villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

hola amigos

Vor La Paz - der Riesentopfstadt - bleibt man einfach mal staunend stehen und versucht die entstehenden Bilder mit den Augen zu verarbeiten. Erst nach einiger Zeit ist man fähig in den steil an den Hängen klebenden Häusern einzelne Quartiere sowie die über der Kulisse aufragenden Eisriesen auszumachen.

Gegenteilig wohnen in der höchsten Kapitale der Welt die Armen in El Alto auf über 4000 m oben auf dem Berg, während die Reichen sich in La Paz auf 3700 bis 3200 m im Talboden ausbreiten, je weiter man abfährt umso wuchtiger werden die Villen und schmucker die Strassen. El Alto ist die Hauptstadt der Aymaras und wächst täglich in unglaublichen Tempo weiter, bald wird sie La Paz von der Bevölkerungszahl her übertrumpft haben.

Obwohl man sieht und merkt, dass hier die ärmere Gesellschaft wohnt, sucht man vergeblich nach Blech und Papphäusern, auch Bettler findet man selten, alles wirkt geschäftig, es wuselt von Verkaufsständen und selbst die runzlige Aymara Dame versucht Ihre 10 Tomaten aus Ihrem Hausgarten zu verkaufen.

Villa Venus ist derzeit hypernervös, sie weiss sie bekommt nach fast 3 Jahren einen kompletten Pimp Up bei Doktor Ernesto Hug, dem wohl bekanntesten Mechaniker Südamerikas, wo wir sogar während dem Krankenaufenthalt unseres Weggefährten in der Garage übernachten dürfen. Wie erwartet sind Bremsen, Stossdämpfer und Öle zwischenzeitlich ausgepumpt, verdampft oder abgekratzt, Lucas unser Busengel hängt sich sofort mit Werkzeugen und blauem Schurz in der blitzblank geputzten Werkstatt ins Innenleben unseres Kameraden.

Wir nutzen die Zeit uns stürzen uns ins Leben von La Paz, überraschenderweise empfinden wir die Stadt als keineswegs chaotisch oder stressig, im Gegenteil wir geniessen die Bergwanderungen in der Innenstadt (es geht hier auf 3500 bis 4000 m immer bergauf oder ab), die entspannten Gespräche mit den Einheimischen und die feinen Mittagsmenüs für sFr. 1.40. Die Menschen sind freundlich und zuvorkommend, einzig der ständige Strom aus hupenden Taxis und Minibusen (vorwiegend Toyota Hiace Yeah) sorgen für Gestank, Lärm und energiefressenden todesmutige Sprints über die Strasse.

Ein paar Zebras sorgen mit Kapriolen in der Innenstadt für einzelne fröhliche Überquerungen, ansonsten ist jeder Schritt auf die Strasse wie Tsunami surfen. Verlässt man das touristische Zentrum, trifft man bald auf Märkte, Fruchtsaftstände und indigene Frauen, die in grossen Töpfen komplette Mahlzeiten anbieten. Auf dem Hexenmarkt verzichten wir auf die als Glücksbringer getrockneten Lamaföten, Villa Venus hätte wohl wenig Freude, wenn so ein Teil am Rückspiegel herum baumelt.

In der nähren Umgebung des Riesentopfes offenbaren sich seltsame Felslandschaften und friedliche Berge, immer begleitet von den imposanten vergletscherten Riesen am Horizont. La Paz ist ein idealer Ausgangspunkt für diverse Expeditionen und Wanderungen und selbst nach zwei Wochen wird es uns nicht langweilig.

Die 80000 Kilometer auf südamerikanischen Boden teilweise verbunden mit der schneidigen Meeresbrise haben den Rostparasiten einige Knabbereien geschaffen, Don Ramiro stellt sich diesem Kampf mutig mit Schmirgeln, Schweissen und Spritzen und schenkt uns somit eine weitere villavenusfreie Woche, die wir für einen Thomasgeburtstagsgeschenkabstecher an den in jedem Geographieschulbuch erwähnten Titicacasee nutzen.

Mit dem öffentlichen Bus holpern wir zum bolivianischen Wallfahrtsort Copacabana, dem sogar der berühmten Strand von Rio seinen Namen verdankt. Von dort schippert uns ein Ausflugsboot auf die sagenumwobene Isla do Sol. Der Aufmarsch an Touristen übertrifft unsere kühnsten Erwartungen, so dass wir uns schnurstracks in den einsamen Südzipfel der Insel verkriechen.

Die Farbenspiele sind unglaublich, hier der unendlich tiefblaue See, dort die weissen Schneeberge, dazwischen Inseln und die harmonisch geformten Hügel mit wenig übriggebliebenen Wäldern, dabei kann man stundenlang dasitzen und aufs glänzende Blau schauen.

Das wir nicht die Einzigen mit diesem Interesse sind, kann man auf dem Eiland gut erkennen, speziell in den Hauptorten Yumani und Challapampa werden neue Zimmer und Restaurants gemauert. Die Vermietung findet jeweils vor der Fertigstellung statt so dass man entweder in einem überlaufenen Bad steht oder trocken unter einer Alibidusche.

Zugegeben die Insel ist der Hammer, aber der Touristenstrom hat schon einiges verändert, zum ersten Mal betteln Kids regelmässig nach Geld, einige hänseln frech den Gringos hinterher, die Preise sind bereits deutlich angestiegen und an jeder (un)möglichen Stelle wird Eintritt oder sogar Wegzoll verlangt, den wir arrogant ignorieren und einen verblüfften Eintreiber zurücklassen, genug ist genug finden wir.

Trotzdem sind wir beeindruckt von der zweitägigen Wanderung über die Isla mit ihrer herrlichen Landschaft, obwohl sie für einen Tag keck Ihren Namen in Isla de Lluvia ändert. Zurück in Copacabana wollen uns die Hippie Argentinier mal wieder Weed und anderen Gerümpel andrehen, andererseits merken wir das neben dem Taschenmesser und dem Feldstecher auch unser Weckerhandy auf mysteriöse Weise verschwunden ist...ja wir sind gespannt, wie sich die Sonneninsel zukünftig entwickelt, hoffentlich bekommen sie noch rechtzeitig die Kurve.

Vielleicht täuscht uns manchmal unser Eindruck, da wir uns gewohnt sind vorwiegend alleine in wenig besuchtem Gelände unterwegs zu sein, vielleicht sind wir "schleckig" geworden. Jetzt ist jedoch erst mal Akklimatisierung angesagt, denn das Villa Venus Team will den 6093 m hohen Huayna Potosi ohne Sauerstoffmaske und Blutdoping besteigen.

Hasta la proxima.
a&t