villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen
von ecuador und seinen menschen.: von den shiwiar im dschungel - asi es.
holà chicos
letzter abend in der zivilisation von puyo.
asi es - asi vivimos - somos shiwiar, dieser spruch wird uns noch lange in erinnerung bleiben, es heisst in etwa, so ist es, so leben wir, wir sind shiwiar.
Was das bedeutet versuchen wir euch nun in den nächsten zeilen näher zu bringen, damit ihr den puls des dschungellebens spüren könnt.
das grüne meer.
ankunft im nussschalenflieger.
ortsplan, einwohnerverzeichnis und skyline von juyuintza
Nach einem einstündigen flug über das grüne meer des amazonas mit seinen wogenden baumkronen, sind wir irgendwo in dieser grünen masse auf einer holprigen aus dem wald gestutzten landebahn mit unseren kleinen propellermaschine gelandet.
Nachdem wir das zelt in der schule von juyuintza aufgestellt hatten - diese hat aktuell sommerferien - wurden wir freundlich zu unserer ersten chicha eingeladen. Motiviert schnupperten wir an dem tongefäss mit seinem trüb-weisslichen inhalt.
zeltlager in der schule.
hmmmm...claudia geniesst die herrliche chicha.
Wer einmal einen schluck chicha getrunken hat, wird das wohl nie mehr vergessen, das zeug schmeckt für uns nichturwaldmenschen schmuck ausgedrückt einfach nur schrecklich.
Der fakt, dass die einheimischen frauen die fermentierung dieses yucagebräu's durch das kauen und ausspucken des wurzelmaterials erzielen, steigert den genuss nicht wirklich.
chichaproduktion, jede frauenspucke, resp. bakterien geben der fermentierung einen anderen geschmack.
10'000 jahre zurück, erstes abendessen bei den shiwiar.
Die shiwiars, vorallem die männer trinken nur chicha, tagein-tagaus, es ist nicht nur ihr getränk, es ist ihre kultur und ihre nahrung. Das dieser zaubertrank nicht unbedingt unserem gaumen entspricht, haben unsere freundlichen gastgeber dann nach 3 tagen und unzähligen erfolglosen drinkversuchen unsererseits verstanden - von da an gab es tee oder sirup aus dem braunen rio cunambo, natürlich weder abgekocht noch entkeimt. Asi vivimos!
aussicht von der küche auf die lebensader rio cunambo.
hernan mit einer mischung aus traditioneller kleidung und dem heute gebräuchlichen wie die schicken gummistiefel.
In den ersten momenten am lagerfeuer in der openairküche haben wir uns wie nach einer zeitreise von 10'000 jahren gefühlt, wir sassen da bei sternklarer nacht im spartanischen zuhause unserer gastfamilie, nackte kinder springen herum, alle schauen uns mit grossen augen an und wir sie. Daneben zirpt, fletscht, faucht der urwald geheimnisvoll und der dunkle fluss zieht seine bahn richtung amazonas. Das dorf juyuintsa ist nur mit dem flugzeug erreichbar, auf dem fluss kann man dann mehrere stunden richtung osten fahren, da kommt irgendwann peru, dazwischen ein paar wenige shiwiar comunen. richtung westen sieht es ähnlich aus, nur dauerts da noch länger bis weitere siedlungen auftauchen. Asi es - asi vivimos!
die kamera das kleine wunderding, die kids freuen sich an ihrem spiegelbild.
täglicher waschgang.
Der dschungel ist ein grosser supermercado, nach diesem motto wird der menuplan gestaltet, es landet im teller, was vor die flinte läuft, in die nähe des blasrohr tschalppt, in die falle strauchelt oder an die angel beisst.
zurück vom supermercado - einkauf erledigt.
olmedo schleppt das 50 kg vieh mit der stirn heim...wir hecheln hinterher.
die letzten meter ins dorf dürfen auch mal die gringos ran. im hintergrund olmedos haus mit grundstück.
Sehr beliebt sind jabalis (wildschweine), hier durften wir selber eines jagen und unser guide, olmedo, hat das ca. 50 kg schwere teil mit einer lianenkonstruktion umwickelt locker mit der stirn drei stunden nach hause getragen. ganz saftig sind die verschiedenen vögel, kurz patos genannt, die zu ihrem verdruss tagsüber leider auf dem boden unterwegs sind.
anke metzgermeisterin.
unser abendessen in voller flügelspanne.
Fein im genuss aber grätenverseucht sind die bissfreudigen piranias, im fluss tümmeln sich zudem motas, ein mit spitzig gefährlichen flossen ausgerüstet sehr genussvoller fisch.
Eher erschreckt hat olmedo geguckt als wir einen pescado electrico gefangen haben, der wird ca. 2.50m lang und entwickelt spannende 650 volt...dieser genosse ist also eher nichts für die pfanne geeignet. Asi es.
endlich hats geklappt, fisher tom's happy ending.
piranias zieren fiese rote augen, ein riesiges gebiss mit scharfen zähnen und leuchtende schuppen.
Beim essen wartet man immer gespannt auf seinen teller, denn die im dunklen aus dem auf der glut kochende brühe geholten fleisch oder fischteile haben sehr unterschiedliche qualitäten, so präsentiert ein dürres vogelbein neben einem brustansatz eine weit dürftigere mahlzeit.
heute den flaschen teller erwischt, ein vogelfuss mit krallen.
er schmeckt besser als er aussieht, 2.5 meter kaiman.
Natürlich bewegen sich bis zu 3 meter lange kaimane im rio cunambo und zwischendurch wird doch auch mal eine anaconda oder riesenboa gesichtet.
heute glück gehabt, nur boote während der körperpflege.
unser nachbar.
In diesem freundlichen wässerchen haben wir uns also brav gewaschen und sind ein paar sehr schnelle züge geschwommen. Das bad macht erst richtig spass, wenn dann ein paar meter flussaufwärts ein jabali am ufer gemetzget wird und die damen ihre chichatöpfe auswaschen.
Wenigsten flattern einem dazu die farbigen amazonaspapageien, aras und prächtige schmetterlinge um die ohren.
Asi es!
unsere wecker - amazonaspapageien und aras.
Etwas angenehmer sind da die urzeitlichen wasser- und landschildkröten, die ebenfalls auf den grill dampfen, gleichzeitig werden ihre am strand abgelegten eier gesucht und gesammelt. Das sind dann eher die emotionell grenzwertigen momente, hier schlägt das herz eines tierliebhabers hoch und leider sind unsere schildkrötenbefreiungsversuche an den beobachtenden blicken oder an dem zu zaghaften verhalten der schildkröte gescheitert.
schildkröteneier bestehen fast nur aus eigelb und schmecken etwas mehlig.
landschildkröten überleben monate ohne food, diese hängt seit wochen an der türe von francesco - uns zerreisst fast das herz.
Als exotische spezialität gelten auch die aus den faulenden baumstämmen gegrabschten riesenmaden (gusanos) die entweder als sushi live oder abends auf der mixed fritado platte verzehrt werden, zu solchen leckerein passt ein traditioneller schweizer jass mit stöck, wis, stich - asi es!
die riesengusanos aus den fauligen baumstämmen, anke kann's kaum erwarten.
schweizer traditionnen im dschungel kurz vor der nachtruhe um neun uhr.
Doch zurück zum dschungel, stundenlang sind wir zusammen mit olmedo durch diese grüne suppe geschlichen, sei es in der nähe des dorfes oder bei den neu erstellen sehr einfachen cabanas ca zwei stunden flussabwärts. Der kochende regenwald der primärer generation bietet fantastischen geräusche, eine luftfeuchtigkeit, die einem beim stehen die poren blubbern lässt und tiere in allen farben, gattungen und grössen.
hongos del monte (essbare dschungelpilze)
die cabanas inklusive küche, ca 3 stunden bootsfahrt von juyuintza.
Zwar erwartet man als stadtmensch grundsätzlich noch viel mehr bewohner, aber diese sind im tiefen wilden urwald sehr scheu und nur selten zusehen. Was bei riesenboas, jaguar und giftspinnen ja nicht nur von nachteil ist. Was extrem fasziniert, ist die tatsache wie sich olmedo auf stundenlangen wanderungen in dem unübersichtlichen blätterwald orientiert, die shiwiar machen das anhanden von markierungen an pflanzen, speziellen geräuschen und gerüchen. Ganz ehrlich wir haben nur sehr selten selber eine markierung entdeckt, abgesehen davon sind uns alle bekannten geräusche oder gerüche völlig entgangen - kurz man wäre nach fünf minuten im dschungel völlig verloren und verurteilt.
Asi es!
wollaffen.
ozelotbaby (tigrillo) in olmedos haus, die mutter wurde wenige tage davor geschossen (und verspeist), da sie dem dorf zu nahe kam.
die kapuzineraffen gelten als das intelligenteste tier im urwald.
Olmedo hat zudem immer wieder hier und dort ein tier für uns entdeckt, es war gigantisch, wie die shiwiar die kleinste unübliche bewegung in ihrer umgebung wahrnehmen und einschätzen können. Natürlich ahmen sie alle tierstimmen nach, sogar so gut, dass die urwaldschlauen gesellen wie affen in ihre nähe kommen und somit mit dem blasrohr ein herrliches ziel abgeben. Jede pflanze hat ihre bedeutung, jeder strauch seine gabe, jegliches zeug kann verwendet werden, zb zum flechten der schicken chinginas (körbe), als kräftige seile für funpark oder hausbau, als verpackungsmaterial, als geschirr, als schmuck und vorallem als medizin für alle möglichen krankheiten und verletzungen. Asi es!
dschungel-plastiktütte, hier als verpackung für die pilze.
fun- und seilpark.
gemütliches chinginaflechten.
Das verhältniss zwischen mann und frau erscheint uns fremd, die männer überlassen den frauen eigentlich den gesamten haushalt, dh kinder aufziehen, kochen, früchte sammeln, chacras (felder) bewirtschaften und chicha spucken. Das wäre ja noch im rahmen, gleichzeitig erledigen aber die eher scheuen und zartgebauten urwaldschönheiten alle schwere aufgaben wie löcher graben, kiloschweres material transportieren, boote pflegen, all das ist frauenzeugs. Der mann nimmts da gemütlicher mit fröhlichem jagen, entspanntem fischen und filigranen korbflechten, egal wo und bei welcher tätigkeit, eins gehört immer dazu : chichatrinken.
die frauen kümmern sich um die schweren ladungen.
unsere gastfamilie - köchin beatrix (18 jahre) in der openairküche, die kleine machinga immer dabei.
europäische kochkünste im dschungel - von jose scharf beobachtet - er hat anschliessend aus lauter begeisterung unser ganzes marmeladenglas runtergestürzt.
Generell sind die bewohner sehr hart im nehmen, sie schlafen auf dem blanken holz, scheuen sich nicht vor moskitos und anderem ungeziefer, schleppen wahnsinnige gewichte herum, kriegen einen haufen kinder und laufen flockig barfuss durch den nächtlichen dschungel.
kaffeekränzchen ala shiwiar, die damen des dorfes treffen sich im centro social, lausen sich die läuse und flöhe und besprechen die letzten chichatrends.
die brüder ismael und dixon sind immer gut gelaunt und für einen streich zu haben.
Eine frau kann bis zu 12 kinder bekommen, dann ist aber schluss, der mann zwischenzeitlich der eher mastigen dame leid, sucht sich dann legitim eine neue begleitung und interessiert sich ab dann eher selten für seine vorderhand gezeugte fussballmannschaft. So schafft ein aktiver shiwiar bis zu vier damen, mindesalter für die auserwählte sind satte 13 jahre!
die zarten urwaldschönheiten werden ab 13 jahren geheiratet und geschwängert.
blonde frauen gibt's hier nicht so oft auf besuch, daher ein eher skeptischer blick von fagundo.
Es braucht daher keine weitere erklärung, dass mädchen im wald deutlich weniger zählen als knaben. Geschlechtsunabhängig sind die aufgeblähte bäuche, dies aufgrund des einseitigen nahrung und vorallem wegen der fehlenden hygiene, sprich parasiten nisten sich da ungehindert überall ein. behinderte kinder - interessanterweise gehören da auch zwillinge dazu - wurden früher ertränkt, da sie als schlechtes omen galten, dies soll heute nicht mehr der fall sein...trotzdem haben wir während unserem aufenthalts im dschungel keine behinderten menschen getroffen...
ein typischer blähbauch der jungen generation.
hygiene wird hier anders gehandhabt, beatrix laust ihre tochter auf der heimfahrt von den cabanas - juyuintza im hintergrund.
vor jahren haben sich missionare und die berüchtigten linguisten aus nordamerika zur ihrer lebensaufgabe gemacht, die wilden völker des amazonas zum christentum zu bewegen, nicht wenige haben das mit ihrem leben bezahlt. Die shiwiar wurden zb erst vor 30 jahren entdeckt und obwohl sie sich in ziviler kleidung versuchen und wohl auch ab und zu der kirche eine besuch abstatten, sind sie glücklicherweise den alten riten und gebräuche insgeheim treu geblieben.
festliche bemalung aus pflanzlichen farben.
eine chingina wird aus von den bäumen hängenden lianen geflochten, die dünen lianen werden zuerst gehäutet, dann fein gespalten und anschliessend aufwendig verknüpft.
der alte mann der von seiner frau flüchtend auf eine liane geklettert ist, um schutz und neue freunde zu finden, wurde dann aber schnurrstracks zur sonne umgewandelt. Seine eifersüchtige frau, zwischenzeitlich ebenfalls in einen ahu (ähnlich uhu) mutiert, ruft als nachtaktives tier jede nacht sehnsüchtig nach ihrem mann uh-uh-uh-uh, aber dieser taucht natürlich erst wieder im morgengrauen auf, wenn der ahu bereits wieder schläft...asi es!
minifrosch im blätterwald, welcher verwandelter mensch versteckt sich hier in den mystischen geschichten der shiwiar?
prächtige schmetterlinge (mariposas) sonnen sich am flussufer.
eine wirkliche religion haben die shiwiar nie gehabt, es sind eher über generationen weitergegebene geschichten, somit hatten die missionare (glücklicherweise) von anfang an schlechte karten und die shiwiar haben nach den inkas, den spaniern, den abendteurern nun auch die missionare im geheimen in die flucht geschlagen. Das einzige was die dschungelvölker wirklich vernichtet hat, sind die von den spaniern eingeführten krankheiten wie grippe, die jahre des kautschukanbaus (umg blutende bäume) und neuerdings die rücksichtslosen ölfirmen, die den jungfräulichen wald und somit ihre lebensgrundlage vernichten.
die fünf (olmedo, anke, schetty, marco und claudia) vor dem riesigen rituellen baum, ca. 12 durchmesser, 60 meter hoch und unzählige jahrzehnte alt.
olmedo's aus einem bauch geschnitzes kanu, rucola der pirschhund wartet schon sehnsüchtig auf seinen einsatz.
Als lebensgeister zählen für die ureinwohner wichtige energiequellen wie der immerfliessende fluss, der plätschernde wasserfall, die grossen alten bäumen, der erfrischende regen, der bewegende wind, riesige anacondas und andere aussergewöhnliche tiere und pflanzen.
Es lernen schon die kinder sehr früh sich im leben des dschungels durchzusetzen, so fängt ein vierjähriger seinen eigenen fisch, nimmt ihn auseinander und schmeisst das teil auf die glut. Asi es.
die kinder lernen schon sehr früh auf eigenen beinen zu stehen, hier unser dschungelguide junior - jose.
Das projekt ikiam verfolgt die idee mit den einnahmen der raren touristen, die einwohner davon abzuhalten, dass der wald an die ölcompanies verzockt wird. Da geld für die shiwiar eh fast keine bedeutung hat, wurden viele ländereien von gewieften händlern gegen einfache tauschware gezockt. dies will ikiam verhindern, einerseits sollen die bewohner über folgen von unweltschäden informiert werden und andererseits will man möglichkeiten aufzeigen, wie sie etwas verdienen/tauschen können, ohne dabei ihre lebensart mir ihren eigenheiten aufzugeben.
nächtlicher besuch am flussufer, nachts mit einer taschenlampe erkennt man die scheuen kaimane anhanden der gelben augenreflektion schnell.
ein professionelles fotostativ wird kurzerhand aus dschungelmaterial gebastelt.
Wir sind beeindruckt von den shiwiar abgereist, ihre kultur, ihre lebensweise haben wir in den 8 tagen nur schwach entziffern können, was aber bleibt sind unvergessliche momente, emotionale grenzensituationen und die erkenntnis, dass man mit fast nichts sehr entspannt leben kann. Ein dorf könnte innerhalb von einer stunde gerräumt werden und zurückbleiben würden nur hütten aus holz, lianen und palmenhainen, reste aus ton, pflanzen und blätter und vielleicht ein paar feuersteine, der dschungel würde den lebensraum in kürzester zeit ohne verletzung wieder einnehmen.
Und zudem gilt, wo niemand etwas besitzt, gibt es auch keinen neid oder gar kriminalität.
skeptische blicke unserer dschungelladies vor der fahrt richtung juyuintza, das chichafass ist immer mitdabei.
Wir hoffen, dass wir ein ganz kleines bisschen von ihrem leben mit auf unseren weg nehmen können und beim erschreckenden feststellen vermissten luxus ganz einfach an die shiwiar mit ihrem lagerfeuer unterm palmendach im geheimnisvollen wald am ende der welt denken - asi es, asi vivimos - somos shiwiar!
affen werden oft von den einheimischen als haustiere gehalten.
nicht mehr weit bis puyo und bis zum ersten bier.
Die dschungelcrew
anke, claudia, marco und schetty
Aufbruch: | 21.11.2009 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 15.04.2013 |
Chile
Peru
Ecuador
Kolumbien
Schweiz
Paraguay
Uruguay
Brasilien
Bolivien