villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen
von argentinien, das endspiel 2013 part I.: von che guevara, brombeeren und memorias.
hola chicos
fast italienisches flair, alta gracia naehe cordoba.
Vom Berg huschten wir runter ins heisse Alta Gracia, wo uns eine stylische Jesuiten Kirche inklusive Stausee mit richtig südeuropäischem Charme empfing. Zudem lebte dort der von Asthma geplagte jugendliche Che Guevara in der Villa Beatriz. Die Gemeinde hat die Villa als Museum hergerichtet und verlangt nun den spärlichen Eintritt von 75 Pesos, rund sFr. 15.00. So sehen wir uns das Haus gerne von Aussen an und vermuten, dass beim lieben Che, dank soviel Kapitalismus in seinem ehemaligen Heim, das Herz im Guerilla Himmel schwer wird.
die villa beatriz, das zuhause vom athmakranken che guevara in seiner jugend...aber bei den eintrittspreisen wird wohl sein herz schwer im revolutionshimmel.
jesuitenkirche alta gracia.
wir staunen ueber preise und getraenke am festival. gespannt bestellen wir ein bear.
Revolutionär übernachteten wir dafür in der wunderbaren ruhigen Che Guevara Strasse im absoluten Villen Viertel...der arme Che, qua vadis? Beim abendlichen Festival mit vielen verschiedenen Essständen aus der ganzen Welt, wurden wir ein weiteres Mal finanziell überrascht. Nach einem unerwarteten Eintrittsticket fürs Festgelände standen wir vor den erwähnten Fressecken und staunten einerseits über die wirklich fremdartigen Menüs sowie deren Preise. Amerika verkaufte zum Beispiel Milanesas (Fleischsandwich 40 Pesos, SFr. 8.00), in Armenien, Irak, Lybien und Syrien gab es ausschliesslich Kebabs im Miniformat (35 Pesos, SFr 7.00) und in Frankreich immerhin ein Käsefondue (100 Pesos, SFr. 20.00). Nicht nur wir drehten den Peso zweimal in der Hosentasche um und entschieden uns dann revolutionär für die einzig günstige Nahrung, nämlich eine Flasche Rotwein. Immerhin konnten wir uns so schon mal preislich an das nächste Basler Stadtfest oder Stuttgarter Volksfest annähern.
anstatt einem pelzigen knaben bekommen wir doch ein feines gelbes.
django schnulzenkoenig live auf der buehne. wir schunkeln beim tango gerne mit.
fast wie zuhause, um 3 uhr morgens ein kebab, aber hier ausnahmsweise im argentinischen syrien.
Wenigstens bot das Nobelfestival um 2 Uhr morgens noch ein schnulziges Tango Konzert von Django, danach zogen wir uns in unsere persönliche Schweinebucht in der Che Guevara Strasse zurück. Als wir das romantische Städtchen Richtung Villa Belgrano verliessen, wussten wir noch nicht, dass wir - dank Kamerareparatur - dem Ort noch einige Tage treu sein werden. In Villa Belgrano nisteten sich während dem Zweiten Weltkrieg die Überlebenden des vor Montevideo gesunkenen deutschen Kriegsschiff Graf Spee ein. Heute spricht zwar keiner mehr aleman aber immerhin haben sich ein paar germanische Spezialitäten, Bierbrauereien, Hotels & Restaurants mit Namen gehalten. Wobei diese beim nähren Betrachten eher in die Rubrik Google Translate fallen und auf Spanisch mehr Sinn machen oder was denkt Ihr über Pension Kleinwald, Restaurant Wissen oder Cabanas Ecke vom Traum?
dafuer ist anke in villa belgrano zuhause, hier nisteten sich die ueberlebenden der gesunkenen graf spee ein, inkl oktoberfest.
ja sieht schon heimisch aus. das gemeindehaus.
deutsche aufschnittplatte, na dann prosit mit dem eigenbraeu.
doch wir sind noch in argentinien...
Trotzdem gönnten wir uns Spätzle, Hirschfilet & Schweine Lenden und die waren zusammen mit dem Eigengebräu richtig gut! 35 holprige Kilometer weiter oben liegt wunderschön das Dörfchen Villa Alpina mit glasklaren Bächen am waldigen Hang. Hier trafen wir endlich auf Senor Knoepfli und somit auf richtige ehemalige Eidgenossen. Das Naturparadies bietet abenteuerlich (un)ausgeschilderte Wanderungen an mächtigen Stieren und unter stacheligen Absperrungen vorbei, also genau das richtige für uns. Während wir uns am ersten Tag nur kläglich verliefen, dabei aber einen Traumbach fanden, bot der zweite Tag weit mehr Action.
herrliche bergwelt mit senor knoepfli in villa alpina.
ein traumbach als ziel nachdem wir uns grossraeumig auf den unbeschriebenen wanderpfaden verlaufen haben.
wer will da noch in die karibik?
Die stampfenden schnaubenden Monsterrinder liessen wir beim Aufstieg zum Cerro Alpina nicht aus den Augen, so dass wir uns nach dem erfolgreichen Gipfelsturm nicht mehr so ideal an den Weg erinnern konnten. Wenig überraschend standen wir nach einigen defensiven Höhenmetern bergab plötzlich inmitten von aggressiv aufgelegten Brombeersträuchern und schlussendlich vor einem senkrechten Felsabgrund. Wie Theseus auf seiner Odyssee kämpften wir uns mutig durch das Busch Labyrinth und fanden tatsächlich die auf uns sehnsüchtig wartend vierbeinige Minotaurus Meute. Nach dem Brombeermassaker war dies mit unterm Stacheldrahtrobben eine einfach gewonnene Schlacht. Wir waren aber durchaus zufrieden wieder auf einem einigermassen erkennbaren Weg zu sein und rächten uns bei den Brombeeren und Rindern mit dem exzessiven Verzehr an Rinderfilet und Brombeermarmelade.
gipfelsturm cerro alpina, an den rueckweg koennen wir uns dann leider nicht mehr so genau erinnern.
felsabrguende, agressive brombeeren und schnaubende torros, langweilig wird es uns nicht.
puhhhh....geschafft, wir sind froh wieder in unserer villa zu sein.
so sehen die satten waden nach der brombeerstaudenschlacht aus.
Zurück im noblen Alta Gracia erfuhren wir das sich die Reinigung unseres digitalen Freundes noch ein paar Tage hinzieht, also erkundeten wir die naheliegenden Stadt Cordoba. Obwohl sich hier 1.5 Millionen Einwohner tummeln, fühlt man sich in der von den Eingeborenen genannten la Capital erfrischend wohl und sicher. Die Mischung an alten hergerichteten Kolonialgebäuden, schicken Neubauten, Parks und vielen schattigen Bäumen gibt der Stadt einen speziellen Flair.
cordoba, schicke kolonialbauten und neue tempel, feine mischung in einer entspannten grossstadt.
hula hop fuer dinosaurier?
catedral de cordoba.
Beeindruckend war der Besuch der ehemaligen D2 Station, einer spezielle Polizei Kontrolltruppe aus der argentinischen Militärdiktaturzeit in den dunklen 80er Jahren. Das Casa de la memoria erzählt vom Schicksal normaler Menschen - Männer, Frauen, Kinder, ganzen Familien und sogar Schwangeren - die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Sie wurden meistens grundlos gefoltert, ermordet, doch mehrheitlich bleiben sie bis heute schlicht verschollen, vielleicht das schlimmste Schicksal überhaupt. Irgendwie wiederholt sich die Geschichte auf unserer Welt über alle Kontinente immer wieder...
casa de la memoria erzaehlt eindruecklich von verschwundenen und ermordeten menschen aus der zeit der militaerdiktatur.
abendstimmung cordoba.
christian laedt zum asado in su casa ein. man beachte sein shirt, dass er extra fuer anke angezogen hat.
christian in seinem garten, der grosse asadogrill und die pileta duerfen nicht fehlen.
Eine freudige Überraschung war das Wiedersehen mit Christian, den wir im März 2011 in San Andres Colombia kennengelernt hatten. Ohne Asado durften wir demnach Cordoba nicht verlassen und so genossen wir einen feinen Abend in toller Gesellschaft. Zurück in Alta Gracia lag unsere Kamera noch immer in der Notfallstation, die Weiterfahrt somit auf hold. Das sind die richtigen Momente um Träume im Traum zu realisieren, daher schleppte ich Anke unwissend zum Aeroclub Alta Gracia, wo Marcos und Fernando mit Ihren Fallschirmen bereits im kleinen Brummer auf uns warteten.
luftige ueberraschung.
los gehts auf 10000 fuss.
anke und francesco, emotionen pur hoch ueber alta gracia.
Nach Überwindung von Ankes Schock, kletterten wir gemeinsam in die enge Kiste und liessen uns auf 10000 Fuss tragen, dort ging dann einfach mal so die Türe auf, es wirbelte die Haare in alle Richtungen und unter uns tat sich kurzerhand die grossflächige Leere auf. Der Sprung hinaus in den freien Fall ist unbeschreiblich, Emotionen pur, Adrenalin bis in die Nasenspitze und eine unvergessliche Grenzerfahrung mit T Shirt und Shorts in luftiger Höhe. Zurück auf dem Boden würde man sich am liebsten gleich nochmals aus der offenen Türe schmeissen.
don schetty und marcos, die koenige der luefte.
ankes landung hat noch verbesserungspotential.
heil zurueck auf dem boden. man beachte die stylischen frisuren.
Doch vorerst nahmen wir wieder mit Villa Venus vorlieb und hielten uns auf der Fahrt nach La Falda vorsichtig zurück aus dem Fenster zu hechten. Pikanterweise hatte sich das Wetter über Nacht von tropisch auf grönländisch katapultiert, aus 40 Grad wurden 6, aus Sonne und Schwitzen wurden Regenstürme, Blitze und Donner. Innerhalb von wenigen Stunden wurden Strassen zu Flüssen und steile Wege zu Wasserfällen, mit dem Kajak wäre man wohl schneller ans Ziel gekommen. Trotzdem erreichten wir La Falda, wo das ehemalige Luxushotel Eden von 1894 dem Ort einem unglaublichen Aufschwung verlieh. Unserer Meinung nach, ist aber seither nicht mehr viel passiert, so dass neben der geschäftigen Hauptstrasse, die meisten Gebäude sehnsüchtig knirschen und sich voller Wehmut an bessere Zeiten erinnern.
la falda in der sierra von cordoba.
dique los molinos.
Im nachbarlichen La Cumbre sieht es trotz anhaltendem Regen fröhlicher aus, die vom Touristenbüro wärmstens empfohlene Wanderung am Fluss entlang liessen wir aber nach ein paar auftauchenden Brombeersträucher platzen und suchten dafür Christo Retendor auf dem Mirador um besseres Wetter betend auf. Was vom Heiligen locker ignoriert wurde, es regnete weiter. An Wanderungen war nicht mehr zu denken, darum machten wir uns auf den Weg zu unsere Kamera, die natürlich noch immer nicht fertig war. Langsam wurde es mühsam, vor allem verbunden mit dem Scheisswetter und den neuen bösartigen Geräusch bei der Villa Venus in den Gängen 1,2,3 und Rückwärts. Gabriel der Kameramensch erahnte die Gefahr und verschwand schleunigst in seinem Labor, ein paar Stunden später war das Teil endlich parat und wir zurück auf der Piste.
museumsnacht in der jesuitenmission, wunderbar.
zur sehr seltenen abwechslung stau, da freut man sich fast schon mal wieder.
das problem im land, ueberall abfall. das schild heisst uebrigens bitte keinen abfall hinstellen/werfen...vielleicht koennen die leute nicht lesen...?
Liebend gerne hätten wir das Villa Venus Quietschen ebenso ignoriert wir Petrus unsere Klimawünsche, aber es wurde erschreckend laut. Holt uns so kurz vor Schluss doch noch eine fiese Überraschung ein, verbringen wir die letzten 4 Wochen im Regenschauer in einer staubigen Werkstatt anstatt am sonnigen Strand mit Blick auf die rollenden Wellen? Mehr dazu erfahrt ihr im nächsten Kapitel.
ja wir kommen langsam naeher ans ende unserer reise, milka laesst schon mal aufhorchen.
Hasta la proxima.
a&t
die spaete rache an den fiesen brombeerstauden.
Aufbruch: | 21.11.2009 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 15.04.2013 |
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