villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

hola chicos

Nun stehen wir also endgültig vor der letzten Villa Venus Grenze und Anke, die in letzter Zeit philosophische Momente am Laufband produziert, meint traurig "Der Kreis hat sich geschlossen, die Zeit vom Entdecken und Erforschen ist vorbei". Da gibt es eigentlich nix mehr hinzuzufügen. Die letzten Zöllner sind dann glücklicherweise nett entspannt, so dass wir schon wenig später über den mächtigen Zusammenfluss von Rio Uruguay & Parana blicken, der nun Rio de la Plata heisst.

Bald erkennen wir die Unterschiede Uruguays, die Strassen sind sauber gefegt, es liegt praktisch kein Müll herum und an der Tanksäule und im Supermarkt schauen wir lieber nicht mehr so genau auf den Preis. Eigentlich die perfekte Angewöhnung ans Heimatland. Trotzdem fühlen wir uns im Land der letzten Wochen sofort wohl und zufrieden. Ein ebenfalls interessanter Nebeneffekt ist die Tatsache, dass die Urugayos (sprich urugaschos) deutlich distanzierter sind, als der Rest der Sippe auf dem Kontinent. Sie gucken dezent auf Villa Venus und laufen dann zügig weiter, nur ganz selten spricht Dich Jemand persönlich an, also nochmals eine gute Lektion für Zuhause. In Carmelo treffen wir Maria Noel und Arnaud, die uns einen flotten Villa Venus Garagenplatz in Ihrer Bodega anbieten. Zuerst drücken sie uns jedoch eine Flasche Medio-Medio (halb Weisswein, halb Sekt - die Landesspezialität) und eine Flasche Grappa in die Hand. Danach folgt noch die Einladung zum Cena in Ihrem schmucken Haus an der Plaza mit Ihrem Nachwuchs. Das ist die andere Seite der Urus, wenn man sie mal kennt, sind sie unglaublich hilfsbereit und gastfreundlich.

Auf dem Weg ans Meer stoppen wir in der schweizerisch-italienischen Kolonie Nueva Helvetia/Valdense, wo mehr als 70 % der landesweiten Käse Produktion entstehen. Es hat wieder Platz für Käse im Weinkeller. Dann spüren wir schon von Weitem die feine salzige Brise und hören entfernt das Rauschen der Wellen. Zurück am Meer, Gänsehaut und Freudensprünge. Wir legen unsere Badetücher in den weichen Sand und chillen zusammen mit einer Delfin Familie am Atlantik. Viel zu schnell geht die Sonne unter und Anke meint trocken, "diese Tage gehen immer zügig vorbei". Wo sie recht hat, hat sie recht. Unser Motto in den letzten Wochen "wir lassen jetzt nix mehr anbrennen" setzten wir tagtäglich um und knallen somit zurecht anderthalb Kilo Filet auf den Grill. Wir schauen hinaus auf die Brandung und die vom Sonnenuntergang bunt gefärbten Wolken, die Möwen kreisen, das Meer rauscht, die Glut knistert, sonst ist da einfach nichts. Herrlich. Romantisch. Anke sucht den Augenkontakt und spricht wehmütig, "so wird es nie mehr sein", dazu kann ich nur mit trockener Kehle nicken. Aber genau deshalb lassen wir nochmals die Korken krachen und ziehen jedes Abendrot mit Wellenschlag doppelt ein.

In Punta del Este mischen wir uns unauffällig mit grossen dunklen Sonnenbrillen unter die Jetsets aus Argentinien und Brasilien, ergattern frische Shrimps/Lachs für Sushi und joggen an edlen Jachten und vollgefressenen Seelöwen vorbei. Kurz dahinter liegt La Barra und da wartet der topfite Rentner Toni (Bekanntschaft aus Ecuador) und begleitet uns zu Laura und deren Kiteschule an der Laguna Garzon. Der Wind bläst ganz ordentlich, so das einer Ausfahrt für Anke nichts im Wege steht. Leider zieht sich die windige Phase just dann zurück als Don Schetty den Kite ergreift.

Die ganze Nacht über wackelt Villa Venus, vom Wind wohlgemerkt und verspricht einen tadellosen Kitetag. Don Schetty baut von der gestrigen Erfahrung frustriert unter grimmigen Blicken von Anke vehement den Schirm auf, obwohl schon mächtige Böen über die zarte Laguna huschen. Der Schirm ist gleichzeitig mit dem ersten tobenden Sturmwind im Zenit und Don Schetty hebt einmal mehr ungewollt dynamisch über dem Gewässer ab. Nun zelebriert die satt im Wind fuchtelnde Matte mit Don Schetty daran neue Figuren, die durchaus an rhythmische Bodengymnastik erinnern. Erst ein Sprint von der bekleideten Anke hinein in den See verhindert Schlimmeres. Resultat des Schlamassels, Ankes triefende Garderobe, eine geplatzte Kite Luftkammer und ein völlig desillusionierter Don Schetty. Ein guter Start für die Abschlussferien.

Schnurstracks machen wir uns auf den Weg zur Autofähre und die bewohnte Seite, damit die Luftkammer sofort repariert werden kann. Doch das antike Gefährt hängt schon schief in Ihren Stahlseilen und die Mannschaft hat es entweder weggefegt oder sie haben sich in Ihrem Container verschanzt. So verstecken wir uns ebenfalls vor den 100 Km/h starken Windböen hinter stämmigen Büschen und warten auf bessere Zeiten. Die am nächsten Tag tatsächlich beginnen. Zuerst wird Don Schetty von den grinsenden Kitelehrern stolz auf die Schulter geklopft, noch selten haben sie jemanden beobachtet, der bei solchen Böen kiten wollte. Doch schon vier Stunden später ist es endlich soweit, Don Schetty cruist auf dem Wasser und erst kurz vor Sonnenuntergang kann ihn Anke aufgeweicht wie ein Stück Brot aus der Laguna ziehen. Abends stellen wir uns an einen der Traumplätze und grillen zusammen mit crazy Toni ein Vacio (Rindfleisch) unterm leuchtenden Sternenhimmel.

Nachdem uns am folgenden Spätnachmittag ein Regensturm unfair von der Laguna verwiesen hatte, stellten wir uns gemäss windguru.cz auf einige windfreie Tage ein. Doch Langeweile kommt dank Sonnenbaden, Strandläufen und Lesen nie auf. Im Gegenteil Villa Venus überrollt zuerst den unschuldigen Campingstuhl von Don Schetty und sorgt mit einer ausgelaugten Batterie für Abwechslung. Dank Zusatzbatterie haben wir das Problem leicht behoben, sinken aber trotz 4WD plötzlich im Sand ein, beim Umstellen auf Traktion blockiert der Schalthebel... Wir schauen nervös unter die Villa, kontrollieren die 4WD Radnarben, streicheln den Umschalthebel zärtlich, reden Allen gut zu. Aber erst ein Blick ins Cockpit bringt des Rätsels Lösung, beim Surfbrett einräumen haben wir den 4WD Schalter auf OFF gestellt, so einfach kann es manchmal sein, wir lächeln und fahren auf La Barra zum Geldabheben. Doch der Tag hat seine Wendung noch nicht geschafft, alle Bankautomaten streiken und an der Tankstelle fällt Don Schetty ein Sandeimer auf den Kopf. Anke meint dazu, das macht jetzt den Braten auch nicht mehr weiss...eine neue Version des Sprichwortes, die aber bei weissem Sand durchaus passend ist.

Auf dem Weg zurück nach San Ignacio entdecken wir Wellenreiter in der Gischt, sofort streifen wir uns die Neoprens über und springen in die Brandung. Nach Erreichen der ersten Welle fühlen wir uns, wie eine Fliege ohne Flügel, nach der Zweiten fühlen wir gar nichts mehr, aus die Maus, kein Pfupf weit und breit. Man lerne, nach über einem Jahr ohne Wellenreiten sind die Surfmuskeln wie ein Fisch in der Sonne ausgetrocknet, trotzdem sich aufs Badetuch zu pflanzen macht auch Spass.
Plötzlich wird uns bewusst, dass heute in zwei Wochen die Costa Serena in Buenos Aires ablegt. Prickelnde Gänsehaut, ein grosses Fragezeichen im Kopf und ein intensiver Blick zur Villa Venus, Anke spricht aus tiefem Herzen dazu "Wehmut ist auch ein Mut" und damit wollen wir es doch vorerst belassen. Mehr aus den letzten Tagen im nächsten Kapitel.

hasta la proxima.

a&t