmen. Aufs Wochenende wappneten wir uns wieder für die Tropenhölle, denn Paris Dakar - das wegen Sicherheitsproblemen in Afrika seit ein paar Jahren in Südamerika stattfindet - machte seine Aufwartung in der lebendigen Heizung. Dank Ankes Charme und dem Offroad Look von Villa Venus schafften wir es bis auf den offiziellen Teilnehmer Parkplatz. 10 Meter daneben erhob sich das Partner Village und ein paar Schritte weiter thronte die Konzertbühne, wo abends die argentinischen Topshots Fra Tenori, Luciano Perreira und Diege Torres angekündigt waren.
ein gratis fernet/cola bei den adretten branca hasen (das foto der hasen wurde von anke zensuriert)
zwei der drei mueller brueder im dakar village, hector und santiago.
er hat wohl noch heisser wie wir, senor michelin.
Zuerst liessen wir uns aber von den adretten Fernet Branca Hasen zum Apero an ihren Stand bitten. Während in heimischen Sphären die Flasche Fernet in den Regalen der Bars verdunstet, gilt die bittere Flüssigkeit gemischt mit Cola im Gaucholand als Knüller. Bald waren wir im Gespräch mit den aus der Schweiz abstammenden M(ü)uller Brüder und im Besitz deren offiziellen Dakar Schildmützen. Langsam fuhren die ersten teilnehmenden Trucks ein, daneben ratterten ein paar einzelne Motorräder und Quads vorbei. Da die Helden der Sanddünen im Schritttempo einfuhren, war das ganze eher wenig spektakulär. Viel spannender empfanden wir die erfolglosen Versuche der lokalen Polizeitruppe, die bei jedem anfahrenden Fahrzeug anstürmende Menschenmenge auf dem Gehsteig zu blockieren.
brett cummings 89, schlussendlich als 43. klassifiziert fuhr als erster in tucuman ein...da wussten wir noch nix vom ersten rennabbruch.
250 marcos patronelli argentinien, sieger quad wettbewerb mit fast 2 stunden vorsprung.
da auf der strasse nix laeuft, gibt der dakarfachmann gerne dem lokalen fernsehsender ein interview.
Selbst der grimmige Höchstdekorierte mit einigen feinen Abzeichen auf seiner schnittigen Uniform erreichte nur dezenten Gehsteig Eroberungserfolg. Nach stundenlangen Hin und Her, gaben die erschöpften Beamten auf und so konnten die heissbegehrten Teilnehmer endlich triumphal abgeklatscht werden. Da es weder eine richtige Broschüre, ein Programmheft oder ein Infozelt gibt, irrt man auf dem Gelände ziemlich verloren umher. So wusste auch keiner, dass die meisten Dakar Profis von einem plötzlich anschwellenden Fluss aufgehalten und teilweise fast weggeschwemmt wurden. Daher warteten Alle tapfer stundenlang in der drückenden Hitze auf die brummenden Boliden. Auf der Suche nach einem Bier während des Konzertes, konnten wir schwach beobachten, wie die Fahrer frustriert und von Zuschauern inklusive Speaker unbemerkt einfuhren. Ein erfrischendes Kühles gab es auch nicht, da im gesamten Gelände Alkoholverbot galt, doch Paris Dakar hat durchaus noch Verbesserungspotential.
nunzzio coffaro aus venezuela mit einem toyota der fast an villa venus herankommt.
diego torres in action, gleichzeitig fahren die leader des rennens unbemerkt ein.
eines der diversen begleitfahrzeugen, reifenprobleme kennen sie wohl weniger.
Am nächsten Morgen schlichen wir uns clever mit "no halba espanol" an allen Polizeikontrollen vorbei, hatten sogar schon einen Fuss auf dem abgesperrten Mechaniker Bereich, bis uns ein offizieller Englisch sprechender Dakarmensch praktisch auf der Ziellinie an der Schulter packte. Unsere Erklärung, dass wir beste Freunde von Cyrill Depres, dem führenden der Motorradklasse sind, kam nicht so erfolgreich an. So schauten wir halt vom Maschendrahtzaun auf den VIP Bereich, das war jedoch nicht so prickelnd. Da die neben uns stationierte italienische Teilnehmercrew scheinbar nicht so erfolgreich ins Rennen gestartet war und wohl deswegen seit 14 Stunden mit hängenden Köpfen nur Bocellis Live in Milano hörte, entschieden wir uns für einen Abgang. So erhaschten wir wenigstens beim Ausfahren nochmals etwas Grand Dakar Feeling durch freudig winkende Zuschauer.
fuer den war nach etappe 7 adios dakar.
hier treffen sich die teilnehmer der verschiedenen kategorien, vorne buggy auto, dahinter der gewinner der truck kategorie eduard nikolaev aus russland.
bis dahin haben wir es nicht ganz geschafft, das offizielle dakar camp. wieviele millionen hier wohl herumstehen?
Wir trauten unsere Augen nicht, als wir zwei Stunden später auf dem Weg in die Provinz Catamarca, plötzlich im tiefsten Nebelwald standen. Im tropischen Rio Potrerio prangerte das Schild Swiss Bar neben der Strasse und wir waren uns sofort im Klaren, dass dies ein Halt wert ist. Gisela (sprich Chisela), Tito, Marciella und Juan Cruz empfingen uns als Abkömmlinge einer Schweizer Familie ohne geerbten Deutschkenntnisse herzlich in Ihrem 100jährigen Haus. Nach Schwarzwälder Kirschtorte, Tortilla mit Senf und hausgemachte Empanadas, schafften wir es kurz vor Sonnenuntergang zurück auf die Strecke und folgten einer verwirrenden Strasse hinab in die wüstenartige Fläche und somit zurück in die Heizung.
zurueck im nebelwald.
die swissbar delegation in rio potrerio, juan cruz, gisela (sprich chisela), marciella und tito.
der pass nach andalgala...naja lassen wir uns mal ueberraschen wo es durch geht...erinnert irgendwie an das labyrinth des minotaurus.
Hinter einer Düne verstecken wir uns taktisch geschickt von den vorbeirauschenden Fahrzeugen, hatten dabei aber den Angriff der Käfer und Sandfliegen Garnisonen naiv ausser Acht gelassen. Zum Schutz mit abwehrendem Tigerbalsam eingecremt, trotzen wir zwar körperlich dem noch nie gesehenen Insektenschwarm, schwitzten uns nun aber unter der zusätzlich wärmende Salbe die letzten Liter Wasser aus den Poren. Auf unserer mit viel Herz erstellten Kalte Platte wuselte es nur so und die im Wachs unserer Kerze eingefangenen Kerle stellten die Käfersammlung des renommierten Naturhistorische Museum Basel locker in den Schatten. Es war Zeit für Abgang Nummer zwei.
in der wuestengegend wirds wieder heiss.
auf der suche nach einem stellplatz richtung belen.
die rollenden mistkaefer waren noch die freundlichsten kamerade der kaefer und insekteninvasion in der villa venus.
Belen klingt romantisch, war aber vor allem Heiss. Vielleicht auch persönlich zu forciert mit dem Aufstieg zur 300 Meter über dem Städtchen wachenden Nuestro Senora de Belen mit Jesuskind und Brot in der Hand. Grido rettete mal wieder notfallmässig mit leckerem Eis und erfrischender Klimaanlage.
In der Inka Ausgrabungsstätte El Shinkal war es nicht kühler und die lautstarke Begleitung farbiger Papageien unser einziges Highlight. Wenigstens waren wir somit wieder im Zeitplan für eine rechtzeitige Ankunft im Fiambala, wo am nächsten Tag in der anliegenden Dünen eine Etappe von Dakar stattfinden sollte. Ja so schnell geben wir uns von Dakar nicht geschlagen.
nuestro senor de belen, 300 meter hoehendifferenz bei 45 grad im schatten, waehrend die gauchos ihre siesta geniessen...
die inka ausgrabung el shinkal haut uns weniger aus den sandalen, die lautstarkte begleitung der farbige papageien schon mehr.
wir folgen einfach mal einer wagenkolonne richtung wueste, hoffentlich ist es keine hochzeitsgesellschaft auf dem weg zum dinner.
Im kleinen Fiambala sorgte jedoch der Ansturm der Zuschauern zu chaotischen Zuständen, die uns unterstützt von der wiederum fehlenden Infos und Hinweisschildern, stark an die Gestern erlebte Insekteninvasion erinnerten. Abgang Nummer drei war in Griffweite, bis wir hinterm Dorf eine motivierte Wagenkolonne entdeckten, die gezielt Richtung Norden fuhr, da schlossen wir uns freimütig an. Nach 40 dakarlosen Kilometern fragten wir uns, ob wir eventuell einer Hochzeitsgesellschaft zum abendlichen Gelage folgten. Doch ein vor uns auftauchender breiter Fluss lenkte unsere Gedanken schnell wieder ab. Tatsächlich erhoben sich nun auf der Seite der sandigen Piste Zelte und Wohnmobile, auf unsere Anfrage, ob hier die Dakar Brüder wirklich vorbei kommen, wurde mit Kopfschütteln und Nadie sabe nada (Keiner weiss etwas) beantwortet. Auf Kommunikation wird bei der Wüsten Rallye extrem viel wert gelegt.. Im Dunkeln suchten wir uns einen sandigen Stellplatz hinter der schönsten Düne inklusive Absorption der drohenden Musikboxen der Mitcamper.
eine viel beobachtete morgen joggingrunde auf der offiziellen dakar strecke, das kann man auch nicht alle tage.
hier war noch ruhig, stunden spaeter wimmelte es von zuschauern, dakarmenschen, polizei und grillstellen.
2 meter neben der villa venus faehrt der erste motorradfahrer vorbei, gerne parken wir eine duene weiter hinten.
Am Morgen das grosse Erwachen, direkt neben uns hatte sich ein Paris Dakar Fahrzeug herangeschlichen und stellte in unserem Windschatten Fahnen und wie wir freudig erfuhren einen offiziellen Kontrollposten auf. Heiter machten wir uns auf eine viel beobachtete Jogging Runde auf dem Renngelände und hatten Mühe bei Rückkehr die von Autos, Grillrauch und Menschen eingepferchte Villa Venus wieder zu finden. Aber wir waren definitiv am richtigen Ort! Beim Kaffeekochen röhrte es plötzlich laut und keine 2 Meter neben unserem Frühstückstisch zeichnete der erste Motorradfahrer eine dynamische Spur in den Sand. Gerne verschoben wir uns auf Anraten der Polizei um ein paar Meter, bevor eine Staubwolke, das nächste Rudel ankündigte. Doch so macht Zuschauen Spass!
auf der anderen seite des flusses gehts springend ueber sandduenen.
dakar zum fruehstueck.
stephane peterhansel, trotz seinem fiesen namen gewinnt der franzose die auto kategorie.
kurz vor den steigenden fluten noch einen letzten sprung.
Nachdem wir gemütlich in erster Reihe gespeist hatten, verzogen wir uns an den anliegenden Rio Abacauran, der von den Dakaristen mit monumentaler Wasserfontäne passiert werden musste. Doch da rannten uns jäh alle Zuschauer von unten in Panik entgegen, der Fluss stieg in Sekunden sintflutartig an, der kommende Zweiräder wurde fast inklusive Fahrer weggespült und augenblicklich herrschte Ratlosigkeit und Nervosität bei den Dakarhemden. Ein Buggy stand schon bist fast zum Dach unter Wasser und der Fahrer bat Anke von der Szenerie völlig begeistert, doch bitte ein Foto von Ihm zu schiessen. Dann kam die rote Fahne, Rennabbruch und das unmittelbar vor unseren Augen und 20 Meter neben Villa Venus. Die nächsten Anflitzenden waren die führenden Russen im Lastwagen Kategorie, wie es sich für richtige Russen gehört, wurde die Fahne grosszügig ignoriert. Erst nach einem gewaltigen Dünenhüpfer bis kurz vor den reissenden Fluss zog der entgeisterte Igor die Handbremse. Immer mehr kamen nun angeschossen und wir konnten so nette Pics mit den Helden inklusive Monstermotoren schiessen.
dann war es soweit, panik pur, der rio abaucan stieg innerhalb von minuten zu einem reisenden fluss an.
rennabbruch, die russichen trucks rasen trotzdem weiter und landen mit einem satten huepfer vor den stromschnellen.
anke mit nunzio coffero venezuela.
naeher gehts nimmer.
Interessanterweise beobachteten wir Minuten später, wie ein Zuschauer den Fluss zu Fuss durchquerte und daneben ein Jeep Wrangler seinen Weg erfolgreich durch die Fluten suchte und fand. Wir fragen uns, musste es denn gleich Rennabbruch sein? 95 % der Motorräder und Squads waren bereits auf der anderen Seite und die nun eintreffenden Superteile und Riesenvehikel hätten nach unserer Meinung den Fluss easy überqueren können. Während wir uns im nun herrschenden Chaos pudelwohl fühlten, sahen wir die demoralisierten Blicke der Dakaristen und den traurigen Abzug der Zuschauer auf dem Rest der Strecke. Sollte man im Vorfeld nicht so einen Fall miteinkalkulieren und eine Ausweichvariante zur Verfügung haben, immerhin ist das Rennen nun innerhalb von 5 Tagen zweimal wegen demselben Grund annulliert worden. Ist so eine trickreiche Überquerung nicht Teil des Nervenkitzel dieser Rallye, hätte man nicht einfach das Rennen einfrieren eine Stunde warten können, bis der Rio wieder passierbar war? Aber vielleicht denken wir in dieser Hinsicht zu Rallye naiv.
dieser hollaendische buggy stand bis unters dach unter wasser, der fahrer juergen van der groonebergh war so happy heil angekommen zu sein, dass er gleich anke umarmte.
vesperpause bei den motorradcracks.
so sieht das cockpit der zweiraeder aus...
Zwei Stunden später sassen wir alleine in der friedlichen Wüstenlandschaft und genossen das herrliche Ambiente. An den Event und die vielen Menschen erinnerten nur noch Müllsäcke, Plastikflaschen, jegliches Gerümpel und sogar die offiziellen Absperrbänder flatterten noch geräuschvoll im aufkommenden Wind. Nein leider müssen wir Euch enttäuschen, es kam Niemand der den Abfall einsammelte respektive entsorgte, nur der Vater Wind schleuderte die Reste in die klare Luft dem traurigen Horizont entgegen. Nochmals schüttelten wir die Köpfe, wäre es nicht von einer solchen Organisation zu erwarten, dass sie nachträglich auf der Strecke für Ordnung sorgt.
Eigentlich Schade, denn so könnten eine viel beachtete Veranstaltung ein gutes Beispiel für die Bevölkerung abgeben, das sie zudem so bitter nötig hätte. Aktuell wird das tolle Land nämlich wegen Müllabfuhrstreiks und Schliessungen von Deponien grossflächig von den Bewohnern zugemüllt. Intelligent werden dabei die Abfälle kurz vor der Einfahrt ins Dorf hinterlegt, vorzugsweise im Nachbardorf wohlgemerkt, was dann gegenseitig wieder wunderbar aufgeht.
ploetzlich hatten wir die duenen wieder fuer uns alleine, leider blieb der ganze muell inklusive offizielle absperrbaender liegen...nein von dakar hat keiner aufgeraeumt...
Am nächsten Morgen verlassen wir die edlen Dünen und das übriggebliebenen Schlachtfeld mit gemischten Gefühlen, eigentlich ist die Rallye ein einzigartiges Erlebnis, aber ist sie die Verschandlung und Störung der einmaligen Flora und Fauna wert? Wir haben unsere Antwort darauf erlebt und gemacht, hasta la proxima.
zum schluss kommen noch die polen um die kurve geschossen, freuen sich wohl schon auf einen vodka im camp.
a&t
Aufbruch: | 21.11.2009 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 15.04.2013 |
Chile
Peru
Ecuador
Kolumbien
Schweiz
Paraguay
Uruguay
Brasilien
Bolivien