Mein Reisetagebuch
Ushuaia - Puerto Madryn
27.03.12, Grenkontrolle Argentinien-Chile
Schweren Herzens verliesen wir heute das wohlig warme Hostal - obwohl: teilweise etwas ZU warm, so dass ich diese Nacht mehrmals durch die Hitze erwachte - um wieder hinauf in Richtung Buenos Aires zu reisen. Es ist nun doch etwas komisch, das erste Mal seit dem Beginn meiner Reise, aufwärts und nicht mehr abwärts zu reisen. Das gibt nun doch ein wenig das (beängstigende) Gefühl "zurück" zu kehren.
Die ersten 100km wurden wir von drei Argentinierinnen, die im Zirkus arbeiten, mitgenommen. Den kleinen Wohnwagen ziehend tuckerten wir mit ca. 30km/h durch die Strassen. Auch wenn wir froh sind irgendwie von A nach B zu kommen: 3Stunden für 100km war uns definitiv zu langsam. Zudem war es ziemlich anstrengend die gackernden Hühner und das langsame Tempo auszuhalten. Die Pipipause in Tolhuin machten wir uns zunutze. Wir bedankten uns für die Fahrt und informierten die Mädels, dass wir uns zum Mittagessen in die dortige Bäckerei setzen würden um das Autostoppen später nochmals in Angriff zu nehmen. Die Bäckerei "La Union" ist super empfehlenswert. Sie hat 24 Stunden pro Tag geöffnet und bietet Fahrradreisenden oder blockierten Backpackers gratis ein Bett zum übernachten an. Obwohl wir gerne dort geblieben wären, lehnten wir das Angebot für eine Übernachtung dankend ab. Bevor wir wieder zur Strasse marschierten, entleerten wir unsere Blasen. Auf dem Weg zur Toilette kamen wir an einem Papageienkäfig vorbei von welchem uns mehrere Papageien neugierig anschauten. Kevin und ich amüsierten uns prächtig über die gefiederten Viecher. Er erzählte mir dass er jemanden kenne, der einen similaren Papagei habe, welche ein paar Wörter sprechen könne. Ohne darüber nachzudenken sagte ich kurz "Hola" zu einem Papagei und redete sogleich weiter mit Kevin. In diesem Moment kam ein "Hola, hola" vom Papageien entgegen. Ich guckte erstaunt zum Papageien zurück und lachte mich kaputt über die überraschende Antwort. Wir versuchten ihn danach noch ein paar Mal zu animieren mit uns zu sprechen - leider vergebens.
Mittlerweile im Regen und starkem Wind stehend warteten wir auf eine Mitfahrgelegenheit. Zum guten Glück bekamen wir nach 10 Minuten die Möglichkeit mit einem glatzköpfigen Lastwagenchauffeur bis nach Rio Grande zu fahren. Nun standen wir wieder auf der ewigs langen flachen Strasse in unserem gehassten Rio Grande. Wir hatten eine gute Stunde bis wir einen Bus fanden, welcher uns mittels einer Tour quer durch die ganze Stadt, bis zum Stadtausgang fuhr. Bei unserer Haltestelle standen bereits zwei andere Autostopper. Erstaunt sahen wir Jason (aus Villa O'Higgins) vor uns. Mit seinem Freund war er seit frühmorgens am Autostoppen. Da sie immer noch mit em Fahrrad unterwegs sind, ist es aber doch ein schwieriges Unterfangen eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Bisher haben uns stets Lastwagenchauffeure mitgenommen, die jedoch keinen Platz für Fahrräder haben.
Wir setzten unsere Rucksäcke ca. 30m von ihnen entfernt auf den Boden, bis uns keine 2 Minuten später ein Lastwagenchauffeur auflas. Erstaunlicherweise war es der gleiche Typ, der uns bis nach Rio Grande mitgenommen hatte. Er erklärte, dass er lediglich eine Dusche genommen habe und nun noch bis zur Fähre weiterfahren würde. Dies würde bedeuten, noch etwa bis 2.00 Uhr unterwegs zu sein. Als wir um ca. 21.00 Uhr an der Grenze Argentinien-Chile waren, waren wir nicht wirklich motiviert weitere 5 Stunden zu fahren. Daher fragten wir an der Kontrolle ob es in der Nähe ein Hostal gäbe wo wir uns über Nacht niederlassen könnten. Wir bekamen die Info, dass es ein paar Meter von hier ein Hostal gäbe. Wir sollten jedoch beim kleinen Campingkiosk fragen gehen, wie teuer die Nacht käme. Dies machten wir dann auch und wurden mit dem Preis von 250 Pesos erschlagen. Wir fragten ob es in den nächsten Kilometer keine andere Möglichkeit zum Übernachten gäbe und erklärten weiter, dass wir häufig am campen seien, das Klima hier aber definitiv zu kalt sei. Ohne abzuwarten, sprach ein Gast zu uns, welcher sich als Chef der Grenzkontrolle vorstellte. Er bot uns an, die Nacht im Gepäckkontrollraum zu verbringen. Wir müssten mit dem harten Plattenboden vorlieb nehmen, könnten jedoch in einem geheizten Raum zur Ruhe kommen. Wir nahmen das Angebot sofort und gerne an und installierten uns mit dem Versprechen "Nichts anuzufassen" ein.
Nach einem Hotdog vom Kiosk und weiteren Einkäufe um unsere letzten chilenischen Pesos loszuwerden, legten wir uns um 22.00 Uhr zum schlafen hin.
28.03.2012, Puerto San Julian
Wir stellten den Wecker auf 8.00 Uhr um auch ja kein Auto zu verpassen. Mit etwas Rückenschmerzen standen wir auf und stellten uns sogleich in die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Stehend würgten wir unser Brot hinunter während wir auf die Autos warteten. Der Wind wurde immer heftiger und lies uns extrem frieren. Wir liefen daher stets in den offenen Eingangsbereich um nicht im prallen Wind zu stehen. Trotzdem froren wir und kämpften jedes Mal, bei einem ankommenden Auto, heraus zu laufen. Es hatte jedoch nicht wirklich viele Fahrzeuge und erst gar nicht solche die uns mitnehmen wollten. So warteten wir bis um 11.00 Uhr wo uns ein Lastwagen mitnahm. Wir passierten mit ihm die Meerespassage, wo wir von der Fähre aus einen Delphin im Wasser aufspringen sahen. Laut dem Camionero könne man je nach Wetter mehrere Delphine wie auch Pinguine sehen.Wir fuhren mit ihm bis zur nächsten Grenze wo wir nun definitiv zum letzten Mal chilenischen Boden berührt haben.
Viele Lastwagenchauffeure dürften aus Sicherheitsgründen eigentlich keine Backpackers mitnehmen und machen dies im heimlichen. Teilweise werden gar Gewichtssensoren auf dem Nachbarssitz installiert. Mittels dieser Sensoren werden die GPS-Daten zum Chef gesendet sobald sich jemand auf den Sessel setzt. Da unser Fahrer nach einigen Meter nach der Grenzkontrolle eine Kontrolle mittels einem Vorgesetzten haben würde, verabschiedete er sich von uns.
Viele Camineros schätzten jedoch die Gesellschaft auf langen Reisen und erzählen begeistert von ihrem Leben. So auch Yvan welcher uns von der Grenze an mitnahm. Er war super sympatisch und diskutierte mit uns über Gott und die Welt. Für einmal war es super einfach ein Gespräch zu führen und dieses aufrecht zu erhalten. Abgesehen davon verstanden wir ihn super, da er aus Punta Arenas (Chile) ist. Er spricht daher mit einem chilenischen Akzent welchen wir nach mittlerweilen drei Monaten Chileaufenthalt problemlos verstehen. Wir haben hingegen noch etwas mit dem argentinischen Akzent zu kämpfen. Die Leute schlucken häufig einige Buchstaben und sprechen die Wörter anders aus. Beispielsweise werden zwei "ll" oder ein "y" im "normalen" Spanisch als "i" ausgesprochen. Die Argentinier hingegen sprechen diese als "sch" aus. Anstelle von "Yo me llamo" sagen diese daher "scho me schamo". Mit den fehlenden Endungen und dem Genuschel haben wir beide unsere grosse Mühe einige Argentinier zu verstehen.
Mit Yvan fuhren wir bis um 2.30 Uhr nachts bis nach Puerto San Julian an eine Tankstelle. Die letzten paar Minuten war ich kräftig mit dem Schlaf am kämpfen. Kevin fand es super amüsant, wie mir stets den Kopf hinunter fiel und ich wieder aufschreckte. Ich hingegen war heil froh, als wir endlich ankamen. Yvan bat uns an, uns morgen bis zu einer Kreuzung mitzunehmen, wo er dann weiter nach Santiago de Chile fahren würde und wir weiter stoppen könnten um nach Puerto Madryn zu gelangen. Dies hies für uns: um 6.00 Uhr parat stehen.
In der Tankstelle erkundigten wir uns über die Preise für ein Bett im nebenanliegenden Hostal. Wir dachten bereits, dass es wohl ziemlich teuer werden würde. Die Entscheidung wurde uns dann aber genommen, als wir die Info bekammen, dass alles ausgebucht sei. Kurzerhand fragten wir, ob wir uns für 3 Stunden auf die Sessel in der Tankstelle hinlegen dürften. Der Mann schaute uns etwas komisch an, gab uns dann aber achselzuckend die Erlaubnis. So putzten wir die Zähne auf dem Tankstellenklo und legten uns auf drei aneinandergereihten Sesseln hin. Der Fernseher rauschte im Hintergrund, das Licht strömte hinab, doch all dies störte mich nicht, sogleich in den ersehnten Schlaf zu fallen.
29.3.12, Puerto Madryn
Hier ein Klopfen, hier ein Geräusch und permanent im Hinterkopf, dass wir acht auf die Rucksäcke behalten müssen. Kevin schlief ca. 1 Stunde bevor er den Laptop hervor nahm und im freien Wifi surfte. Ich störte mich weniger an dem Krach und konnte gute drei Stunden, etwas unruhig schlafen. Um 5.30 Uhr tätschelte mich Kevin am Arm und meinte, wir müssten uns parat machen. Der wenige Schlaf verdarb mir den Hunger auf ein gutes Frühstück. So holten wir uns lediglich einen Kaffee und einen Tee bevor wir uns mit Rucksack bepackt zu Yvan's Lastwagen machten. Die Kabine war noch dunkel und mit Vorhängen verhangen. Während Kevin die Chance nutzte und noch kurz auf die Toilette rannte, schrieb ich in mein Notizbuch stichwortartig auf, wie wir unsere letzten Tage verbrachten haben. Bei so langen Tagen wie wir sie momentan erleben, vergesse ich ansonsten wo wir wann waren um dies in meinen Blog ausführlich zu dokumentieren. Es verging dann doch keine Minute, bis sich der Vorhang bewegte und Licht aus der Kabine strömte. Als auch Kevin wieder zurück war, wurde uns die Tür zum Lastwagen geöffnet.
Yvan schien sich nicht darüber zu stören, lediglich 3-4 Stunden geschlafen zu haben. Ich setzten mich wie gestern auf das Bett und durfte mich etwas hinlegen um nochmals ein wenig die Augen zu schliessen. Nach einer kurzen Pause an einer Tankstelle, wechselten ich und Kevin die Plätze, dass auch er sich noch etwas erholen konnte. Er sah total k.o. aus, schien aber irgendwie nicht schlafen zu können. Gegen 13.30 Uhr kamen wir in Caleta Olivia an. Ein ziemlich hässliches Dorf am Ufer des Meeres. Viele Häuser sind schachtelartig-modern gebaut und wirken unnatürlich neben den Bruchbuden. Beim Ausgang des Dorfes verabschiedete sich Yvan schliesslich mit einer Schachtel Alfajores, die er an der Tankstellte gekauft hatte. Mit einem Einheimischen fuhren wir aus dem Dorf hinaus bis zu einer Tankstelle. Umgeben von Lastwagenchauffeuren, die uns bzw. mich musterten, assen wir zusammen einen Teller Gnoggi und ein Stück Käsekuchen.
Gestärkt stellten wir uns an die Tankstellenausfahrt, wo auch sogleich Polizisten ankamen um mit uns zu sprechen. Ich bin mir nicht sicher ob sie nur schauen wollten was wir da taten oder uns helfen wollten schneller ein Auto zu finden, da sich die Leute so sicherer fühlten. Wie dem auch sei, wir wechselten ein paar Worte bis fünf Minuten später ein Lastwagen hielt. Der Typ nahm uns die 519km bis nach Puerto Madryn mit. Dieses Mal war es etwas anstrengend mitzufahren. Zum einen waren wir beide total müde, zum anderen war der Fahrer ziemlich genervt von der Reise. So fühlten wir uns noch mehr unter Druck gesetzt mit dem Chauffeur zu sprechen. Die Strecke ging kilometerlang geradeaus durch ein buschiges trockenes Gelände. Endlich in Puerto Madryn angekommen, wurden wir mit einer ungewöhnlichen Wärme begrüsst. Bevor wir versuchten per Autostopp ins Zentrum zu gelangen, zogen wir also erstmals die Jacke und den Pulli aus. Ohne gross zu warten, wurden wir sogleich von einem älteren Herrn bis zum Zentrum gefahren. Der erste Eindruck war super positiv: es war angenehm warm, der Himmel leuchtete in Rosa- und Blautönen während wir von einem Hügel nach Puerto Madryn hinab fuhren. Wir wurden direkt beim Touristeninformationszentrum, vis-a-vis des Strandes abgesetzt. Wir bekamen dort den Tipp ins Hostal "Don't worry" zu gehen, welches eines der billigsten Hostalsdes Ortes sei. Weiter bekamen wir einen Coupon für eine Reduktion im Hostal "El Reterno". Da das Don't Worry näher war, liefen wir zu diesem. Wir bekamen in einem 10-Bettzimmer ein Kajütenbett für 50 Pesos. Im Grossen und Ganzen ein angenehmer Preis für das Benutzen der Küche und des Internets. Die Rezeptionistin wusste jedoch nicht wirklich über die Touren bescheid und schien etwas naiv. Mittels den doch ziemlich dreckigen Badezimmer ist unser erster Eindruck: genügend, aber doch verbesserungswürdig. Nach einem Teller Spaghetti huschten wir auch sogleich ins Bett.
Wir konnte 4 (!!) wilde Füchse auf Futtesuche super nah an der Grenzkontrolle Chile-Argentienien beobachten
Aufbruch: | 21.07.2011 |
Dauer: | 10 Monate |
Heimkehr: | 25.05.2012 |
Peru
Bolivien
Chile
Argentinien