villa venus - wer den blick hebt, sieht keine grenzen
von argentinien, das endspiel 2013 part I.: von kardanwelle, geisterstadt und lo mejor.
da hat es villa venus doch noch auf 90000 suedamerikanische kilometer geschafft.
hola chicos
Wohl zum letzten Mal auf dieser Reise überschritten wir in der flachen grünen Santa Fe Pampa eine 10'000er Marke, nun 90'000 Kilometer und näherten uns mit fies quietschenden Schaltgeräuschen dem braunen Rio Parana. In Santa Fe regnete es ebenso wie in den vergangenen Tagen in Cordoba, die Stadt war so was von ausgestorben, dass wir eine verpasste Fluss Tsunami Warnung oder ein Besuch von Lionel Messi vermuteten. Der einzige Aktive war der wenig schlaue Strassenpolizist, der 10 Minuten lang den Eintrittsstempel in unseren Pässen suchte und sich dabei von uns nicht helfen lassen wollte. Auch die anschliessende Busdurchsuchung ergab für ihn bis auf ein energisches Wegreissen unseres Klodeckels keine weiteren Erkenntnisse, immerhin erntete er so noch einen giftigen Blick von Eigentümerin Anke.
so sieht das im cockpit mit modernster anzeige aus.
santa fe 600000 einwohner, tsunami warnung oder llionel messi vor ort?, die downtown ausgestorben wie eine geisterstadt.
am flusshafen entdecken wir die ersten santafeaner, natuerlich in der shopping mall.
Die Innenstadt fühlte sich an wie Eile mit Weile ohne Hütchen und wir waren froh als wir endlich ein paar springende Gestalten im riesigen Einkaufszentrum entdeckten. Da es weiterhin schüttete, bevorzugten wir die einzigartige Tunneldurchfahrt unter dem Rio Parana zu der Nachbarstadt Parana. Das spektakulärste daran war das Tunnelticket mit SFr. 15.00 und ein weiterer Strassenbeamter der uns schon sehnlichst auf der anderen Seite, nun im Departement Entre Rios erwartete. Dieser war schon etwas geschickter und prüfte unsere Sicherheitsausrüstung wie die sexy Reflektionsjacke, Notfallkasten, Warndreieck und der in Argentinien verlangte rote Feuerlöscher. Wir kramten die völlig verstaubten Utensilien aus der untersten Ecke und zeigten sie Stolz dem Uniformierten. Sein Einwand das der Feuerlöscher wohl abgelaufen ist und anstatt Schaum, Butter oder Käse spritzt, konnten wir nicht ganz verleugnen, er aber eben sowenig beweisen. So ging es mit einem Gruss an die schmucke Mütze weiter in das lebendigere Parana.
parana kommt da schon etwas lebendiger daher, aber der baer ist auch hier nicht los.
rio parana.
Villa Venus musste zum Doktor, das wurde uns jeden Tag deutlicher bewusst, so machten wir uns auf den Weg zum Mechaniker. Wie macht man das, hier ein Einblick. Philippe Moser aus Zermatt supportete uns mir ersten hilfreichen Tips dank Ferndiagnose. Erster Halt YPF Tankstelle Help Box, Manuel hebt die Villa hoch und prüft alle Öle & Schmierungen, in diesem Fall war leider alles OK. Die einfache Variante war somit aus dem Rennen, immerhin drückte Manuel uns die Mechaniker Seite aus seinem gelben Telefonbuch in die Hand. Dann Besuch bei Good Year Service, Venus fährt in die Höhe, Stossdämpfer, Verbindungen & Bremsen werden gecheckt, wieder Fehlalarm. Guido im schicken blauen Overall empfiehlt uns eine Visite beim offiziellen Toyota Händler, die wie immer topmodern luxuriös daher kommt. Die Mechaniker hinter den blitzenden neuen Hi Lux Modellen rümpfen schon die Nase, als Villa Venus um die Ecke biegt, wir parken dann mal lieber draussen...
der hindernisslauf mit villa venus beginnt, erster stopp Tankstelle YPF Help Box und Oele kontrollieren.
Trotzdem erniedrigt sich ein sympathischer Garagenmensch zu einer kostenlosen Probefahrt und bestätigt unsere Vermutung, dass das Geräusch von irgendwo hinten kommt. Er denkt dabei an die Radlager oder das hintere Differenzial. Gibt uns aber klar zu verstehen, dass so alte Modelle hier nicht repariert werden können, zeichnet uns aber immerhin einen fähigen Mechaniker auf dem Stadtplan ein. Dort empfängt uns Carlos Senior mit 50 Jahren Schrauberfahrung, sein Sohn Carlos Junior und Javier mit heissem Mate. Nach einer weiteren Proberunde deutet alles auf die Radlager der Kardanwelle, diese wird inklusive der darin eingebundenen Radlager mit zum Teil brachialen Arbeitsmitteln entfernt. Wir schauen dezent weg und werfen erst wieder einen Blick auf das eine tatsächlich trockene und verrostete Radlager. Jetzt erst überlegen sich die Carlose, ob es wohl so ein Ersatzteil in Parana gibt, wir drücken die Daumen. Der Ersatzteilgaucho kommt mit dem Moped nach über einer Stunde von seinem 5 Minuten entfernten Shop angerauscht, aber leider mit den Falschen. Eine Stunde später wirft er erneut wertvollen Teile auf die Werkbank, tatsächlich sie passen, die Carlose und wir schnaufen auf. Wieder Hammer, wieder Zange, wieder brachial werden die zarten Wesen in der bereits einsetzenden Dunkelheit eingeschraubt. Die heissersehnte Kontrollrunde bringt Freude und Erlösung, es passt und das Geräusch ist verschwunden.
die carlose und die kardanwelle.
etwas ueberteuerte reperatur, dafuer gibts ein argentinisches gratis cena bei den carlosen und mama elsa.
Der Arbeitspreis wurde für argentinische Verhältnisse deutlich aufgepimpt, da die aber ansonsten freundlichen Carlose dann wohl ein schlechtes Gewissen bekommen hatten, luden sie uns dafür bei sich zu Hause und Mami Elsa zum Abendessen ein. Anschliessend übernachteten wir in Ihrem Quartier vor der Haustüre und wurden zum ersten Mal Zeuge, wie nächtliche Besucher mit wenig positiven Gedanken versuchten auf das Busdach zu klettern. Ein vehementes Poltern von Anke verwandelte Louis Trenker sofort in Carl Lewis, trotzdem ein fieses Gefühl und uns wird einmal mehr bewusst, dass wir bis an hin auch viel Glück in Anspruch nehmen durften. An der deutschen Kolonie Spatzenkutter vorbei, wo einige blonde Geschöpfe den Strasse säumten, durchfuhren wir das Departement Entre Rios (Zwischen den Flüssen) vom braunen Rio Parana zum klaren Rio Uruguay nach Colon an der Grenze zu Uruguay.
aldea spatzenkutter, eine deutsche kolonie, ob wohl irgend ein argentinier dies aussprechen kann.
der rio parana teilt sich bei diamantina in viele arme.
endlich mal wieder ein beachtag in colon am rio parana.
Hier gönnten wir uns mal wieder einen Beachday am Strand des herrlichen Flusses, Anke löste in Rekordzeit alle argentinischen Sudokus, die sich deutlich von den Bolivianischen abheben. Wer es jemals schafft ein bolivianisches Sudoku aus der Tageszeitung zu beherrschen, ist wohl Albert Einstein und Marie Curie zusammen. Die bolivianische Version sieht zwar nett aus, unterscheidet sich aber mit praktisch keinen und Ankes Meinung willkürlich eingesetzten Zahlen. Vielleicht ist eine Lösung nur Koka kauend möglich, müssen dann mal den Evo fragen. Abends knallen wir das feinste Lomo auf den Rost, entkorken eine edle Flasche Rotwein, ja in den letzten Wochen lassen wir nix mehr anbrennen, so unser aktuelles Motto. Leider vertreibt uns am nächsten Morgen eine Gewitterfront und wir haben Zeit für einen abwechslungsreichen Bustag (Lesen, Schreiben, Sudoku, Essen, Trinken, Film schauen), den wir nun kurz vor dem Villa Venus Abschied noch viel mehr geniessen.
neben ohren putzen und sonnen, wird auch noch die waesche im klaren fluss gewaschen.
abends dann die belohnung, feinstes lomo, eine flasche malbec roble reserva und die schoenste gewuerzbox von argentina.
am naechsten tag ist petrus eher mieser laune.
Bevor wir uns nun über die elegante Grenzbrücke nach Uruguay hieven, freuen wir uns nochmals an den gastfreundlichen Argentinier, die zudem durchgehend Zeit für einen spannenden Schwatz haben. Dabei staunen wir immer wieder über die Selbstverständlichkeit des "lo mejor" (das Beste) das grundsätzlich aus Ihrem Land kommt. So verfügen die Gauchos über die beste Fussballmannschaft (man erinnere sich an das WM Spiel gegen Deutschland) und das beste Fleisch (ok, das haben sie nicht ganz unrecht, der Fakt, dass durch die aktuelle Misswirtschaft der Regierung ziemlich viel Rind aus Uruguay eingeführt werden muss, wird jedoch locker ausgeblendet). Die Pizza wurde in Argentinien erfunden und ist natürlich die Beste (hoffentlich hat das Koksnasen Maradona in seiner glorreichen Zeit bei Napoli nie offen bekundet) und die einzig schmackhaften Empanadas gibt es ebenfalls nur hier. Beim Wein wir knapp noch Chile erwähnt, da die da drüben aber sowieso alle eine Knacks haben, schafft es auch dieser Tropfen nicht im Vergleich gegen die einheimischen Reben. Man beachte, dass man bei solchen Diskussionen jeweils Zurückhaltung zeigen soll, jeglicher Einwand wird sofort ignoriert oder belächelt.
mit einem boot waeren wir fast schneller.
doch freude herrscht, nur ein paar stunden spaeter scheint schon wieder die sonne, als waere nix gewesen.
Mit diesem Charakterzug gleichen sich alle Argentinier in Ihrem riesigen Land, obwohl es dann regional schon viele Verschiedenheiten zu bewundern gibt. Wir haben sie definitiv wieder liebgewonnen, mit ihrer offenen Herzlichkeit, Ihrem Talent Krisen zu umschiffen, Ihren Asados um ein Uhr morgens, Ihrem Kuss bei der Begrüssung von Frauen wie Männern und eben Ihrem Stolz, den sie auch wirklich verdient haben. Wir werden sie vermissen.
ein letzter gruss aus argentinien, die grenzbruecke darf mit 12 franken berappt werden, die schweizer autobahnvignette von 2008 war leider nicht gueltig.
Hasta la proxima.
a&t
Aufbruch: | 21.11.2009 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 15.04.2013 |
Chile
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Uruguay
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Bolivien