villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen
von argentinien, das endspiel 2013 part I.: von daltons & walpurgisnacht im grenzbereich.
hola chicos
Bald standen wir am bolivianischen Ausreiseposten und waren angespannt, ob ein grün uniformierte Zollmensch entdeckt, dass wir 4 Monate in seinem Land waren. Doch freundlich wurde uns der Ausreisestempel verpasst. Jetzt machten wir uns nur noch Sorgen, um die lebenden Esswaren im Villa Venus Keller, wie sich heraus stellen sollte, waren das definitiv die falschen Sorgen...
hier war die welt noch grandios in ordnung, ein fritierter sabala flussfisch zum abschluss in bolivia...es sollte nicht die letzte nacht auf bolivianischen boden bleiben...
Zum Abschied aus dem farbigen Bolivien bestachen wir nochmals einen Tankwart und schafften es so, vier Monate ohne Wucherbenzintouristenpreis im Land herum zu düsen. Kurz vor der Grenze liessen wir uns einen Sabala (Flussfisch im Lachsformat) frittieren und freuten uns naiv (zu früh) auf Argentinien. Noch ein lustiges Foto auf der Grenzbrücke und dann hörte der Spass abrupt auf. Im Gegenteil zu allen Grenzen der Welt, bietet der Übergang in Bermejo eine schicksalhafte Kombination aus Immigration Bolivien und argentinische Zollkontrolle, bevor man offiziell am bolivianischen Zoll sein Auto auslösen und in Argentinien einreisen darf. An dieser vorangestellten argentinischen Zollkontrolle winkten uns vier grimmige Daltons auf die Seite. Ohne jegliche Begrüssung analysierten sie Koka kauend unsere Dokumente in Millimeter Arbeit. Endlich hatten sie etwas gefunden, Yuhuii leuchteten Ihren Augen. Die Autoversicherung war (scheinbar) abgelaufen und somit wurde uns die Einfahrt nach Argentinien sofort verwehrt. Unsere Erklärungen, dass wir den neuen Beleg sowie die Kopie der Zahlung der Prämie auf unserem Notebook gespeichert haben, wurde keine Widmung geschenkt, nein es wurde uns schlicht nicht zugehört. Die Chefin, der Oberdrachen des gruseligen Vierergespanns, verkündete laut, selbst wenn ihr Kirchner heisst, kommt ihr nicht über diese Grenze. Schluss. Punkt. Amen.
die schicksalshafte grenzbruecke...noch machen wir freudig fotos...yuhui ab nach argentina...denkste....
Frustriert und Verunsichert wendeten wir Villa Venus und fuhren über die Brücke. Glücklicherweise liessen uns die freundlichen Bolivianer trotz bereits verifizierter Ausreise nochmals rein. Nun versuchten wir verzweifelt über Freunde in Cordoba unsere Versicherung zu erreichen, doch alles war erfolglos, die Versicherung bleibt wegen Feiertagen bis kommenden Mittwoch geschlossen. Die Notfallnummer macht nur Unfälle und eine bolivianische Versicherung durften wir als Ausländer nicht abschliessen. In so einem Moment trinkt man am besten ein kühles Bier, dabei kamen wir auf die schlichte Idee, das fehlende Dokument zu fälschen und es damit zu probieren. Wir konnten nicht länger warten, in zwei Tagen lief die bolivianische Bewilligung für Villa Venus aus und wie wir von anderen Reisenden erfahren haben, wird bei einer Übertretung das Auto sofort konfisziert. Die Auslösung erfolgt nur mit notarieller Beglaubigung und eine Zahlung von mehreren Tausend Dollars, darauf hatten wir keine Lust.
Die Grenze war zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen, so verlegten wir unsere kriminelle Aktion auf den nächsten Tag. Der modifizierte Papierfetzen sah mit Kopieren und Schnipseln recht professionell aus, mit Herzklopfen stellten wir uns abermals von Angesicht zu Angesicht der Zoll Geisterbahn. Die Chefin, die uns schwer an die böse Dame in Arielle die Meerjungfrau erinnerte, schnappte sich die Dokumente und untersuchte diese mit ihren hinter einer fettigen Brille versteckten Adleraugen. Mit dem Versicherungspapier war sie nach 15 minütiger Obduktion tatsächlich verbissen zufrieden. Nun war aber der Schweizer Fahrzeugausweis in Ihre konzentrierte Aufmerksamkeit gerückt, dieser war nach Ihrer Meinung ohne Spanische Übersetzung und Stempel mit Unterschrift nicht gültig. Schlucken, Schlucken und Lächeln, leider haben wir in der Schweiz nur diesen Ausweis und da Spanisch nicht zu unseren vier Landessprachen zählt, fehlt dieser Luxus. Nochmals wurde alle Dokumente in Ihren Wurstfingern gedreht und gewendet bevor sie das ganze Bündel missmutig hin schmiss. Schlucken, Schlucken, Lächeln.
da wir der meinung waren, dass es unserem vorhaben nicht hilft, wenn wir die grenzdaltons fotografieren, hier ein beispiel, so in etwa sah der zweibeinige kokabollen auf unserem dach aus...
Jetzt alles auspacken und im Zollhäuschen scannen lassen! Nachdem die vier Hirnis endlich begriffen hatten, dass dies einen gesamten Tag in Anspruch nehmen würde, kam der Drogenhund zu seinem verdienten Einsatz. Der fette Typ mit riesiger Koka Backe und Zigarette im Mundwinkel quetschte sich rauchend mit in die Villa Venus. Unser Interieur wurde räudig beschnuppert, doch nach 45 Minuten war selbst der Kläffer hundemüde oder vom Rauch der Zigarette in Trance. Flockig hüpften Tier hinaus, den Dicken mussten wir fast mit Vaseline aus unserer Seitentüre pressen. OK, hiess es aus seinem grün verschmierten Mund, Motor starten, da sprang die dicke Hexe wieder aufs Parkett. Oben Dachbox abbauen, Motor aus, Schlucken, Schlucken, Lächeln. Geht nicht die ist fix auf dem Dach. Aber wenn einer (von euch verspäteten Weihnachtskugeln) mit mir auf den Bus klettern will (und verspricht, nicht das Dach dadurch krumm zu biegen) ist er herzlich da oben willkommen. Da die Hexe Ihren Flugbesen nicht zur Verfügung hatte, wuchtete sich der Kokabollen hinauf, der Hund verzog sich zwischenzeitlich angstvoll in seiner farbigen Hütte. Ein zweites grünes OK, doch da kam wieder die Walpurgisnacht angerollt und pferchte sich ebenfalls in unseren noblen Innenraum. Ohhhhhhhhhh ein Benzinkanister, das ist nicht erlaubt, man darf kein Benzin über die Grenze schmuggeln. Schlucken, Schlucken, Lächeln. Liebe Frau wir dealen keinen Kraftstoff, das ist unser eiserner Vorrat, den wir seit 3 Jahren dabei haben, um im Notfall noch ein paar Zusatzkilometer hervor zu zaubern.
kommt ziemlich genau hin, vor allem der gesichtsausdruck, die walpurgisnacht live an der argentinischen grenze.
Dann bauschte sich die Madame wie ein genfrisierter Pfau auf und fauchte uns die Leviten. In Argentinien gibt es überall und immer Benzin, da sei ein anständiges Land und wir sollen gefälligst, bevor wir hier einfahren, eine richtige Strassenkarte mit eingezeichneten Tankstellen kaufen.
Ganz heftiges Schlucken, in Gedanken sah ich meine Hände hochschleudern und Ihr die dicke Gurgel zudrücken, aber dann lieber doch Lächeln. Die Schachtel brachte sich selber so in Rage, dass sie unseren Benzinkanister vergass und uns endlich durch winkte. Keine zwei Meter danach wieder ein Stopp. Ein Ghostbuster warf sich in unseren Weg, nun musste Villa Venus aus seinem Ungestüm auf dem Rücken desinfiziert werden. Wohlgemerkt wurden nur die Reifen abgespritzt, der Rest war scheinbar nicht verseucht, auch nicht die tausend Autos, die zwischenzeitlich an uns Kriminellen vorbei über die Frontera düsten. Der Hammer kam noch, für diese unnötige Aktion mussten wir sogar bezahlen. Schlucken, Schlucken und Zahlen.
so stellten wir uns das vor, spaeter am abend einen feinen wein auf der schmucken plaza von salta...es sollte noch dauern...
Wir klopften uns ab, Yeah, wir haben es geschafft...Denkste! Das Fahrzeugausreisepapier deponierten wir schnellstens bei einer lächelnden Bolivianerin, dann ging es zu den brummigen Büffeln der argentinischen Immigration. Nach einem dezenten Blick in unseren Pass wurden wir sofort ins Büro des Häuptlings mit Schlips und Abzeichen gerufen...hmmmm. Bitte nehmen sie Platz, wenigstens das, leider können wir sie nicht in Argentinien einreisen lassen, weil der bolivianische Stempel von Gestern ist. Also bitte zurück auf Bolivien und einen neuen Stempel einsacken. Uns fiel die Kinnlade endgültig auf seinen Schreibtisch. Wenigstens war der in feinem Tuch eingepackte Herr, der Erste, der uns wirklich zuhörte. Wir erklärten Ihm den Leidensweg bis zu seinem Pult, das wir wegen dem abgelaufenen Visum und ohne anderen Einreisestempel sowieso nicht mehr in Bolivien einreisen können. Er verstehe unsere Lage, aber er kann uns nicht Einstempeln, fertig. Während ich an Tom Hanks dachte, der als auf dem Flughafen blockierter Passagier wochenlang in der Abfertigungshalle herumirrte, kippte Anke mit einem Schrei und Tränenanfall zusammen. Das war die Rettung, der Zollbeamte war so beeindruckt, dass er uns schleunigst mit dem scheinbar unerreichbaren Siegel versah. Dankbar schüttelten wir Ihm die Hand und fühlten uns endlos erleichtert. Leider nur bis zum Gaucho Zoll, wo uns ein speckig düsterer Knabe aus schmalen Lippen verkündete, dass für die Einreise die originalen Versicherungsdokumente benötigt werden.
Doch die verweinten Augen Ankes und mein blutrot unterlaufener Stechblick machten Ihm augenblicklich deutlich, dass er sich in akuter Lebensgefahr befindet. Nervös tippte er im Adlerstil den Fetzen Papier und legte diesen behutsam auf die Theke. Als die schicksalhafte Grenzstation endlich im Rückspiegel verschwand, löste sich unsere gesamte Anspannung und wir fühlten uns völlig losgelöst. Bis zur nächsten Kurve, dort wartete die hochdekorierte Polizei und winkte uns auf die Seite. Papiere und Autodurchsuchung. Schlucken war kaum mehr möglich, Lachen sowieso nicht mehr. Die drei Koka kauenden Gesetzeshüter fragten uns mit durchdringenden Blick, ob wir gefährliche Kokablätter dabei haben, das sei in Argentinien nämlich strengstens verboten...
Wir glaubten unseren Ohren nicht, ob wir diese Frage wirklich gehört hatten. Praktisch vor Ihren Nasen lag zudem ein letztes bolivianischen Päckchen, aber in Ihrer Dämlichkeit sahen sie nicht über Ihre dicken Backen hinaus. Kopfschüttelnd verneinten wir und durften zu unserer eigenen Überraschung die Fahrt fortsetzen.
puh....geschafft, papiere, versicherung und paesse gestempelt...jetzt waren wir von der ganzen belastung befreit und nach einer schlaflosen nacht hundemuede.
Vielleicht brauchen wir man ab und zu so ein Erlebnis, damit uns bewusst wird, wie viel Glück wir bis heute in Anspruch nehmen durften. Zudem wurde uns erst jetzt bewusst, dass wir noch alle Lebensmittel im Gepäck hatten, so endete ein hektisch emotioneller Tag mit einem echten Lächeln und einem tiefen Schlaf.
Bienvendios Argentina!
Hasta la proxima.
a&t
Aufbruch: | 21.11.2009 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 15.04.2013 |
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