villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen

holà chicos

Die carretera austral hat uns in den bahn gezogen, verbunden mit dem fantastischen sommerwetter ist diese strasse an bergen, gletschern, wasserfällen, seen und kleinen dörfern vorbei "una pasada", so kommen wir auch kaum vom fleck, die einzelnen seitenstrassen führen einsam richtung bahia explodora mit dschungel-gletscher-feeling und einem grossen strassenbauplan an die gletschermoräne san rafael und den höchsten berg der südlichen anden - san valentin. Seit jahren wird fleissig an dem camino gebastelt, sobald das projekt fertig ist, wird sich das anliegende dorf puerto rio tranquillo wohl umbennen müssen und die marboles del lago, kuriose marmorgebilde im wasser, werden eine erste wasserampel für die ausflugsböötchen erhalten.

Bahia murta war ein weiterer abzweiger mit folgen, wir strandeten wunderfitzig wegen einem echten schweizer wanderschild in der suizaike, einer estancia im nowhere an der küste des zweitgrössten sees von südamerika. Dieser hat in chile und argentininen jeweils einen anderen namen, eine lustige eigenheit, wobei die gauchos mit der namensgebung lago buenos aires natürlich nicht gerade eine neutrale taufe zelebriert haben. Chile kontert mit lago general carrera - sehrwahrscheinlich dem erfinder der ferngesteuerten autorennen.

Suizaike wird von werner und familie geführt, ein schweizer der vor 20 jahre auf dieser fantastischen parcella hängengeblieben ist. Zwischenzeitlich hat er kühe, ziegen, alpacas, pferde, hunde, katzen und ochsen, dazu ein wunderschönes selbsterrichtetes blockhaus, wo eine wasserturbine, eine unterirdische quelle, der gemüse-kräuter-garten und eine finnensauna im wald selbstversorgung garantieren.
Leider erreichen uns dort auch die news vom erdbeben in mittelchile, was dazuführt, dass viele santiagos sich vorzeitig aus ihrem urlaub richtung casa aufmachen. In bahia murta gibt es als kommunikationsmittel ein einziges telefon, welches wegen der katastrophe aber stumm bleibt.
Wir sind glücklicherweise weit weg davon und dadurch unbeschadet, man spürt die spannung, viele patagonier stammen ursprünglich aus dieser gegend oder haben verwandte dort, ohne internet, mobiltelefon und zeitung bleibt einem da nur die hoffnung auf gute news von seinen angehörigen.

Der verzicht auf diese kommunktionsmittel ist für uns ein positives erlebnis, in diesen momenten erfährt man leider auch die nachteile. Werner meint dazu, lieber keine news als schlechte und hält sich an seine neuigkeiten vom bauernhof, die ihn genug auf trab halten.

Werner ist ein sehr interessanter mensch, der uns mit seinen fabelhaften erlebnissen fesseln kann, er lädt uns auf einen niemands-trek auf den cerro manqis/condor ein, ein anfänglich steiler hike in den hier heimatlichen südbuchenwäldern, anschliessend klettern wir an riesigen schneeverwehungen entlang auf den gipfel mit faszinierenden rundblick. Zwei condore erwarten uns schon freudig, die aasfresser müssen aber bald einsehen, dass wir noch quietschlebendig sind.

Der rückweg wird dann eher zum aufnahmetest für fakire, edle calafatesträucher säumen unseren pfad, ein busch, der einerseits schmackhafte früchte (und eine sagenhafte confiture) liefert aber gleichzeitig ein eher fieses abwehrverhalten mit fröhlichen dornen für streunende wanderer parat hält. Akupunktisiert finden wir heraus, dass werner auch noch kochen kann - wir glauben er kann alles - und so geniessen wir müde aber zufrieden ein risotto mit morcheln und spannende gespräche in der blockhütte am see bis in die frühen morgenstunden.

Wir erfahren mehr vom erschreckenden staudammprojekt, chile hat vor wenigen jahren die wasserresourcen, sprich flüsse kostenlos an interessenten abgegeben, diese werden nun an ausländische firmen verzockt, die sich davon eine erfolgreiche stromgewinnung für die grossen minen in nordchile versprechen. Schon sind pläne geschmiedet ganze täler aufzustauen und eine hässliche 5000 km lange hochspannungsleitungen durch herrlichste landschaft zu ziehen, eigentlich unvorstellbar aber wahr. Viele patagonier haben sich darum in - patagonia sin represas - verbündet und kömpfen wacker gegen diese wirren ideen. Irgendwann in diesem jahr wird ein exemplarischer entscheid gefällt, die argumente der bauherren mit sauberem strom und staudammtourismus scheinen dürftig gegen die verschandlung eines intakten öko-systems und deren beeindruckenden landschaft.

Wir verabschieden uns von superwerner und folgen den kurven und seitenstrassen zum cerro castillo. Unterwegs lernen wir wiederum spannende menschen kennen, ein österreichisches päärchen seit 3 jahren unterwegs, andrew aus den usa pedalt bereits 17 monaten von vancouver richtung süden, kurt ein schweizer ohne plan, der nun zwei jahren in südamerika herumschwirrt, aktuell mit seiner freundin claudia aus santiago und roberto y franco, zwei brasilianer mit schwerem motorrad, die in zwei monaten von brasilia nach usuaia und zurück hechten...das sind ca. 20'000 km.Einfach herrlich.

Das ist übrigens auch unsere niemands-vulkanbesteigung auf den cerro pico blanco mit tollem panorama und einer professionellen schetty-stunteinlage inklusive schotterrolle rückwärts über den steilhang - schürfungen sind ja sexy.

Wir haben uns angewöhnt jeweils in den kleinen in keinem guide erwähnten siedlungen einen kurzen besuch abzustatten. Es findet sich immer irgendwo versteckt zwischen rodeoplatz und witzigen hauskonstruktionen ein minimarkt, der dem namen treuehaltend eher klein ist. Doch diese nanoshoppingmalls bieten von weihnachstkugeln über barbiepuppen bis zum tertrawein einfach alles. Normalerweise muss man zuerst klopfen oder läuten, damit die eingangstüre einen besuch zulässt, nach überraschtem blick mit grossen augen für die seltenen gäste erfahren wir meistens die news vom dorf oder andere bewegende geschichten. Die einkäufe erledigt nun friedlich anke mit ihren verbesserten spanischkentnissen, so erhalten wir immer öfters die tatsächlich erwünschten produkte. Hasta la proxmia.

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